Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 42

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch auf Berichterstattung liegt mir nicht vor. Daher können wir sofort in die Debatte eingehen.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Seine Redezeit beträgt 12 Minuten. – Bitte.

10.18

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der vorangegangenen Debatte hat eine der Rednerinnen der Regierungsparteien hier gesagt, dass die Opposition mit falschen Zahlen operieren würde, und hat sich bei Herrn Bundesminister Bartenstein dafür bedankt, dass er die Zahlen richtig gestellt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin für eine zivilisierte Debatte. Normalerweise würde man sagen: Gentlemen agree upon facts! Das heißt, über Fakten sollte man zumindest übereinstimmen, dann kann man über politische Bewertungen und Konsequenzen streiten.

Sie jedenfalls versuchen, entgegen der Realität in unserem Land die Dinge falsch darzustellen. Und ich weise Sie darauf hin ... (Abg. Dr. Partik-Pablé verlässt den Sitzungssaal.) – Ja, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, die Wahrheit ist Ihnen offensichtlich nicht zumutbar. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Oh ja!) Sie gehören offenbar zur gleichen Gruppe von Leuten wie Herr Bundeskanzler Schüssel, die monatelang hier im Hohen Haus erklärt haben, Rezession gebe es nicht, Stillstand gebe es nicht (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser ), Stagnation maximal auf höchstem Niveau und man habe die Probleme im Griff.

Es sekundiert ihm sogar noch heute der Herr Finanzminister, der, hinter mir sitzend, mir zuruft: Es stimmt auch!

Die Wahrheit ist – Eilmeldung des Wirtschaftsforschungsinstituts von heute Früh –: Das Jahr 2001 war in Österreich ein Rezessionsjahr. .(Abg. Ing. Westenthaler: Das hat noch selten gestimmt, was das Wifo gesagt hat!)  – Das ist leider die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren! Und versuchen Sie nicht, die Realität schönzureden, sondern versuchen Sie, die Realität in unserem Land positiv zu verändern! Das wäre Ihre Aufgabe. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister Bartenstein! Von Ihnen hätte ich mir eine etwas größere Faktentreue erwartet, wenn Sie sich hier von Kategorien wie Europameister und Ähnlichem reden. Es ist leider Faktum, dass Österreich im Jahr 2001 an vorletzter Stelle in der Europäischen Union liegt, was das Wirtschaftswachstum betrifft. Es ist leider Faktum, dass im Jahr 2002 das erste Mal seit Jahren die Zahl der Arbeitsplätze in unserem Land sinkt und die Arbeitslosigkeit wieder ansteigt. Und es ist leider Faktum, Herr Bundesminister, dass auf Basis der Belastungspolitik der österreichischen Bundesregierung die realen Löhne in Österreich am geringsten in der ganzen Europäischen Union steigen. Das können Sie nicht schönreden! Das kann man nur durch politische Maßnahmen verändern, und das ist unsere Aufgabe. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn Sie wie üblich darauf hinweisen werden, dass Sie nichts dafür können und dass das alles auf die internationale Entwicklung zurückzuführen sei, dann würde ich Sie einmal einladen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, eine Überlegung anzustellen: Die Exporte als Teil der österreichischen Wirtschaft, die in einem hohen Ausmaß von der internationalen Marktlage abhängig sind, entwickeln sich hervorragend. Der andere Teil der österreichischen Wirtschaft, der von der Kaufkraft der Österreicher abhängig ist, nämlich die Binnennachfrage, entwickelt sich außerordentlich bescheiden. Daher die Intelligenzfrage, Herr Bundesminister: Wo liegt unser Problem? In der Binnennachfrage und damit bei der Politik der


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite