9.33

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Mel­chior, es geht nicht um Klassenkampf (Widerspruch bei der ÖVP), und ich werde euch das dann auch erläutern, warum das nicht so ist, wie ihr behauptet.

Wir haben heute das Thema dieser Aktuellen Stunde ganz bewusst gewählt. Warum? – Weil die Menschen zu Hause einmal wissen sollen: Wer bezahlt bisher die Krise? Bisher bezahlen diese Krise die zukünftigen Pensionistinnen und Pensionisten.

Herr Bundeskanzler, Sie haben mit Unterstützung der Grünen Pensionskürzungen be­schlossen – in einem Krisenjahr! Sie waren es, der mitten im Coronajahr 2020 die Kür­zungen für angehende Pensionisten beschlossen hat. (Abg. Disoski: Das stimmt ja nicht!) Alle zukünftigen Pensionistinnen und Pensionisten bekommen dank Ihnen nicht die volle Anpassung der aliquoten Pensionserhöhung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Bela­kowitsch – in Richtung Abg. Disoski –: Das habt ihr beschlossen!)

Bei einer Bruttopension von 1 500 Euro im Monat – das ist keine hohe Pension, 1 500 Euro im Monat – kürzen Sie den Menschen die Pension um 420 Euro brutto im Jahr, und dieser Verlust erhöht sich danach Jahr für Jahr.

Sie kürzen auch bei jenen Menschen, die immer die sogenannten Leistungsträger für Sie sind, 45 Jahre Beiträge leisten, 45 Jahre in die Sozialversicherung und ins Steuer­system einzahlen. Diesen Menschen haben Sie die abschlagsfreie Pension genommen, und das ist mehr als unfair gegenüber jenen Leistungsträgern, von denen Sie immer sagen, sie seien so wichtig für das Land. (Abg. Wurm: Bravo, Beppo! – Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Diesen Leistungsträgern nehmen Sie etwas weg, anstatt ihnen etwas zu geben.

Es gibt keine Coronaprämie, keine Entlastung bei den kleinen und mittleren Einkommen, keine steuerfreie Coronaprämie für Unternehmen mit ihren Mitarbeitern für 2021, keine höhere Steuerfreiheit für die Pendlerinnen und Pendler bei Taggeldern und bei Auf­wandsersätzen. Klatschen reicht da nicht, Herr Bundeskanzler, sondern diese Men­schen haben sich eine Wertschätzung und eine finanzielle Belohnung verdient! (Beifall bei der SPÖ.)

Heute findet der nächste Pensionsraub statt. Heute beschließen Sie am Abend die Ab­schaffung der Sonderunterstützung im Bergbau. Eine kleine Gruppe von knapp 600 Menschen ist dort noch tätig, die zahlen höhere Beiträge, die leisten nach wie vor überwiegend schwere Arbeit, und Sie nehmen ihnen diese Sonderunterstützung weg. Das System ist immer das gleiche: Sie nehmen einer Gruppe von Arbeitnehmern etwas weg, aber die anderen haben nichts davon. Das ist nichts anderes als ein Ausspielen innerhalb dieser Gruppe, und das haben sich diese Menschen nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zur Gruppe der Arbeitslosen. Wir erinnern uns: Im April 2020 gab es in Österreich eine Rekordarbeitslosigkeit von 571 000 Menschen. 220 000 Menschen haben wieder einen Job gefunden. Herr Arbeitsminister, rund 350 000 sind noch arbeitslos, davon sind 138 000 Langzeitbeschäftigungslose, die über zwölf Monate keinen Job gefunden haben. Da hat die Regierung ganz einfach 15 Monate verschlafen, rechtzeitig Beschäfti­gungsprogramme für diese betroffene Gruppe auf die Beine zu stellen. (Abg. Michael Hammer: Das stimmt ja nicht!)

Zusammengefasst: Herr Bundeskanzler, wer bezahlt für die Krise? – Es sind die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, es sind die zukünftigen Pensionistinnen und Pensionis­ten, es sind die Schwächsten in unserer Gesellschaft, wenn man auch davon ausgeht, dass Sie von der ÖVP mit Ihrem über den Wirtschaftsbund eingebrachten Vorschlag den Arbeitslosen das Arbeitslosengeld auf 40 Prozent senken wollen. Und Sie haben auch die Klein- und Mittelunternehmen in der Krise zurückgelassen. Herr Bundeskanzler, Ver­teilungsgerechtigkeit sieht anders aus!

Ich sage Ihnen jetzt, wer bis dato für die Krise nicht bezahlt: Es sind die Vermögenden, es sind die Großkonzerne, es sind die (Ruf: Gewerkschaften!) Onlinemultis und es sind jene, die Lohn- und Sozialbetrug betreiben. Die werden von Ihnen bis dato verschont!

Es gibt Vermögende in diesem Land, die sagen: Wir wollen einen Beitrag leisten, wir unterstützen die Forderung nach mehr Solidarität, wir wollen eine gesetzliche Regelung für eine Solidaritätsabgabe, wir wollen Erbschafts- und Schenkungssteuern, wie sie viele andere Länder in ganz Europa schon eingeführt haben, und wir unterstützen eine Soli­daritätsabgabe für Onlinemultis. Es ist wirklich unglaublich: Jetzt gibt es Vermögende in diesem Land, die bereit sind, einen Beitrag zu leisten, und Sie, Herr Bundeskanzler, nehmen dieses Angebot nicht an! – Warum schützen Sie hier? Warum machen Sie nicht die entsprechenden gesetzlichen Regelungen?

Von Arm bis Reich, vom Kleinen bis zum Großen: Niemand in diesem Land versteht, warum ein Würstelstand mehr Steuern zahlt als ein Onlinemulti. Das versteht niemand mehr! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hauser.) Und genau deshalb, Herr Bundes­kanzler, sprechen wir nicht von Klassenkampf. Wir sprechen nicht von Klassenkampf, wenn Vermögende bereit sind, auch einen Beitrag zu leisten, und Sie dieses Angebot nicht annehmen.

Abschließend noch einen Punkt, den ich ansprechen möchte: Lohn- und Sozialdumping.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte Sie, zum Schlusssatz zu kommen.

Abgeordneter Josef Muchitsch (fortsetzend): Warum, Herr Bundeskanzler, machen Sie Lohn- und Sozialdumping in diesem Land billiger? Wir als SPÖ werden nicht müde werden, Ihre verfehlte und unsoziale Politik aufzuzeigen (Abg. Michael Hammer: Ihr seid schon müde!), und ich hoffe, vielen Menschen wird das auch immer mehr bewusst; wir wissen das aus Rückmeldungen. Wir werden weiter darum kämpfen, dass es eine soziale und gerechte Verteilung in Österreich gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

9.39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Kickl. – Bitte.