Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 41. Sitzung / Seite 122

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15.01

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schön wäre es schon gewesen, wenn der Herr Finanzminister selbst bei dieser Debatte anwesend gewesen wäre, aber ich sehe es schon ein, er hat auch das Recht, seinen Staatssekretär zu schicken (Abg. Sburny: Und nach Amerika zu flie­gen!), vor allem – das wissen wir aus der Zeitschrift „Falter“ –, da es Staatssekretär Dr. Finz ohnehin als seine primäre Aufgabe sieht, den Minister auch dort zu verteidi­gen, wo es unangenehm ist.

Eines kann ich Ihnen sagen, Herr Staatssekretär: Diese Sache ist für das Finanzminis­terium eine höchst unangenehme Angelegenheit, weil sie auch den Dilettantismus, mit dem Sie in der Sache Karenzgeldzuschuss operiert haben, offen legt. Also ehrlich gesagt, Herr Staatssekretär: Würde irgendwo anders, in einem privaten Betrieb der­maßen dilettantisch und rechtswidrig vorgegangen, dann wäre der Teufel los oder zu­mindest der Staatsanwalt oder ein Richter auf den Plan gerufen. Wenn jedoch das Bundesministerium für Finanzen – ich komme noch darauf zurück – so agiert, dann passiert Folgendes: Da gibt es einen Wirbel, Aufregung, und das Ministerium zieht sich dann zurück oder – wie es in der Anfragebeantwortung heißt; ich muss mir den Punkt jetzt suchen –: „Derzeit ist das Rückforderungsverfahren unterbrochen.“

Worum geht es eigentlich? – 1995, im Jahr des ersten Sparpaketes – da waren Sie von Rot-Schwarz auch noch dabei –, wurde im Rahmen des Karenzgeldgesetzes der bis dorthin gültige Zuschuss, der unter bestimmten Voraussetzungen gewährt wurde – niedriges Einkommen bei Familie beziehungsweise bei allein stehenden Personen generell –, für die Zukunft als rückzahlbare Zuschussleistung festgeschrieben. Und da fängt das Problem an: schlampige Gesetzgebung – hatten wir gestern und heute schon.

Es wurden nämlich der Zuschuss sowie die Verpflichtung des Kindesvaters – in der Regel, jedoch nicht ausschließlich, da in der Regel die Kindesmutter den Zuschuss im Fall allein stehend bezogen hat –, diesen Zuschuss zurückzuzahlen, festgeschrieben. Das steht aber nur im Gesetz, und der Kindesvater weiß davon nichts, weil man sich, wie üblich – Behörde ist Behörde, Amt ist Amt, Regierung ist Regierung, Regierungs­parteien sind Regierungsparteien –, denkt, wenn man in ein Gesetz schreibt, dass er das zurückzahlen muss, dann passt das schon, dann muss er das wissen.

Aber bitte, woher soll er es wissen? Von wem weiß er es? Wer informiert ihn? – Ich habe mir zunächst auch gedacht, dass er von der zuständigen Behörde darüber infor­miert wird, dass die Kindesmutter oder – man kann das auch abwechselnd sagen – der Kindesvater den Zuschuss beantragt hat. Mitnichten! Er wird nicht informiert. Er ist über acht Jahre lang nicht informiert worden – 1995 ist das eingeführt worden. Er be­ziehungsweise sie ist über acht Jahre lang nicht darüber informiert worden, dass der andere – ich beschreibe es jetzt bei Nicht-Verheirateten – einen Zuschuss erhalten hat.

Natürlich gibt es, das wissen wir schon, Fälle – das wird häufig sein –, in denen der Vater oder die Mutter, der oder die den Zuschuss erhalten hat, dem anderen gesagt hat, dass er oder sie das beantragt hat. Aber bitte, woher weiß der oder die dann, dass er oder sie den Zuschuss zurückzahlen soll? – Nichts festgeschrieben! Wie üblich: Die Behörde glaubt, das wirkt von allein, das Wissen beziehungsweise die Verpflichtung für den Kindesvater wirkt von allein.

Faktum ist, dass sich im Jahr 2003 ausgerechnet jener Finanzminister, der immer ganz gut weiß, wo es um den eigenen Vorteil geht (Staatssekretär Dr. Finz: Der hat aber nicht dieses Gesetz gemacht!) – ausgerechnet der Finanzminister, der um den eigenen Vorteil weiß, das war die Verbindung beziehungsweise der Relativsatz; ich habe nicht gesagt: der Finanzminister, der das Gesetz gemacht hat –, die Frage gestellt hat:


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