14.52

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Es ist heute wieder einmal ein Tag, an dem ich ohne Redekonzept ans Pult trete und einfach nur meine Eindrücke der letzten Wochen, der heutigen Sitzung wiedergebe.

Was beobachte ich? (Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Ich war zweimal vertretungsweise im Untersuchungsausschuss zu Gast. Ich war fassungslos über das Ausmaß an Aggres­sion, an Niedertracht, an blankem Hass, müsste man sagen, der dort geherrscht hat. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Ich kann nur sagen, es ist in dem Untersuchungsaus­schuss ein Ausmaß an negativer Energie, dass ich wirklich froh war, dass ich, nachdem ich dort sozusagen meine Zeit abgesessen hatte, wieder weggehen konnte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Angerer: ... doch Redekonzept schreiben sollen!)

Ich beobachte des Weiteren, dass Sebastian Kurz seit dem Tag, an dem er Bundeskanz­ler geworden ist, persönlich angegriffen und diffamiert wurde. Vom ersten Tag an war es nie ein Angriff in der Sache, es war immer ein Angriff auf seine Person. Vom ersten Tag an ging es darum, ihm sein jugendliches Alter, sein Studium, seinen Anzug bis hin zu seiner Physiognomie vorzuwerfen (Abg. Belakowitsch: Welches Studium meinen Sie? – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), und bis zum heutigen Tage gipfelt es in dem Slogan, den die Opposition jetzt verwendet: „Kurz muss weg!“ – als ob das ein Pro­gramm wäre, als ob das ein inhaltliches Statement wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

Als Parlamentarier sage ich hier und jetzt gegenüber der Regierung: Hier sitzen ehren­werte Leute auf der Regierungsbank (Beifall bei der ÖVP), die sich in den Dienst der Republik gestellt haben. (Zwischenruf des Abg. Kickl. – Abg. Belakowitsch: Verbren­nen Sie sich nicht!) Es sind Persönlichkeiten, die für Demokratie, für Rechtsstaatlichkeit stehen und sich in unserem Land dafür einsetzen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl.) Sie verdienen dafür von uns allen ein Mindestmaß an Respekt, auch wenn wir politisch anders denken. (Beifall bei der ÖVP.)

In der Sache selbst ist mir Folgendes eingefallen: Es gibt die Weisheiten des Rabbiners Hillel, der schon vor über 2 000 Jahren sehr, sehr kluge Sachen gesagt hat, die in unse­rer Familie sehr hochgehalten wurden. Einer der wichtigen Sätze ist: „Al tadin et haverkha ad she-ta’amod bi-mkomo!“ – Richte nicht, urteile nicht über den Nächsten, bevor du nicht an seiner Stelle gestanden bist.

Ich sage Ihnen Folgendes: Ich würde mir von jedem von denen, die hier an dieses Pult treten und sich zum Scharfrichter, zum Ankläger machen, wünschen: Liefern Sie jetzt und hier Ihren Laptop ab, liefern Sie Ihr Handy ab, geben wir es dem Untersuchungsaus­schuss, lassen Sie uns ein paar Wochen darin stöbern und stellen Sie sich dann in zwei, drei Wochen einem Tribunal. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der FPÖ.)

Lassen Sie sich befragen, mit wem Sie sich wann getroffen haben, was Sie dort bespro­chen haben, wie das mit den Dokumenten übereinstimmt, die wir auf Ihrem Laptop fin­den, mit wem Sie verkehren, wie, in welcher Tonalität, welche Messages Sie austau­schen (Zwischenruf des Abg. Brandstätter), bis hin zu den privatesten Details – auf welche Webseiten Sie zugegriffen haben, was vielleicht sogar Ihre intimen Vorlieben sind –, und dann diskutieren wir das in aller Öffentlichkeit! (Abg. Kickl: Das haben Sie alles auf Ihrem Laptop?)

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wie sollen wir ein Mindestmaß an Respekt und Anstand für uns bewahren, wenn wir solche Wege gehen? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das, was ich einfordere, ist: Wir haben in den letzten Monaten oft und zu Recht sehr bewundernd von der Eleganz der österreichischen Bundesverfassung gesprochen. Sie ist im Übrigen sehr unmittelbar mit der Person ihres Verfassers Hans Kelsen, einer groß­artigen politischen Persönlichkeit, verknüpft. Ich wünsche mir eine Eleganz des Parla­ments, und ich sage Ihnen, was ich mir heute in der Diskussion dazu gedacht habe.

Erstens wurde von meinen Vorrednern immer wieder betont: Wir sind die Kontrolleure der Regierung. Sie haben hier zu sitzen und Rede und Antwort zu stehen, Sie haben hier zu schweigen, nicht zu klatschen, Sie sind hier Gäste. (Abg. Rauch: Das war die Maurer! Das war Ihr Koalitionspartner!) Ich würde meinen, man begegnet Gästen mit einer anderen Art von Respekt (Zwischenruf bei der FPÖ), wenn man mit ihnen zusam­menarbeiten möchte. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens bin ich etwas überrascht: Kein einziger meiner Vorredner hat eigentlich darüber gesprochen, wer wir als Parlament sind, außer: Kontrollorgan! Kontrollorgan! – Das ist richtig, es ist eine unserer Funktionen, dass wir einen Untersuchungsausschuss bilden können, aber haben wir vergessen, was unsere eigentliche Funktion ist? Wir sind die Legislative! (Abg. Belakowitsch: Haben Sie vergessen, was das Thema des heutigen Tages ist?)

Hier hat der politische Diskurs stattzufinden. Machen wir doch einen Wettstreit politischer Inhalte auf einem hohen Niveau! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Geben wir doch ein Beispiel für unser Land, dass wir uns hier um die Anliegen der Menschen kümmern, dass wir uns dafür einsetzen, in einem Wettstreit, in einem Wettstreit der Ideen, aber auf ei­nem hohen Niveau! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Heute geht es um was anderes!)

Wir haben auch immer wieder davon gehört: Wir brauchen eine moralische Instanz, Bun­despräsident, Gerichte, was auch immer. (Zwischenruf des Abg. Rauch.) Nein, wir ha­ben die moralische Instanz zu sein. (Abg. Rauch: Sie haben das Land international be­schädigt!) Wir sind eine der Säulen der Republik. Wir sind die Säule der Legislative. Wir setzen die moralischen Standards. Wir sind die, zu denen die Leute, die Jugend in die­sem Land aufschauen muss: Wie führt man einen geordneten Diskurs? Auf welchem Niveau diskutieren wir miteinander? Wie behandeln wir einander?

Ich kann nur eines sagen: Nehmen wir uns das als Messlatte, seien wir ein Vorbild für dieses Land. (Abg. Rauch: Beginnen Sie bei sich selbst!) – Danke. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

14.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte sehr.