14.28

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Worum geht es heute – abseits dessen, was bisher gesagt wurde – wirklich? Diese Sondersitzung findet statt, weil Sebastian Kurz einen österreichischen elektronischen grünen Pass haben will, und das noch unbedingt bevor es die euro­päische Lösung gibt, unbedingt vorher. Das ist der Grund, warum es diese Sonder­sitzung gibt. (Ruf bei der ÖVP: Meine Güte!)

Das Gesetz war nur eine Woche in Begutachtung. (Zwischenruf des Abg. Melchior.) Das, was heute zur Abstimmung kommt, war gar nicht in Begutachtung, weil es ganz etwas anderes ist, und zu diesem anderen, das wir gestern um 16.08 Uhr bekommen haben, gibt es heute wieder einen Abänderungsantrag. Der Gesundheitsausschuss ist in dieser Frage gar nicht zusammengetreten.

Es wird nach 15 Monaten Pandemie immer noch alles im Hau-ruck-Verfahren durch das Parlament durchgedrückt (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), und da fragt man sich schon: Warum ist dieser Zeitdruck nötig? Ist dieser Zeitdruck nötig? – Das weiß in Wirklichkeit niemand. Derzeit haben wir unter dem Titel grüner Pass – wir haben ja in diesem Monat schon eine Sondersitzung unter dem Titel grüner Pass gehabt – diese Zettelwirtschaft, und zwar seit dem 19.5.

Alle möglichen Papiernachweise über Impfungen und Testungen müssen wir da mit uns schleppen. Das wird aber auch in nächster Zeit so bleiben, denn das, was Ihnen, ge­schätzte Bürgerinnen und Bürger, von der Regierungsbank und von den Abgeordneten von ÖVP und Grünen versprochen wird, dass es ab 4. Juni einen elektronischen öster­reichischen grünen Pass gibt, das können Sie sich aufzeichnen, das wird so nicht stattfinden, weil die das nicht hinbekommen.

Warum es am 4. Juni, 27 Tage vor der europäischen Lösung die es braucht und die wichtig für die Reisefreiheit in Europa ist  eine österreichische Lösung, die Sie für das Reisen nicht brauchen können und die Sie auch innerhalb Österreichs nicht brauchen, geben soll, das kann eigentlich niemand sinnvoll erklären. Der grüne Pass wird am 4. Juni nicht betriebsbereit sein, da das natürlich programmiert werden muss. Wenn Sie heute auf den Kalender schauen, dann sehen Sie, da steht 26. Mai: Wie soll so etwas bis zum 4. Juni so programmiert werden, dass der Gastwirt eine App auf seinem Handy hat, mit der er Ihr Zertifikat kontrollieren kann? Das geht sich leider nicht aus.

Wenn Sie glauben, dass Sie ein elektronisches Zertifikat bekommen, haben Sie sich auch getäuscht, denn es werden Briefe mit der Post zu Ihnen nach Hause verschickt. Wenn Sie Ihre zweite Impfung gehabt haben, dann bekommen Sie einen Brief von der Sozialversicherung, und da ist dann Ihr QR-Code drauf, der dann wenn es dann irgendwann eine App geben wird  eingelesen werden kann, aber sicher nicht am 4. Juni.

Nach 15 Monaten Covid-Krise ist die Politik also immer noch im Panikmodus, so als ob die Krise gerade ausgebrochen wäre. Ein Gesetz wird ohne Ausschussdiskussion durchs Parlament gepeitscht, die Regierung denkt bis zur nächsten Pressekonferenz. Argumentiert wird da mit dem Tourismus, die Frau Ministerin spricht von der Reisefreiheit in Europa. Wäre das aber so wichtig, dass die Gäste aus Europa nach Österreich kommen und sich hier wohlfühlen sollen, dann müsste man auch überlegen aber man denkt nicht darüber nach , ob die FFP2-Maskenpflicht sinnvoll ist, wenn die meisten EU-Staaten Mund-Nasen-Schutz und keine FFP2-Masken verwenden. Ist das aus touristischer Sicht das, was Sie wollen?

Man müsste sich dann auch überlegen, warum zu diesem Thema immer die Land­wirtschaftsministerin spricht, die zwar sehr viel Text hat, aber meistens nicht so viel Ahnung. (Abg. Zarits: Hallo!) Wir beschließen heute also etwas den österreichischen grünen Pass , was kein Mensch braucht, weil man es fürs Reisen nicht braucht und in Österreich auch nicht braucht.

Und jetzt noch eines: Im ursprünglichen Entwurf, der eine Woche in Begutachtung war, war ein großes Datenregister drinnen. Jetzt wissen die Menschen, die sich mit dem Gesundheitswesen in Österreich befassen: Ja, wir brauchen eine bessere Datenlage im Gesundheitswesen  aber doch bitte nicht im Expressverfahren, in einem Notverfahren! So etwas durchs Parlament drücken zu wollen, allein, dass einem das in den Sinn kommt, zeigt schon, wie wenig ehrliches Anliegen dahinter ist.

Wollte man wirklich etwas für die Wissenschaft tun, dann würde das Gesundheits­ministerium gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium etwas ausarbeiten wie ein Datensatz aufbereitet sein muss, dass die Daten sicher sind, dass die Bürger nicht individuell rückverfolgt werden können , dass dann auch einen Nutzen für die For­schung stiftet, das wollen wir nämlich alle. Das hat man nicht getan, sondern man wollte dieses gewaltige Datenregister wieder in diesem Hau-ruck-Panik-Modus durchs Parla­ment schieben. Das wurde jetzt Gott sei Dank aufgrund großer Proteste verschiedener Seiten, auch von unserer Seite, herausgenommen, es ist aber ein Abbild dessen, wie die Regierung denkt.

Das Parlament wird als Abwinkmaschine gesehen und behandelt  und das nervt eigent­lich diese Partie, die man dann wieder für eine Sondersitzung einberufen muss , denn am liebsten würden Sie alles nur verordnen, wenn Sie das könnten. Wird so schlecht gearbeitet, wie Sie das bei dem Entwurf, dem Registerdatensatz, diesem Riesenregister gemacht haben, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Menschen das Vertrauen in die Arbeit, die Sie machen, verlieren. Wenn Sie dann einmal ein seriöses Register präsentieren, werden die meisten Menschen mit dem Verdacht darauf zugehen, dass da vielleicht etwas nicht stimmt, denn beim letzten Mal hat etwas nicht gestimmt und Sie mussten es in letzter Minute aus dem Entwurf nehmen.

Zusammengefasst: Ja, wir brauchen einen europäischen grünen Pass, wir brauchen eine gemeinsame Lösung, wir wollen die Reisefreiheit innerhalb von Europa wieder­hergestellt haben. Wir wollen ein gemeinsames, europäisch akkordiertes Vorgehen, aber wir brauchen keine Inszenierung für einen österreichischen grünen Pass, der dann am Ende des Tages eh nicht funktionieren wird. (Beifall bei den NEOS.)

14.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Drobits. – Bitte.