Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 92. Sitzung / Seite 140

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16.27

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! – Gut, machen wir zwei Vorbemerkungen zu Herrn Westenthaler. In einem Punkt muss ich Ihnen leider Recht geben, Herr Westenthaler: Es stimmt, gestern beim Tagesordnungspunkt 3 – ich war nur 10 Meter entfernt hier in den Couloirs – versäumte ich durch ein Versehen meinerseits doch akkurat die Abstimmung. Das tut mir Leid. Das stimmt, das ist richtig, und es tut mir Leid.

Was den zweiten Punkt betrifft: Die Grünen als "Führerpartei" – das finde ich "echt gut", Ihr Schmäh ist wirklich beeindruckend, Herr Westenthaler! Aber ich empfehle Ihnen doch: Vergleichen Sie einmal die Statuten der Freiheitlichen Partei mit den Statuten der Grünen! Ich bin sicher, der Vergleich wird auch Sie sicher machen. Den Ruf der Führerpartei können wir Ihnen nicht streitig machen, Herr Kollege Westenthaler. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Bei uns werden sie gewählt, die Stellvertreter, auf dem Parteitag werden sie gewählt! ) Ja, ja. Es ist vielleicht empfehlenswert, dass Sie sich einmal Ihr ganzes Statut vor Augen halten. Ich habe das nämlich gemacht anlässlich Ihrer Regierungsbeteiligung.

Was nun die heutige Dringliche betrifft: Es stimmt, was die SPÖ oder Kollege Cap schon moniert haben, dass Herr Bundeskanzler Schüssel mehrere Fragen nicht beantwortet hat. Aber wie hätte er auch all diese Fragen beantworten können, vor allem im außenpolitischen Bereich? – Die FPÖ wütet mit der Unbekümmertheit und Verantwortungslosigkeit eines Kleinkindes im außenpolitischen Porzellanladen, ohne Rücksicht auf Verluste. Soll der Bundeskanzler das von der Regierungsbank aus bestätigen? – Das ist nun wirklich etwas viel verlangt, lieber Kollege Cap. Das kann er ja gar nicht sagen, und was er sich insgeheim denkt – fragen wir ihn lieber nicht!

Das leistet sich eine Regierungspartei! Ein Kleinkind, das irrtümlich den Geschirrschrank aufmacht und die Teller zertrümmert, das kann nichts dafür, da kann man nichts machen. Ich meine, das unterliegt immer noch der Aufsichtspflicht der Eltern, und dem Kind ist überhaupt kein Vorwurf daraus zu machen. Aber in der Außenpolitik, möchte man meinen, hat man es mit erwachsenen Leuten zu tun. Aber wie Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, in der Frage der EU-Erweiterung vorgehen und was da an Potential zerschlagen wird, dafür kann ich wirklich keinen anderen Vergleich finden als den des verantwortungslosen Verhaltens eines Kleinkindes im Porzellanladen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Wie begründen Sie das? Begründen Sie das!)

Herrn Kollegen Schweitzer werde ich heute ohnehin nicht überzeugen, aber nur zur Erinnerung: Die EU-Erweiterung ist ein historisches Projekt. (Abg. Mag. Schweitzer: Begründen Sie das!)

Ist Kollege Schweitzer nicht Lehrer? Hört er seinen Schülern so zu wie mir, der ich mich jetzt bemühe, mir Gehör zu verschaffen? – Herr Kollege Schweitzer, lassen Sie mich auch reden, ja? – Danke. (Abg. Dr. Martin Graf: Was haben Sie gegen Lehrer?)  – Ich bin ja auch Lehrer, ich habe überhaupt nichts gegen Lehrer. Ich frage mich nur, wie Kollege Schweitzer sich in der Schule verhält. (Beifall bei den Grünen.)

Die EU-Erweiterung ist ein historisches Projekt, ein Projekt von historischer Größenordnung. Da werden Mitteleuropa, Nordeuropa, Südeuropa zwölf Jahre nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums in die EU integriert. Ein Nachholbedarf von Jahrzehnten! Das ist ein sicherheitspolitisches Projekt, ein friedenspolitisches Projekt. Auch Kollege Khol wird nicht müde, das zu betonen, und es stimmt ja auch. Die wirtschaftspolitischen Interessen, Herr Kollege Schweitzer, die wirtschaftspolitischen Interessen Österreichs sprechen eindeutig für die Erweiterung der Union. Und last, but not least sind es auch umweltpolitische Interessen, die die Erweiterung angemessen, richtig und dringend notwendig erscheinen lassen. (Abg. Mag. Schweitzer: Also!)  – Ja, also.

Und wie haben Sie sich verhalten? (Abg. Mag. Schweitzer: Wir stehen zur Erweiterung!)  – Ja, Sie sitzen vielleicht bei der Erweiterungsdebatte hier im Parlament! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)


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