Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Schönen guten Morgen, lieber Herr Minister! Ich möchte ein bisschen von den aktuellen Coronaproblemen wegkommen, hin zu allgemeinen gesellschaftspolitischen Problemen, die ja in Coronazeiten leider nicht Pause machen.

Das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein großes, eines, das mit den Rol­lenbildern in unserer Gesellschaft viel zu tun hat, und ein Problem, das schon im Ju­gendalter beginnt, weshalb man schon früh mit der Präventionsarbeit ansetzen muss. Meine Frage in Bezug auf das große Gewaltschutzpaket, das wir ja auch auf den Weg gebracht haben, lautet: Was für Aktivitäten wird es in Richtung Förderung von zum Beispiel gendersensibler Mädchen- und Burschenarbeit geben, speziell auch an den Schulen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 90/M, hat folgenden Wortlaut:

„Planen Sie als Teil des Einsatzes der Bundesregierung gegen Gewalt an Mädchen und Frauen auch im Bereich der Gewaltprävention – Stichwort gendersensible Mädchen- und Bubenarbeit – verstärkte Bemühungen in den Schulen?“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Danke schön für die Frage – ich halte Gewaltprävention in den Schulen für extrem wich­tig. Da ist die Schule mit Sicherheit der richtige Ort: Je früher man damit anfängt, desto besser. Womit anfangen? – Eben mit Gewaltprävention, mit dem Lernen davon, wie man mit Konflikten umgehen kann – verbal, ausdiskutierend, moderierend oder eben gewalt­tätig –, aber auch, wie man mit ganz spezifischen Buben-, Männerbildern umgehen kann. Gerade diese Gewalt gegen Frauen ist nämlich auch ein Produkt eines spezifi­schen Männer- und Rollenbildes, und betreffend das Durchbrechen von solchen Män­ner- und Rollenbildern kann ich nur sagen: Je früher – betreffend das Lebensalter – man damit anfängt, desto besser.

In meinem Haus gibt es einen Grundsatzerlass – Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung –, und darin sind Sexismus und geschlechterbezogene Gewalt ein be­deutsames Kapitel. Wir schauen auch, dass dieser Grundsatzerlass umgesetzt wird – (in Richtung Abg. Hamann) du weißt es, mit den Unterrichtserlässen ist es immer so eine Sache, weil sich am Ende des Weges keiner zuständig fühlt. Wir bauen sie auch in die Lehrpläne ein und sagen, wo das zu geschehen hat: Geschichte und Sozialkunde, Geo­grafie und Wirtschaftskunde – Rollen und Menschenbilder im geografischen Vergleich –, all das ist möglich.

Wir haben auch eine Handreichung, die sich mit dem Thema Gewalt im Namen der Ehre auseinandersetzt – das ist auch etwas, was wir erleben –, und letztlich muss ich sagen, dass der Ethikunterricht für mich ein ganz, ganz wesentliches Instrument ist, weil Ethik ohne Gewaltprävention im Unterricht nicht vorstellbar ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Ja, ich habe eine Zusatzfrage. – Ein an­deres Problem, das uns auch sehr beschäftigt hat, ist politischer Extremismus. Auch diesbezüglich haben wir ein Extremismuspräventionspaket geschnürt, für das es laut Ministerratsvortrag 8 Millionen Euro für Präventionsmaßnahmen gibt, speziell was politi­schen Extremismus betrifft. Wie wird sich das in den Schulen niederschlagen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Auch das, glaube ich, ist ein extrem wichtiges Thema, und die Schule befasst sich damit nicht erst seit dem letztem Jahr, seit dem Terroranschlag in Wien. Wir leben in einer Gesellschaft, die plural, manchmal auch fragmentiert ist. Wir leben in einer Gesellschaft, in der sich Gruppen konstituieren, manchmal auch mit eigenem Werte- und Normensys­tem, und wenn diese aufeinandertreffen, gibt es Gewalt, insbesondere dann, wenn es sich um extremistische Gruppen handelt. Es ist also ein wirklich wichtiges Thema.

Ich bleibe abermals dabei: Ich setze Hoffnungen in den Ethikunterricht – (in Richtung Abg. Hamann) das merkst du. Er muss dieses Thema, wie wir in der Gesellschaft mit unterschiedlichen politischen Meinungen umgehen, auch als eine Causa prima betrach­ten. Wir haben das Fach politische Bildung auch als Unterrichtsprinzip, ein wesentlicher Ort der Auseinandersetzung damit: Wohin führt Extremismus, politischer Extremismus, auch im historischen Vergleich? – Da sieht man ja immer, dass ein politischer Extremis­mus immer zu Gewaltanwendung in der Gesellschaft führt. Umgekehrt muss man auch die Dinge in den Mittelpunkt stellen, die gleichsam die Gegeninstrumente sind, wie Men­schenrechte, Anerkennung von Menschenrechten, Gleichstellung und anderes mehr.

Es gibt also viele Initiativen in den Schulen. Genauso wie bei der Gewaltprävention ist die Frage, wie man mit politischem Extremismus umgeht, für uns, glaube ich, für eine lebendige Demokratie extrem wichtig, und die Schule ist der richtige Ort dafür. (Abg. Hamann: Vielen Dank!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Frau Abgeordnete Küns­berg Sarre. – Bitte, Frau Abgeordnete.