11.37

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Mit 1. Juni 2021 soll die Europäische Staatsanwaltschaft ihre Arbeit aufnehmen. Der Beschluss ist in den Gremien bereits 2017 gefallen. Wir brauchen also heute, und das liegt uns vor, das so­genannte Strafrechtliche EU-Anpassungsgesetz, das sind die innerstaatlichen Rahmen­bedingungen, die wir jetzt nur mehr finalisieren.

Mit der Europäischen Staatsanwaltschaft wird eine unabhängige europäische Strafver­folgungsbehörde mit Sitz in Luxemburg eingerichtet. Ihre Aufgabe wird es sein, Straf­taten gegen den EU-Haushalt wie Förderungsmissbrauch, Korruption, Machtmissbrauch und schweren grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug zu untersuchen, strafrecht­lich zu würdigen und vor Gericht anzuklagen.

Ich finde das sehr sinnvoll. Ich finde es sehr sinnvoll, dass die EU sich da einer, ich betone es, unabhängigen europäischen Strafverfolgungsbehörde mit entsprechendem Spezialwissen bedient. An dieser verstärkten europäischen Zusammenarbeit, das wurde bereits von meinem Vorredner erwähnt, nehmen 22 Mitgliedstaaten teil. Bei Irland, Dä­nemark und Schweden gehen wir davon aus, dass sie sich mit einer Teilnahme noch anschließen werden, bei Polen und Ungarn bin ich recht skeptisch; ich denke, dass diese beiden Länder sich nicht anschließen werden, was sehr bedauerlich ist.

Auch wenn das Projekt jetzt auf Schiene ist, darf ich doch kritisch, Frau Ministerin, an­merken, dass seit der Beschlussfassung bis zur konkreten Umsetzung fast vier Jahre vergangen sind. Das hat sehr lange gedauert. Wie wichtig unabhängige Staatsanwalt­schaften, aber auch sonstige Behörden – ich möchte da beispielsweise auf die österrei­chische Bundeswettbewerbsbehörde verweisen – für die Bekämpfung von Korruption, Machtmissbrauch und sonstigen Rechtsbrüchen sind, beweist sich derzeit in Österreich Tag für Tag.

Missstände, sehr geehrte Damen und Herren, gibt es leider auch auf europäischer Ebe­ne. Nach EU-Schätzungen entstanden uns allen im Jahr 2017 etwa 500 Millionen Euro Schaden. Es gibt aber auch weit höhere Annahmen. Laut einer Studie des Instituts für Weltwirtschaft, in Kiel angesiedelt, könnten der Europäischen Union durch Mehrwert­steuerbetrug vorsichtig geschätzt 30 Milliarden, pessimistisch geschätzt sogar 62 Milliar­den Euro Schaden entstanden sein, Mehrwertsteuer entgangen sein. Da braucht es eine effektive und starke Behörde.

Es geht also um sehr hohe Summen, die dem EU-Haushalt und allen EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern verloren gehen. Deshalb ist es gut und richtig, dass die Europäische Staatsanwaltschaft geschaffen wurde und sie jetzt in Kürze ihre Arbeit aufnehmen wird. Es ist notwendig, dass wir heute diese legistischen Rahmenbedingungen beschließen. Da geht es um dienstrechtliche Umsetzungen, um sozialversicherungsrechtliche Absi­cherung der auf nationaler Ebene tätigen Delegierten Europäischen Staatsanwältinnen – oder einer Staatsanwältin und eines Staatsanwaltes.

Ich wünsche der Europäischen Staatsanwältin, die bereits ernannt wurde, und auch der Delegierten Staatsanwältin und dem Delegierten Staatsanwalt viel Erfolg dabei, den er­heblichen finanziellen Schaden für die Europäische Union – damit auch für Österreich –, den es mutmaßlich gibt, zu minimieren und damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger nicht nur in die Europäische Union, sondern auch in die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, die sich täglich bemühen, dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen, zu stärken. Auch auf europäischer Ebene werden diese Staatsanwältinnen und Staats­anwälte dieses Vertrauen brauchen, um sich gegen Korruption und Machtmissbrauch durchsetzen zu können.

Viel Erfolg, meine sehr geehrten Damen und Herren in Luxemburg und auch in Wien, und herzlichen Dank für Ihre Arbeit! (Beifall bei der SPÖ.)

11.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stein­acker. Das Wort steht bei ihr. – Bitte.