9.50

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuschauerInnen! Ich finde die Debatte sehr wichtig und sehr wesentlich, und ich danke der Sozialdemokratie für die Fragestellung, weil das tatsächlich eine sehr wesentliche Frage ist: Wer zahlt die Krise? Richtigerweise ist auch angesprochen worden, ich würde einmal sagen, von allen Fraktionen, aber auch von meiner Vorrednerin Rendi-Wagner, dass es in dieser Krise Verlierer gibt, und zwar sehr viele Verlierer, dass es aber auch Gewinner gibt.

Vereinfacht gesagt kann man das so zusammenfassen: Die Krise werden wie immer die Mittelschicht zahlen, denn sie zahlt immer alles, die Selbstständigen in unserem Land und die Jungen. Die Jungen sind von der Krise ganz massiv betroffen, ich glaube, mein Kollege Loacker wird da noch im Detail darauf eingehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wesentlich ist meines Erachtens – und darum finde ich auch, dass das ein wenig am Thema vorbeigeht –, jetzt nicht gleich von Steuererhöhungen zu sprechen, sondern einmal die Frage zu beantworten, wie wir es schaffen, nachhaltigen Aufschwung zu be­kommen. Ich freue mich auch über die heurigen Wachstumszahlen und die Prognose für das kommende Jahr, wir wissen aber ganz genau, dass da jetzt sehr viel auch nach­geholter Konsum ist, und wir müssen es ja schaffen, zu einem nachhaltigen Aufschwung und Wachstumspfad in Österreich zu kommen, denn dieses Wachstum ist wesentlich, um tatsächlich aus der Krise rauszukommen. Ich finde es falsch, jetzt über Steuererhö­hungen zu reden, denn gerade, um dieses Wachstum zu erreichen, braucht es nicht Steuererhöhungen, sondern eines ganz gewiss: Entlastungen. (Beifall bei den NEOS.)

Es braucht auch und gerade steuerliche Entlastungen der Mittelschicht. Das ist ange­sprochen worden: Die Mittelschicht ist massiv unter Druck. Sie kommt durch die Krise unter Druck, sie war schon davor unter Druck, sie kommt durch die Niedrigzinspolitik der EZB massiv unter Druck, sie kommt durch Reallohnverluste und steigende Preise unter Druck – die Inflation ist auch schon angesprochen worden.

Es muss möglich sein, dass der Aufstieg gelingt, und zwar durch eigene Arbeitsleistung, und es muss auch möglich sein, nicht nur durch eigene Arbeitsleistung das Einkommen zu bestreiten, sondern sich und vielleicht auch den Kindern und Enkelkindern etwas auf­zubauen. Dafür muss der Staat Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, aber nicht, wie es in den letzten Monaten passiert ist, paternalistisch in alle Bereiche hineinregieren. Damit muss Schluss sein, Schluss mit diesem süßen Gift der Bevormundung, von dem diese Bundesregierung einen ganzen Pott getrunken zu haben scheint! (Beifall bei den NEOS.)

Sie haben eine Entlastung angekündigt, Herr Bundeskanzler. Das begrüßen wir außer­ordentlich. Aber – und jetzt kommt das ganz große Aber – die letzte Entlastung hat sich ja als Taschenspielertrick entpuppt, und die große Sorge ist, dass das mit der nächsten steuerlichen Entlastung wieder so ist. Das ist das Phänomen: Ich nehme es dir aus der linken Tasche und gebe es dir dann gönnerhaft in die rechte Tasche. – Sie wissen, was ich anspreche: die kalte Progression.

Die kalte Progression ist eine schleichende Steuererhöhung, die jeden und jede, der oder die in Österreich Steuern zahlt, betrifft. Die letzte Steuerreform ist durch die Effekte der kalten Progression längst schon wieder aufgebraucht. Ich erinnere Sie daran, dass wir 2019 alle hier gestanden sind und auch Sie ein Taferl in die Kamera gehalten haben, auf dem auf die Frage der Abschaffung der kalten Progression stand: Ja! – Wann, wenn nicht jetzt, wäre der richtige Zeitpunkt? (Beifall bei den NEOS.)

Ja, wir begrüßen auch außerordentlich, dass es internationale Initiativen gibt, zu einer höheren Steuerleistung von internationalen Konzernen zu kommen, weil das ja genau das ist, was den Mittelstand so beschäftigt. Dieser wird geknechtet, mit Steuern, mit Ab­gaben, mit Gebühren, mit Bürokratismus; und der Bürokratismus ist es auch, der jetzt den Aufschwung erschwert.

Damit komme ich auch zur Zahlungsmoral des Staates  das war jetzt gerade wieder Thema in den Ausschüssen –: Wenn das Finanzamt etwas von Ihnen will, dann sind die sehr ratzfatz, dann geht das sehr, sehr schnell, wenn aber Sie etwas vom Finanzamt bekommen sollen, dauert das Monate. Damit muss Schluss sein, meine Damen und Herren! Eine höhere Zahlungsmoral des Staates wäre auch ein Schritt in Richtung nach­haltiger Entlastung des Mittelstandes. (Beifall bei den NEOS.)

Ich habe es schon gesagt: Es muss Schluss sein mit „Koste es, was es wolle“. – Das war der falsche Ansatz. Koste es, oder tun, was nötig ist – das hätte ich mir von einer von der ÖVP geführten Regierung erwartet, und nicht, den Steuergeldtopf nach dem Gießkannenprinzip über alles auszuschütten. Es sind insbesondere die Jungen, die die Zeche zahlen werden, wenn Sie nicht bereit sind, endlich auch Reformen anzugehen, und das haben Sie bislang nicht getan. Sie haben es oft versprochen, und auch die Konsolidierung des Budgets, die Sie sich so auf die Fahnen heften, ist vor allem dadurch – oder nur dadurch – zustande gekommen, dass die Steuereinnahmen auf­grund der wirklich tollen Unternehmer und Betriebe sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer in unserem Land gesprudelt sind, nicht aber aufgrund der tollen Leistung einer Reformregierung, wie Sie es eigentlich versprochen haben.

Mein Appell: Stellen Sie die Menschen in den Mittelpunkt Ihrer Politik und sorgen Sie für einen nachhaltigen Aufschwung! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

9.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Schwarz. – Bitte.