Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 85

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ten zu sagen?) Sofort. (Heiterkeit. – Abg. Neudeck: Auf den Rednerlisten dürfen sie ja noch stehen! – Weitere Zwischenrufe.) – Das Vorhaben einer Reform der österreichi­schen Bundesverfassung gehört natürlich zu den kontroversen Themen im einem Par­lament, meine Damen und Herren. Oft waren wir sehr schnell in den Niederungen, würde ich fast sagen, des Finanzausgleichs und einer heftigen Auseinandersetzung über die Finanzen.

Aber ich glaube, dieses Vorhaben gehört umgekehrt auch zu den schönsten Aufgaben für Abgeordnete in diesem Haus, weil wir manchmal – unabhängig von den Schlamm­schlachten, die uns dieser Tage begleiten (Zwischenrufe bei der ÖVP) – darüber re­den, lieben Kolleginnen und Kollegen, auf welchem Fundament wir in Österreich leben und arbeiten wollen. Eine Verfassung zu diskutieren heißt, Grundwerte zu benennen, sich Regeln zu geben.

Wir alle wissen, dass eine Verfassung noch keine Garantie für eine richtige Politik ist. Aber sie ist ein Kompass. Deshalb trete ich auch heute wieder besonders für die Ver­ankerung von sozialen Grundrechten in unserer Verfassung ein – nur mit einem wichti­gen qualitativen Aspekt: Ich bin davon überzeugt, dass Grundrechte nur dann echte Grundrechte sind, wenn sie auch individuelle Durchsetzungschancen für die Bürgerin­nen und Bürger in dem Land bedeuten. (Abg. Scheibner: Aber Sie wollen ja Ver­bandsklagen haben!) Wenn diese nicht gegeben sind, dann sind wir nur auf der Ebene von Staatszielen (Abg. Scheibner: Sie wollen nur, dass Ihre Organisation ...!), und Grundrechte unterscheiden sich von Staatszielen, von denen Bürgerinnen und Bürger unmittelbar ja gar nichts haben.

Natürlich sind die so genannten Freiheitsrechte, die den Menschen garantieren, dass sie frei von staatlichen Übergriffen ihr Leben gestalten können, eine Grundlage unserer Verfassung. Aber wir müssen sehen, dass heute nahezu alle europäischen Verfassun­gen einen zweiten Grundrechtsbestandteil haben, und das sind die sozialen Grund­rechte. Sie beruhen darauf, dass die Menschen in modernen Gesellschaften – und das ist das wichtige Anliegen – nicht nur vor Polizeiübergriffen und willkürlichen Enteignun­gen geschützt sind, sondern – mit gleicher Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren! – auch vor Armut, Obdachlosigkeit oder Krankheit ohne ausreichende medizi­nische Hilfe. Deshalb umfassen sie drei wichtige Bereiche: ein Recht auf Arbeit, ein Recht auf angemessene Arbeitsbedingungen und ein Recht auf soziale Sicherheit.

Lassen Sie mich zum Abschluss dazu Folgendes sagen! Ich glaube, dass das Sozial­staatsprinzip in den Herzen und Köpfen der Österreicherinnen und Österreicher drin­nen ist, es ist dort schon verankert. Neben der Freiheit gehört auch die soziale Sicher­heit endlich in den Grundrechtskatalog der österreichischen Bundesverfassung aufge­nommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte abschließend einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Christine Lapp, Heidrun Silhavy und KollegInnen betreffend Verbesserung der Situation für Pfle­gebedürftige und Pflegende einbringen, weil heute das Thema schon behandelt wor­den ist. Ich darf den Entschließungsantrag verlesen:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend Gesetzesvorschläge zu erarbeiten, in denen folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

I. Ausbau der Pflegewesens:

1. Flächendeckender Ausbau der mobilen Dienste, inklusive Nacht- und Wochenend­dienste.

2. Errichtung eines Pflegefonds, mit 200 Millionen € jährlich dotiert.

 


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