Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 149

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17.15.58

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Mitglieder der Bundesregierung! Herr Kollege Lopatka, Realitätsverweigerung – das ist schon beängstigend! Es gibt Mittel dagegen. Nicht die, die Sie glauben, sondern es würde genügen, einfach unter die Menschen zu gehen. (Abg. Dr. Lopatka: Wir möchten von Ihnen nicht behandelt werden!) Das Gelindeste, das Harmloseste, was man seit gestern über die Vorgänge in dieser Regierung zu hören bekam, wenn man unter den Menschen in Österreich war, ist die Bezeichnung „Kasperltheater“. Es gibt auch ganz andere Ausdrücke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundeskanzler, eine ganz profane Frage: Was wollen Sie als Bundeskanzler dieser Republik den Österreicherinnen und Österreichern noch zumuten? – Zur Erinne­rung: Sie haben gesagt, Sie gehen als Dritter in Opposition. Dann schmiedeten Sie zur Befriedigung Ihrer eigenen Machtgelüste eine Koalition mit einer damals fundamen­talen Oppositionspartei. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dann schröpften Sie in einer Regierungskoalition mit der FPÖ die große Mehrheit der Österreicherinnen und Öster­reicher, bauten Demokratie ab, wirtschafteten das Land herunter! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dann machten Sie gegen den Willen der Bevölkerung eine Neuauflage dieser unseli­gen Regierungspartnerschaft – gegen den Willen breiter Bevölkerungskreise –, schröpften die Menschen ein weiteres Mal – Stichwort: Pensionsreform“ –, täuschten die Menschen – Stichwort: Steuerreform, Stichwort: Abfangjäger, Stichwort: Pensions­reform –, und jetzt stehen Sie vor den Trümmern Ihrer Politik und wollen die Realität nicht erkennen. (Abg. Neugebauer: Keine Ahnung! – Weitere, lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das wird durch Ihre Zwischenrufe nicht besser.

Ich mag das Wort „Bananenrepublik“ nicht in den Mund nehmen, aber ich frage Sie schon: Sollte es irgendwo auf dem Erdball noch eine Bananenrepublik geben, glauben Sie, dass derartige Entwicklungen dort möglich wären? – Ich sage: nein! Das muss man auf der Zunge zergehen lassen (Beifall bei der SPÖ – anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP): Die Spitze einer Partei – die Spitze, nicht die Basis! – verlässt diese und gründet eine obskure Plattform.

Ich darf Ihnen kurz etwas zitieren; Herr Strache hat es heute in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentiert. Ich zitiere wörtlich: Vereinbarung – alle Aktivitäten auf eine Abspaltung einer Gruppierung von der FPÖ, auf eine Spaltung der Partei oder ihrer Übernahme sind gegenstandslos. Dr. Jörg Haider und Heinz Strache bekennen sich zur Freiheitlichen Partei Österreichs als unteilbare Gesinnungsgemeinschaft, de­ren programmatische Grundlage durch das jeweils gültige Bundesparteiprogramm festgelegt ist. Unterzeichnet: Strache, Haider, am 21. März – vor 15 Tagen! (Abg. Neudeck: Das ist so wie Ihre Regierungsvereinbarung von 2003!)

Herr Bundeskanzler! Mit dem Partner wünsche ich Ihnen viel Spaß, der eine Verein­barung nicht einmal über 15 Tage halten kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, ich zweifle nicht an Ihrem Verstand, deshalb bin ich mir auch sicher, dass Sie wissen, dass das, was Sie jetzt tun, nicht die Akzeptanz der Menschen in Österreich findet. Dieses Schauspiel ist eine Schande für Österreich! Sie selbst haben noch vor einigen Tagen hier in diesem Parlament von „Kasperliade“, von „Mickey-Mouse-Themen“ gesprochen – eine fatale Fehleinschätzung! Heute haben Sie in einer Presseaussendung wenigstens gesagt, es sei ein schwieriger Moment in einer dramatischen Situation. Es gibt also offensichtlich auch eine Spaltung in Ihrer Persönlichkeit – das hat man bis jetzt nur Jörg Haider nachgesagt –, wenn Sie heute hier im Parlament sagen: Alles paletti. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Eine Frechheit, was Sie von sich geben!) Am Vormittag haben Sie doch, offensichtlich in einem Anfall von


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