18.17

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Jeder Antrag, der zum Ziel hat, gentechnisch veränderte Produkte von Öster­reich fernzuhalten, ist aus Sicht der Sozialdemokratie unterstützenswert. Daher werden wir auch diesem Entschließungsantrag zustimmen, doch empfinde ich die Initiative als zu wenig weitreichend. Damit das AMA-Gütesiegel endlich ein Qualitätssiegel wird und keine Marketingmaßnahme bleibt, muss gesetzlich festgelegt sein, dass das AMA-Gü­tesiegel nur bei völlig gentechnikfreiem Herstellungsprozess – natürlich inklusive gen­technikfreier Futtermittel – verwendet werden darf.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „AMA-Gütezei­chen nur bei durchgehend gentechnikfreiem Herstellungsprozess inklusive gentechnik­freier Fütterung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Änderung des AMA-Gesetzes zur Beschlussfassung vorzulegen, womit klargestellt wird, dass das AMA-Gütezeichen nur bei vollkommen gentechnikfreiem Herstellungsprozess inklusive gentechnikfreier Fütterung, verwendet werden darf.“

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf europäischer Ebene wird gerade die GAP, die Gemeinsame Agrarpolitik, verhandelt, und es wird intensiv über die neue Gentechnik debattiert. Es ist Fakt, dass die EU-Kommission unsere hohen Standards aufweichen und die Gentechnik innerhalb der Mitgliedstaaten etablieren möchte. Diese Entwicklung sehen wir als brandgefährlich an.

Wir müssen daher alles tun, um jegliche Initiative in diese Richtung einzudämmen und zu verhindern. Die Menschen wollen keine Gentechnik auf ihren Tellern, sie wollen hoch­wertige, gesunde, regionale Lebensmittel, und das ist mit Gentechnik einfach nicht ver­einbar.

Um die Wichtigkeit zu unterstreichen und die Position der Parlamentsparteien für die Bevölkerung einfach sichtbar zu machen, stelle ich einen weiteren Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Neue Gen­technik muss als Gentechnik behandelt werden, sonst droht gentechnisch veränderte Pflanzenwelt und unkontrolliert Gentechnik am Teller“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz und die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, werden aufgefordert, auf europäischer Ebene klar die Position einzunehmen, dass alle Arten gentechnisch veränderter Organismen, egal ob sie durch alte oder neue Gentechnik hergestellt werden, entsprechend dem Urteil des EuGH vom 25. Juli 2018 unter die strengen Regeln für Zulassung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung fallen.“

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Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.20

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend AMA-Gütezeichen nur bei durchgehend gentechnikfreiem Herstellungspro­zess inklusive gentechnikfreier Fütterung

eingebracht zu TOP 17 Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1413/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Kein AMA Gütesiegel für Sojaimporte auf Bundes- wie auf Landesebe­ne (817 d.B.)

Gentechnikfreiheit ist der österreichischen Bevölkerung ein hohes Anliegen. Das AMA-Gütezeichen soll ein besonders hohes Qualitätsniveau eines Produktes ausloben. Die­ses Ziel wird jedoch nicht erreicht, wenn im Herstellungsprozess eines Produktes, kon­kret auch dadurch, dass im Zuge der Fütterung von Nutztieren keine gentechnikfreien Futtermittel verwendet werden, Gentechnik zum Einsatz kommt.

Die Forderung für den flächendeckenden Einsatz von gentechnikfreien Futtermitteln in Österreich deckt sich mit dem starken Wunsch in der österreichischen Bevölkerung nach umfassender Gentechnikfreiheit von Lebensmitteln. Diese Thematik hat auf Grund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes, dass die sogenannten „Neuen Züchtungstech­niken“ ebenfalls Gentechnik darstellen, zusätzlich an Gewicht gewonnen. Es ist auch deshalb besonders aktuell, da auf europäischer Ebene auf Druck der Saatgutindustrie ein Prozess gestartet wurde, der im Worst Case Szenario damit enden könnte, dass für gewisse Neue Gentechniken ein schwächerer Regelungsrahmen und damit die Gefahr der Vermischung mit anderen Pflanzen kommen könnte.

60 Prozent des in Österreich konsumierten Fleisches ist Schweinefleisch. Wer derzeit konventionell hergestelltes Schweinefleisch kauft, muss in der Regel davon ausgehen, dass das Tier mit gentechnisch verändertem Soja gefüttert wurde.

Das AMA-Gütesiegel wird besonders stark als für Konsumenten und Konsumentinnen verlässliches Qualitätssiegel für Lebensmittel beworben. Produkte mit diesem Siegel müssen jedoch derzeit nicht den Standard erfüllen, dass Fleisch von Tieren verwendet wurde, die ohne gentechnisch veränderte Futtermittel gefüttert wurden.

Ein Greenpeace-Test zeigte bereits 2018, dass auch Schweinefleisch mit dem rotweiß­roten AMA-Gütezeichen mit gentechnisch verändertem Soja produziert wird. Die Um­weltschutzorganisation ließ gängiges Schweine-Futtermittel, darunter für Mastschweine und für Ferkel, vom Umweltbundesamt testen. Rund 90 Prozent des Sojas waren gen­technisch verändert (https://bit.ly/2A3VWXr). Es konnten in den zwei Proben des Markt­führers „Garant-Tiernahrung Gesellschaft m.b.H.“ drei verschiedene gentechnisch ver­änderte Soja-Pflanzen nachgewiesen werden. Zwei stammten vom Agrarkonzern Mon­santo und eine von der Bayer AG., jetzt zum US-Konzern Monsanto gehörend. Bei Schweinefleisch ist nur Bio-Schweinefleisch sowie Schweinefleisch mit dem grün-wei­ßen „Ohne Gentechnik“-Siegel garantiert gentechnikfrei. Dabei handelt es sich derzeit jedoch um Nischenprodukte. Bio-Schweinefleisch hat einen Marktanteil von zwei Pro­zent, konventionelles gentechnikfreies Schweinefleisch von etwa zehn Prozent.

Bio-Fleisch oder Fleisch von Schweinen, die nicht mit Gentechnik-Soja aus Übersee ge­füttert wurden, stellt somit die Ausnahme dar. Dies ergab neuerlich ein Anfang Novem­ber 2019 durchgeführter Marktcheck der Umweltschutzorganisation Greenpeace in neun Supermarktketten: Das handelsübliche Schweinefleisch in österreichischen Supermärk­ten ist lediglich in einem von zehn Fällen gentechnikfrei.

Positivbeispiel sind die österreichische Milchwirtschaft sowie die österreichischen Eier­produzenten, die im Jahr 2010 komplett auf gentechnikfreie Fütterung umgestellt haben. Die heimischen Hühnerfleischproduzenten füttern seit dem Jahr 2012 gentechnikfrei.

Es ist hoch an der Zeit, dass echte Anstrengungen unternommen werden, dass Fleisch in Österreich in absehbarer Zeit von Tieren stammt, die gentechnikfreie Futtermittel er­halten haben. Sowohl die neue Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, deren Regelungen derzeit verhandelt werden, mit einer Fördermaßnahme orientiert an diesem Ziel, als auch die österreichische Gesetzgebung mit Änderungen im AMA-Gesetz kön­nen dies vorantreiben.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Änderung des AMA-Gesetzes zur Beschlussfassung vorzulegen, womit klargestellt wird, dass das AMA-Gütezeichen nur bei vollkommen gentechnikfreiem Herstellungsprozess inklusive gentechnikfreier Fütterung, verwendet werden darf.“

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend die Neue Gentechnik muss als Gentechnik behandelt werden, sonst droht gentechnisch veränderte Pflanzenwelt und unkontrolliert Gentechnik am Teller

eingebracht zu TOP 17 Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1413/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Kein AMA Gütesiegel für Sojaimporte auf Bundes- wie auf Landesebe­ne (817 d.B.)

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 25. Juli 2018 eindeutig festgestellt, dass alle Arten gentechnisch veränderter Organismen unter die strengen EU-Regeln für Zulassung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung fallen, sofern gentechnische Verfah­ren eingesetzt wurden, die hauptsächlich seit dem Erlass der EU-Richtlinie 2001 entwi­ckelt wurden. Das betrifft auch neue gentechnische Verfahren wie die so genannte „Gen­schere“ (CRISPR). Mit dieser neuen Technologie können bestehende Gene modifiziert werden, ohne dass neue Gene hinzugefügt werden.

Die Europäische Kommission hat am 29. April 2021 eine Studie zu neuen Gentechnik­verfahren vorgestellt. Bereits vor Veröffentlichung haben NGOs davor gewarnt, dass die stark lobbyierende Saatgutindustrie vor allem monetäres Interesse daran hat, abge­schwächte Regelungen für Neue Gentechniken zu erreichen, um dadurch hohe Gewinne abzuschöpfen.

Aus Sicht der EU-Kommission hat Neue Gentechnik das Potenzial, zu einer nachhaltige­ren Lebensmittelproduktion beizutragen, den Einsatz von Pestiziden zu verringern und die Ziele des Green Deal und der „Vom Hof auf den Tisch“- Strategie zu erreichen. Die EU-Kommission kommt zu dem Schluss, dass die derzeitige Gentechnik-Gesetzgebung veraltet ist.

Geplant ist nun ein breit angelegter Konsultationsprozess, um die Gestaltung eines neu­en Rechtsrahmens für diese biotechnologischen Verfahren zu erörtern. In einem ersten Schritt ist geplant, den Rechtsrahmen für die Anwendung bei Pflanzen zu öffnen, in weiterer Folge auch Anwendung bei Tieren und Mikroorganismen.

Sollten jedoch mit neuen Techniken gentechnisch veränderte Pflanzen etc. zukünftig nicht mehr unter die strenge EU-Regulierung fallen, werden gentechnisch veränderte Pflanzen ungekennzeichnet und ohne Risikoprüfung in Lebensmitteln landen. Es wird zu einer nicht absehbaren Vermischung nichtgentechnisch veränderter und gentech­nisch veränderter Pflanzen kommen.

Da diese Neuen Gentechniken sogenannte „on-“, aber auch „off-Target“-Ergebnisse zur Folge haben können, also nicht beabsichtigte Veränderungen in den Organismen, muss jedenfalls eine strenge Risikoabschätzung erfolgen. Dazu kommt, dass im Hinblick auf diese Risikoabschätzung derzeit noch viel zu wenig geforscht wird. Hier liegt auch der wesentliche Unterschied zu den konventionellen Züchtungen, die also keineswegs als „gleichwertig“ anzusehen sind.

Eine Aufweichung der jetzigen Gesetzgebung beeinträchtigt das Recht auf Informa­tionen und Wahlfreiheit der KonsumentInnen und könnte ungeahnte Folgen für die Zu­kunft unserer Lebensmittel, Landwirtschaft und die Umwelt haben, insbesondere auch für die Bioproduktion und gentechnikfreie Lebensmittelherstellung. Auch das Ziel des Green Deals, den Anteil der Bioproduktion bis 2030 auf 25 Prozent zu steigern ist ernst­haft gefährdet.

Die Menschen haben ein Recht darauf, selbst zu entscheiden, ob sie mit Gentechnik hergestellte Lebensmittel kaufen wollen oder nicht. Daher ist eine entsprechende Kenn­zeichnung erforderlich. Biologische und gentechnikfreie Lebensmittelherstellung könn­ten die Erwartungen der KonsumentInnen nach einer gentechnikfreien Lebensmittelpro­duktion möglicherweise nicht mehr erfüllen, was das Vertrauen in diese Produkte gefähr­det.

Die klare Kennzeichnungspflicht bietet Wahlfreiheit und Transparenz für Konsumentin­nen und Konsumenten, VerarbeiterInnen und ProduzentInnen.

Es ist immer die Frage zu stellen, welche gesundheitlichen Risiken genmanipulierte Pflanzen tragen, egal ob es sich um alte oder neue Gentechnik handelt, mit der die Ver­änderungen durch den Menschen vorgenommen wurden.

Strenge Zulassungsverfahren, als auch eine Risikoüberprüfung sowie die Kennzeich­nung sind die Grundlagen für Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Wahlfreiheit.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesonders der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz und die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, werden aufgefordert, auf europäischer Ebene klar die Position einzunehmen, dass alle Arten gentechnisch veränderter Organismen, egal ob sie durch alte oder neue Gentechnik hergestellt werden, entsprechend dem Urteil des EuGH vom 25. Juli 2018 unter die strengen Regeln für Zulassung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung fallen.“

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Präsidentin Doris Bures: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß einge­bracht und stehen daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte.