21.17
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die sogenannte EU-Richtlinie 2019/1 vom 11. Dezember 2018 verlangt von uns die Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde, damit Wettbewerbsvorschriften wirksam durchgesetzt werden und der Binnenmarkt reibungslos funktioniert. Die Korruptionsbekämpfung und den Konsumentenschutz stärken, nur das kann unser Auftrag sein. Wettbewerb ist gut, aber er muss freien, transparenten Kriterien folgen und fair sein.
Ende Juni, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wurde im „Profil“ eine Umfrage veröffentlicht, wonach 87 Prozent der Befragten in Österreich glauben, dass Korruption in der heimischen Politik verbreitet ist. Fast die Hälfte glaubt an Bestechlichkeit in der Wirtschaft. Das sollte uns zu denken geben. (Ruf bei der ÖVP: ... Stadt Wien!)
Das Ansinnen dieser EU-Richtlinie ist die Stärkung der Wettbewerbsbehörden, die mit der Änderung des Kartell- und Wettbewerbsgesetzes umgesetzt werden soll. Genau das passiert aber mit der uns vorliegenden türkis-grünen Regierungsvorlage nicht – im Gegenteil: Die Bundeswettbewerbsbehörde ist permanent unterbudgetiert. Jährlich fehlen dieser wichtigen Behörde 500 000 Euro. Jährlich muss der Leiter dieser Behörde zur Ministerin gehen und um Budgetmittel bitten, damit diese Behörde ihren gesetzlichen Aufgaben nachkommen kann. Was das bedeutet, ist ganz klar: Zu wenig Ressourcen und zu wenig Geld bedeuten, dass Verfahren länger werden und damit Aufklärung verzögert und verhindert wird.
Außerdem fehlt, wie wir immer wieder lesen und hören, die Autonomie bei der Mittelverwendung, die bei einer effektiven Korruptionsbekämpfung aber so wichtig wäre.
Was im Vorfeld für viel Kritik gesorgt hat, ist die Einführung der Berichtspflicht der Bundeswettbewerbsbehörde an die zuständige Wirtschaftsministerin. Das wurde nach mehr als – stellen Sie sich vor! – 21 sehr kritischen und besorgten Stellungnahmen von voneinander unabhängigen Institutionen zum Teil zurückgenommen, aber nicht ausreichend entschärft. Immerhin muss diese Behörde nicht vorinformieren, wenn sie Hausdurchsuchungen vornimmt.
Uns geht die im Entwurf vorgesehene Berichtspflicht aber trotzdem zu weit. Das verstärkt nämlich die Abhängigkeit, begünstigt politische Einflussmöglichkeiten und bewirkt damit die Schwächung der Bundeswettbewerbsbehörde und somit der Korruptionsbekämpfung.
Einen entscheidenden Interessenkonflikt sehe ich zwischen der Bundeswettbewerbsbehörde und der Ministerin für Wirtschaftsagenden. Sie, Frau Ministerin, sagen, Sie seien die Anwältin der Wirtschaft, der Unternehmer, aber die Bundeswettbewerbsbehörde braucht eine Ministerin, die hinter ihr steht, damit sie ihre Rechtsstaatlichkeitsaufgaben wahrnehmen kann.
Das war der Grund, weshalb wir die kritische Anregung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – die sehr genau weiß, was es heißt, mit wenigen Mitteln und Ressourcen zu arbeiten, und deswegen permanent in der Kritik steht –, die öffentlich geäußert wurde, für sehr sinnvoll gehalten und als SPÖ einen Antrag eingebracht haben, die Bundeswettbewerbsbehörde als eine Korruptionsbekämpfungsbehörde im Justizministerium anzusiedeln, damit dieser Interessenkonflikt vom Tisch ist.
Was haben Sie mit Ihren Regierungspartnern, den Grünen, gemacht? – Sie haben den Antrag im Ausschuss wieder einmal vertagt, also schubladisiert, was sehr bedauerlich ist. Ich habe immer mehr den Eindruck, dass Sie echte Probleme mit weisungsungebundenen, starken Kontrollbehörden haben.
Wir fordern aber eine echte Stärkung der Korruptionsbekämpfung. Das braucht Unabhängigkeit und entsprechende Ressourcen, so wie es die EU-Richtlinie vorsehen würde, so wie eine gute Standortpolitik sein sollte, was Sie, Frau Wirtschaftsministerin, eigentlich sehr hochhalten sollten.
Die Umsetzung von ÖVP und Grünen bewirkt aber das Gegenteil. Daher werden wir dieser vorliegenden Regierungsvorlage als SPÖ nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
21.21
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fürlinger. Bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr.