Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 225

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Das sind Auswüchse dieser Volkszählung, die Menschen wirklich in skandalöse Situationen bringen. Man entwurzelt sie aus ihren Gemeinden, nur um das "Kopfgeld" zu bekommen, auch wenn der Mann, wie in diesem Fall, nur 14 Tage oder drei Wochen – oder vielleicht, wenn er Pech hat, sechs Wochen – dort bleiben und dort leben muss. (Abg. Großruck: Das ist falsch!) Das sind die Auswüchse Ihrer Volkszählung, neben den Auswüchsen, dass Sie inzwischen sogar die Sozialversicherungsnummer wissen wollen, nur weil es um die Volkszählung geht. (Abg. Neudeck: Das war schon für die alten Römer nicht angenehm, das Zählen!)

Ich habe von Wien einen Fragebogen bekommen, den ich auch mit meiner Sozialversicherungsnummer hätte ausfüllen sollen. Herr Minister! Ich frage Sie – und hoffe, Sie können es mir beantworten –: Was hat meine Sozialversicherungsnummer mit der Volkszählung zu tun? – Wenn Sie mir sagen: nichts! – weil sie ja auch nichts damit zu tun hat –, dann frage ich Sie: Warum kann dann die Gemeinde Wien meine Sozialversicherungsnummer für die Volkszählung abfragen?

Das hat einen Grund: Es geht dabei nur darum, dass versucht wird, Daten von der Volkszählung mit anderen Daten zu verknüpfen, und die Sozialversicherungsnummer ist natürlich eine wesentliche Nummer. Wenn Sie jetzt den Kopf schütteln und sagen, dass es sich nicht so verhält, dann erklären Sie mir bitte, was die Sozialversicherungsnummer mit der Volkszählung zu tun hat, nämlich nichts! Es geht in diesem Zusammenhang nur um Datensammlung und Datenzusammenführung und darum, zu wissen, wo sich der Einzelne aufhält und was er macht! Damit wird er schön langsam mehr oder weniger durchgängig auf Schritt und Tritt kontrolliert!

Wenn heute in der Volkszählung bereits gefragt wird, mit wem ich auf meinem Zweitwohnsitz lebe, wie oft dieser sich dort aufhält, ob und wie viele Tage im Jahr sich auch die Kinder auf meinem Zweitwohnsitz aufhalten, dann empfinde ich das als Eingriff in meine persönliche Freiheit. Das ist ein ganz klarer Eingriff in meine persönliche Freiheit! Es darf für die Volkszählung absolut nicht von Interesse sein, ob ich an meinem Zweitwohnsitz eine Waschmaschine und ein Bügeleisen habe und wie oft mein Sohn, mein Lebensgefährte, mein Freund oder wer immer mich besuchen und wie viel Tage sie bleiben. Dabei handelt es sich um ein Sammeln von Daten, das nicht gerechtfertigt ist!

Unten auf diesem Zettel ist noch gestanden, dass, wenn ich nicht bereit bin, diese Daten anzugeben, dieses Volkszählungsblatt an das Innenministerium übergeben wird und mir dann vorgeschrieben wird, wo mein Hauptwohnsitz zu sein hat. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, da hört es sich ganz einfach auf! Ich bin eine mündige Bürgerin, und alle Menschen in diesem Land haben das Recht, ihren Hauptwohnsitz dort zu wählen, wo sie ihn haben wollen – und nicht dort, wo eine Gemeinde, ein Landeshauptmann, ein Herr Minister oder wer immer das wünschen!

Wenn Sie inzwischen schon so weit gehen, dass Sie behinderte Menschen unter Druck setzen, sich in ihrem Heim anmelden zu müssen und damit jeden Sozialkontakt und jeden Anspruch ihrer Heimatgemeinde gegenüber zu verlieren, dann frage ich Sie, meine Damen und Herren: Wohin sind wir gekommen, und wie wichtig ist Ihnen der einzelne Mensch? – Wichtig ist Ihnen eigentlich nur mehr das Kopfgeld jedes einzelnen Bürgers! (Beifall bei den Grünen.)

23.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 501 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite