Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 70

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Als Familien definieren sich jedoch auch zunehmend Menschen, die mehr oder weniger derselben Generation angehören, sei es, dass sie Kinder haben, die nicht mehr bei ihnen wohnen, oder seien es auch Menschen, die gar keine Kinder haben. Auch sie übernehmen für einander Verantwortung und definieren sich als Familien. Das ist etwas, was Sie anerkennen sollten: ein modernes Familienbild. Das bedeutet auch die Anerkennung von Familien, die lesbische oder schwule Eltern haben, denn so etwas gibt es.

Manche meinen, das geht ja nicht, das geht biologisch nicht. – Lassen Sie sich aufklären, wenn Sie das immer noch meinen. Es gibt Menschen, die aus früheren Beziehungen Kinder haben und diese in eine lesbische oder schwule Partnerschaft einbringen. Es gibt aber zum Beispiel auch lesbische Eltern, die ein Pflegekind haben. So etwas gibt es sogar in Österreich, auch wenn das gesetzlich noch nicht möglich ist, aber es gibt Methoden, so etwas zu ermöglichen, ohne dass das Gesetz dies tut. Diese Menschen übernehmen Verantwortung für einander, und für diese Menschen sollte es auch in Österreich Regelungen geben. Dann wäre Österreich ein Vorzeigeland! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Gerade jetzt, im Monat Juni, steht Österreich – das wird Ihnen nicht entgangen sein – im Zeichen der Regenbogenfahne, die wir vorhin hier aufgebaut haben und die die Vielfalt der Lebensformen symbolisiert. Erstmals findet in Österreich, und zwar in Wien, die "Europride" statt, um einen Monat lang die Vielfalt der Lebensformen zu feiern und gleichzeitig Gleichstellung zu verlangen.

Sie hätten also in diesem Monat Juni die große Chance, nicht nur vom Vorzeigeland zu reden, sondern auch Taten zu setzen, was Ihnen ja auch immer sehr wichtig ist. Wir ermöglichen Ihnen das und bringen folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petrovic und Lunacek, Freundinnen und Freunde betreffend Änderungen im Mietrechtsgesetz, BGBl. 520/1981 idF BGBl. I 140/1997, eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärung des Bundeskanzlers und der Vizekanzlerin

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit der das Mietrechtsgesetz dahingehend geändert wird, dass gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern die gleichen Rechte zukommen wie Ehepartnern.

Insbesondere sind Änderungen in den §§ 14 Abs. 3 und 49 vonnöten.

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Wissen Sie, warum wir das fordern? – Derzeit darf man in den Mietvertrag nur dann eintreten, wenn man eine Ehe oder eine heterosexuelle Lebensgemeinschaft führt. Wenn jedoch ein schwuler Partner, eine lesbische Partnerin stirbt, dann muss der verbleibende Partner die Wohnung verlassen, auch dann, wenn Kinder vorhanden sind. – Das nicht zu ändern, hat nichts mit Nächstenliebe zu tun. Daher sollten Sie das ändern und diesem Antrag zustimmen.

Ich bringe auch noch einen zweiten Entschließungsantrag ein, den ich nur in seinen Kernpunkten erläutern möchte; er wird an Sie verteilt werden. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, eine Regierungsvorlage für die Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes vorzulegen.

Dabei geht es darum, dass derzeit nur verheiratete Paare gemeinsam Wohnungen kaufen können, und auch das ist familienfeindlich, meine Damen und Herren. Es können zum Beispiel nicht einmal die Großmutter mit dem Enkelkind oder Geschwister gemeinsam Wohnungen kaufen! Wie wollen Sie jemandem erklären, dass das familienfreundlich ist?


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