15.01

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Ich habe eigentlich am Anfang ein bisschen ein schlechtes Gewis­sen gehabt, als ich Sie da mehr oder weniger von Ihren veganen Stelzen und dann vielleicht auch noch vom alkoholfreien Bier aus dem Schweizerhaus weggeholt habe, aber man hat ja im Internet sehen können, dass Sie dort ausschließlich ausgepfiffen und mit Kurz-muss-weg-Rufen bedacht worden sind. Möglicherweise ist es hier jetzt sogar angenehmer für Sie, als noch im Schweizerhaus zu weilen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Herr Bundeskanzler, wir haben vor zwei Tagen die Möglichkeit gehabt, Ihr weinerliches Statement hier zu hören, was die Anschuldigungen oder den Vorwurf der Justiz Ihnen gegenüber betrifft. Wir haben auch gesehen, wie dünnhäutig Sie sind, wenn Sie mit Kritik konfrontiert werden. Sie haben auch Ihr Mantra, das Ihnen niemand abkauft, immer wiederholt und gesagt, dass Sie natürlich mit dem Parlament zusammenarbeiten und dass Sie überhaupt niemanden behindern, und gefragt, wie man überhaupt nur auf die Idee kommen kann.

Genau das, Herr Bundeskanzler, ist auch der Grund für die heutige Debatte: dass Sie damals wieder eine Falschaussage gemacht haben. Ihre Falschaussage war: Sie koope­rieren mit dem Parlament. (Abg. Eßl: Unterstellung!) Na, wenn ich mir anschaue, wie Sie mit dem Interpellationsrecht umgehen, dann ist die Falschaussage dadurch schon wieder determiniert, Herr Bundeskanzler, und ich möchte hier jetzt auch ins Detail gehen.

Es geht um eine Anfrage, die ich an Sie gestellt habe, die zum Thema hatte: „Redu­zierung der Steuernachforderungen der Republik Italien gegenüber Novomatic 2017 auf mögliche Intervention des damaligen Außenministers hin“. – Und nur zur Ergänzung: Das waren Sie, Herr Bundeskanzler.

Ich möchte vielleicht einmal mit der Chronologie dieser Anfrage einsteigen. Was hat dazu geführt, dass wir Sie zu diesem Thema befragt haben? – Schlicht und ergreifend eine SMS vom 10. Juli 2017, die im Untersuchungsausschuss zur Kenntnis gelangt ist. Novomatic-Chef Neumann hat dem jetzigen Herrn Finanzminister Blümel eine SMS geschrieben, in der drinnen gestanden ist: „bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz“ – lustiger Wortwitz übrigens – „wegen Spende“ und wegen des „Problemes das wir in Italien haben“.

Wir haben uns natürlich im Untersuchungsausschuss damit auseinandergesetzt, was das Problem ist, das in Italien vorliegt. Da hat sich relativ schnell herausgestellt, dass die Novomatic damals mit einer Steuernachzahlung in Höhe von etwa 60 Millionen Euro konfrontiert war. Dann hat eben dieser Termin stattgefunden. Der Termin ist ja verbrieft, es hat auch die Kontaktaufnahme über Blümel gegeben, und kurz danach, Herr Bundeskanzler, sind Sie in Ihrer Funktion als Außenminister nach Italien gereist. Und siehe da: Ein paar Wochen später hat sich herausgestellt, dass Italien auf 40 Millionen Euro an Steuern gegenüber der Novomatic verzichtet, das heißt, Sie haben dort offen­sichtlich für die Novomatic einen Steuererlass von 40 Millionen Euro erreicht. (Ruf bei der ÖVP: Unterstellung!) Schlussendlich musste man nur mehr 20 Millionen Euro zahlen.

Das Brisante daran ist, dass ich auch eine zweite Anfrage an den Außenminister gestellt habe, denn irgendwoher muss man ja erfahren können, was da in Italien so abgelaufen ist. Der Außenminister hat bestätigt, Herr Bundeskanzler, dass Sie den italienischen Amtskollegen, Außenminister Alfano, damals getroffen und mit ihm auch ein Vieraugen­gespräch geführt haben. Es gibt – oh Wunder, da hat wahrscheinlich wieder der Schredder zugeschlagen! – im ganzen Außenministerium keinen Akt dazu, was dort eigentlich passiert ist.

Natürlich ist es legitim, Herr Bundeskanzler, dass ich Sie als damaligen Außenminister einfach dazu befrage: Was war Thema des Gesprächs? Worüber haben Sie dort ge­sprochen? Was haben Sie mit den Italienern auspaktiert? Im Übrigen seien Sie ver­sichert: Auch die Italiener interessiert es mittlerweile, warum Sie dafür gesorgt haben, dass italienische Steuergelder im Wert von 40 Millionen Euro nicht mehr geflossen, ja, man kann fast sagen, vom italienischen Staat veruntreut worden sind. (Hallo-Rufe bei der ÖVP.)

Das Brisante daran ist, Herr Bundesminister, dass genau diese SMS dazu geführt hat, dass der bis vor Kurzem anwesende Finanzminister mit einer Hausdurchsuchung be­dacht worden ist, weil sich der Kreislauf, der da funktioniert hat, einfach herstellen lässt: Auf der einen Seite sagt Neumann, es geht um eine Spende, auf der anderen Seite geht es um das Steuerproblem, das er hatte. Also es liegt wirklich die Vermutung nahe – und das sieht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ja genauso –, dass es da sozusagen Gegenleistungen für politische Interventionen gegeben hat. Herr Bundes­kanzler, dann auf diese Anfrage einfach zu antworten: Ich bin nicht zuständig!, zeigt einmal mehr, dass Sie da etwas zu verbergen haben. Ich glaube schon, dass es dem Parlament zusteht, hier zu erfahren, was da genau passiert ist.

Die Chronologie geht aber noch weiter. Es ist ja spannend, dass, kurz nachdem Sie den italienischen Außenminister getroffen haben, ein Termin im Kalender von Johann Graf, dem Novomatic-Gründer, steht, der nur mit „Kurz“ bezeichnet worden ist. (Abg. Melchior: Wer war’s? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jetzt hat zwar der Rechtsanwalt des Novomatic-Gründers gesagt, dass es seine Schwiegertochter gewesen wäre, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, die jetzt schon wieder nervös werden und Schnappatmung bekommen: Ist es bei Ihnen üblich, dass Ihre Schwieger­tochter erstens einen schriftlichen Termin bei Ihnen beantragen muss und zweitens mit Nachnamen eingeschrieben wird? – Also die Geschichte, die Sie uns da schon wieder auftischen wollen, ist ja nicht lebensnahe! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn man noch ein bisschen zurückgeht, dann weiß man ja auch, dass dieses Geld für die ÖVP wirklich notwendig gewesen ist. Sie waren damals im Jahr 2017 schwer ver­schuldet, Herr Bundeskanzler, Sie wissen es. Sie haben nicht gewusst, wie Sie Ihr Unter­nehmen Ballhausplatz finanzieren sollen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es hat ja dann auch noch diese Termine gegeben, die eingefädelt worden sind, die Großspender­früh­stücke, an denen Sie ja teilgenommen haben und wo Sie auch Ihren Großspendern entsprechend präsentiert worden sind.

Da ist mir etwas aufgefallen: Sie wiederholen ja immer mantraartig: Die ÖVP nimmt keine Spenden aus dem Glücksspielbereich, ich glaube, aus dem Tabakbereich und von der Waffenlobby. (Abg. Wöginger: Ja, das ist wegen ...!) Warum laden Sie dann bitte den Vorstand eines Glücksspielunternehmens zu Ihren Spenderfrühstücken ein, Herr Kol­lege Wöginger? Vielleicht melden Sie sich dann zu Wort und sagen mir das! Also wenn Sie den Konsens haben, dass Sie Glücksspiel nicht wollen, wozu brauchen Sie dann Herrn Neumann beim Frühstück, Herr Kollege Wöginger oder Herr Bundeskanzler Kurz? (Beifall bei der FPÖ.) Erklären Sie uns das einfach! (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

Frau Spiegelfeld hat jedenfalls bestätigt, dass Herr Neumann und Bundeskanzler Kurz da auch immer wieder bei diesen Spenderfrühstücken zusammen waren. Es würde mich auch interessieren, was da so gelaufen ist.

Wenn man jetzt dann noch weiß – und mir geht ja schon fast wieder die Zeit aus –, wie die Verbindung zwischen Novomatic und ÖVP ist, dann ergibt das ja die endgültige Abrundung. Ich sage nur: Das Alois-Mock-Institut – der Herr hinter mir hat dieses Institut gegründet – ist im besten Einvernehmen mit der Novomatic (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz), es hat dort Spenden gegeben, des Weiteren das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa, auch die haben Novomatic-Geld bekommen, die Julius-Raab-Stiftung spielt hier mit, das Europa-Forum Wachau, das Sommerfest des Vereins Wir Niederösterreicher in Wien und jetzt bin ich noch gar nicht beim Kammerorchester Waidhofen et cetera, et cetera. Also Sie werden doch nicht abstreiten, dass es hier ganz, ganz massive Verbindungen gibt, und es ist wirklich spannend, mit wie viel Mühe und Aufwand die ÖVP hier versucht, diese Verbindungen entsprechend als nichtig darzu­stellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir dazu jetzt eine Anfrage an den Bun­deskanzler machen und wissen wollen, was da im Hintergrund gelaufen ist, und Sie schreiben allen Ernstes: Ich bin nicht zuständig! – entschuldigen Sie, Sie waren in dem Vieraugengespräch der Einzige neben dem italienischen Außenminister, der dort war –, dann ist das wieder einmal ein Sittenbild dafür, wie Sie mit dem Parlament umgehen, Herr Bundeskanzler, und da sieht man wieder einmal, welche Tricks und welche Schmähs Sie dauernd anwenden, um das Parlament ständig hinters Licht zu führen. (Abg. Wöginger: Genau!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die ÖVP spielt wieder einmal auf Zeit und dodelt das Parlament herunter. Das ist das, was wir erleben. Ich bin wirklich gespannt, wie Sie, Herr Bundeskanzler, uns dieses Vorgehen von Ihnen erklären werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte mich jetzt, bevor der Herr Bundeskanzler die Möglichkeit hat, diese Fragen vielleicht dann doch noch unter Wahrheitspflicht zu beantworten (Zwischenruf des Abg. Wöginger), noch ganz kurz mit dem Untersuchungsausschuss und hier speziell mit den Grünen auseinandersetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, was Sie jetzt mit dem Abdre­hen des Untersuchungsausschusses in vorauseilendem Gehorsam gegenüber der ÖVP zum Besten gegeben haben (Abg. Wöginger: Der wird nicht abgedreht!), damit haben Sie endgültig alles das, wofür Sie gestanden sind, ad acta gelegt, und der An­stand, den Sie immer wieder zitieren und bemühen, hat sich bereits mit Grausen abge­wendet.

Liebe Grüne, ihr habt heute einen Offenbarungseid geleistet, ihr habt definiert, dass ihr in Zukunft nur mehr das Beiwagerl der ÖVP sein wollt. Ihr seid sozusagen ein bisschen eine Öko-ÖVP mit Quasteln, das Ganze irgendwie ein bisschen netter aufgemacht, aber in Wahrheit seid ihr nichts anderes als die ÖVP. Ihr seid damit auch Beitragstäter, wenn es darum geht, die Taten der ÖVP in der Bundesregierung und in ihrem tiefen Staat mit zu vertuschen. Darauf kann man stolz sein! Am Ende des Tages habt ihr euch nur mit Pfründen, Posten und Geld kaufen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Liebe Grüne, ihr habt euch selbst aufgegeben. Ich sage euch eines: Peter Pilz wird schon auf euch warten, Peter Pilz steht schon in den Startlöchern. Ich sage euch eines: Ihr seid wahrscheinlich die erste Partei, die es zwei Mal nacheinander schaffen wird, aus dem Parlament hinauszufliegen. Wenn Sie sich nur das „Standard“-Forum heute durch­lesen und wenn Sie sich anschauen, wie Sie da von Ihren eigenen Anhängern geprügelt werden – Frau Maurer ist heute zu der kurzen Debatte gleich gar nicht mehr gekommen; das verstehe ich vollkommen –, dann wissen Sie ganz genau, was Ihnen bei zukünftigen Wahlen ins Haus steht.

Vielleicht noch ein Wort: Mir tun wirklich die Kollegen Tomaselli und Stögmüller leid, die eine ehrliche, gute Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss geleistet haben und nur aufgrund der Gier der eigenen Partei diese Arbeit, die sie geleistet haben, jetzt schlussendlich in den Gully treten müssen. Tut mir leid! Ihr habt wirklich eine aufrichtige Arbeit geleistet, und auch danke dafür. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Krainer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt einen pädagogischen Grundsatz, der heißt: Unerwünschtes Verhalten darf nicht zum Erfolg führen. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Liebe ÖVP! Genau das schreibe ich Ihnen auch ins Stammbuch. Na selbstverständlich werden wir jetzt den Untersuchungsausschuss nicht verlängern, nachdem Sie das blockiert haben, aber wir werden halt einen neuen Untersuchungs­ausschuss beantragen. (Abg. Wöginger: Bitte!) Wir werden aber zu den Themen, die wir jetzt haben, vielleicht noch ein paar Themen dazunehmen, zum Beispiel die Beschaf­fungsvorgänge rund um Corona, dann Ihre freien Vergaben an BBG-Agenturen, Inse­rate, Medienkauf et cetera, et cetera. Bei den Grünen würde mir noch die Causa Chorherr ein­fallen. Auch darüber könnten wir noch reden. Vielleicht wäre auch die Personal­schacherei im Verkehrsministerium interessant. Insgesamt könnte man das unter den Namen eines neuen Untersuchungsausschusses subsumieren. Den könnte man dann schwarz-grüner Korruptionsuntersuchungsausschuss nennen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das werden wir vorantreiben, daran werden wir arbeiten. Jetzt bin ich gespannt, ob sich der Herr Bundeskanzler wieder einmal die­sen Aussagen, die wir von ihm haben wollen, entzieht - -

15.11

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte! Sie haben die Zeit verbraucht.

(Beifall bei der FPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Hafenecker. – Ruf bei der ÖVP: ... schwache Rede!)

Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. – Bitte.