16.03

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte ZuhörerInnen und Zuse­herInnen! Herr Nehammer, ich habe Ihnen jetzt sehr interessiert zugehört, aber ich glaube, mir geht es inzwischen wie vielen Menschen in Österreich: Ich glaube Ihnen nichts mehr, und die glauben Ihnen auch nichts mehr. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lopatka: Ein sehr sachlicher Beitrag!)

Denn der Eindruck, den man hat, ist: Irgendwas ist faul in dieser ÖVP. (Widerspruch bei der ÖVP.) Irgendwas ist faul in dieser ÖVP.

Es sind in den letzten Monaten so viele Dinge passiert, man verliert ja fast ein bisschen den Überblick. Aber zwei Dinge sind mir besonders aufgefallen. (Abg. Nehammer verlässt den Saal.) – Jetzt geht er, der Nehammer! – Zwei Dinge sind mir besonders aufgefallen: diese Geschichte mit dem Festplatten-Schreddern: Bitte, wer kommt auf die Idee (Zwischenrufe bei der ÖVP), den Social-Media-Chef der ÖVP zu beauftragen: Hörst, lass das nicht richtig schreddern, geh zur Firma Reisswolf, aber sag denen ja nicht, wie du heißt?! Und dann zahl nichts! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Aber gib deine richtige Nummer an, dass Sie dich ja erwischen! – Wer kommt auf solche Ideen, geschätzte Damen und Herren?! (Beifall bei der SPÖ.)

Oder dass plötzlich der Parteiobmann – ich glaube, er war damals nicht mehr Bun­deskanzler, ich kann das zeitlich gar nicht so wirklich zuordnen –, dass der Parteiob­mann der ÖVP mit dem Generalsekretär eine Pressekonferenz zu E-Mails macht, die noch nie irgendjemand gelesen hat, die keiner kennt und wo keiner weiß, was drinnen steht, das hat es auch in diesem Land noch nie gegeben. Und da kommt man schon auf die Idee, dass da etwas anders geworden ist. (Abg. Wöginger verlässt den Saal.)

Der Klubobmann geht jetzt auch. (Abg. Wöginger: Ja, das kann man sich nicht anhören, Herr Kollege!) Sie wollen sich das nicht anhören, glaube ich, weil die Wahr­heit wehtut. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es tut wirklich weh. Ich muss sagen, es war ja die alte ÖVP auch ein bisschen mühsam, aber die haben wenigstens noch einen gewissen Anstand gehabt. Aber was ist da jetzt passiert? – Passiert ist, dass Sie alle, Sie als Abgeordnete der Österreichischen Volkspartei, zugelassen haben, dass aus dieser ehemals alten, doch anständigen ÖVP eine Partei geworden ist, der man vor­sätzliche Täuschung, Abhängigkeit von Millionären und Verantwortungslosigkeit zu­rechnen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Anscheinend war es so, dass das selbst aus Ihren Kreisen einigen schon nicht mehr passt. Und das ist mein Verdacht, warum diese Daten in die Öffentlichkeit gekommen sind, geschätzte Damen und Herren: Jemandem von Ihnen ist das alles zu viel gewor­den, was Sie hier treiben! (Beifall bei der SPÖ.)

Warum spreche ich von vorsätzlicher Täuschung? – Wenn man einige Tage vor der Nationalratswahl 2017 sagt: Ich verspreche euch, wir werden die Wahlkampfkosten­grenze nicht überschreiten!, und sich dann herausstellt, dass sie doppelt überschritten worden ist, dass statt 7 Millionen Euro 14 Millionen ausgegeben worden sind, ist das eine Partei der vorsätzlichen Täuschung.

Wenn man sagt, wir legen unsere neue Regierung der absoluten Harmonie, wie ihr immer gesagt habt, auf fünf bis zehn Jahre an, und schon gleichzeitig Monate zuvor die nächste Nationalratswahl plant – und jetzt ist sie da, die Nationalratswahl –, dann ist das auch vorsätzliche Täuschung. Ihr könnt euch bei eurem Ex-Partner wirklich bedanken, so etwas getan zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn man treuherzig versichert: Aber diesmal werden wir die Wahlkampf­kosten­obergrenze sicher nicht überschreiten!, und sich herausstellt, dass es schon wieder 2 Millionen Euro zu viel sind (Abg. Kirchbaumer: Woher wissen Sie das?), ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann ist das auch vorsätzliche Täuschung. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!) Das macht jetzt euren Charakter aus in dieser Zeit, und da dürft ihr euch nicht wundern, dass man euch nichts mehr glaubt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: 20 Prozent dank dir!)

Es ist auch die Partei der Abhängigkeit von den Millionären (Ruf bei der SPÖ: Und Milliardären!) und Milliardären, ja, Entschuldigung. Da stelle ich eine Frage: Bitte, wie schafft man es, wenn einem buchstäblich die Millionen hinterhergeschoben werden, dass man trotzdem 20 Millionen Schulden hat? Das muss man ja auch einmal zusam­menbringen. Das ist ja eine Großtat, geschätzte Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)

Ich sage Ihnen, wie man das schafft, und da will ich jetzt nicht wieder über Frisuren reden, denn das ist wirklich schon zu lächerlich. Das schafft man, wenn man das Geld zum Fenster hinauswirft und sagt, man spart im System. Das ist nämlich das, was ihr tut, und das macht euch genauso unglaubwürdig, geschätzte Damen und Herren von der ÖVP!

Kollege Lugar hat gesagt, die ÖVP ist ihm wurscht. Bitte schön. Jetzt könnte ich sagen, die Schulden der ÖVP sind mir wurscht. Könnte ich sagen, tue ich aber nicht, weil gleichzeitig diese Abhängigkeit von den Spendern gegeben ist. Diese Kombination kann den Eindruck erwecken, dass manche Menschen, die spenden, mehr Einfluss auf Politik nehmen können als die, die zur Wahl gehen. Und das, geschätzte Damen und Herren von der ÖVP, ist Gift für die Demokratie! Deshalb haben wir auch beschlossen, dass solche Spenden in Zukunft nicht mehr möglich sein werden. Das war Notwehr, und zwar gerechtfertigte Notwehr, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)

Es ist die Partei der Verantwortungslosigkeit. Wenn jemand binnen 17 Monaten zwei­mal hintereinander eine Regierung in die Luft sprengt, wenn jemand seine eigenen Parteifreunde und seinen Koalitionspartner bewusst hintergeht, wenn jemand sich zu gut dafür ist, obwohl er gewählt ist, die Arbeit im Parlament aufzunehmen, dann ist das verantwortungslos.

Geschätzte Damen und Herren, es gibt so ein Sprichwort: Wer einmal die Unwahrheit sagt, dem glaubt man nicht. – Das trifft schon zu. (Abg. Kirchbaumer: ... die SPÖ! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wer noch dazu von Milliardären abhängig und verantwortungslos ist, den wählt man nicht. Das werdet ihr ja bald sehen, dass das so ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Belakowitsch ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.