11.48

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Wir beschließen heute hier im Hohen Haus eine Neuordnung des Verfassungs­schutzes, des Staatsschutzes. Das ist eine Reform, die dringend notwendig ist, Herr Bundesminister, wie wir auch aufgrund der Vorgänge rund um den Terroranschlag vom 2. November leider sehr anschaulich miterlebt haben.

Der Verfassungsschutz ist in Österreich schon sehr lange eine riesige Baustelle, das hat auch der Bericht der unabhängigen Zerbes-Kommission noch einmal sehr augen­schein­lich dargelegt. In diesem Kommissionsbericht waren einigermaßen erschreckende Ergeb­nisse, und deswegen haben sich alle Parteien hier im Parlament – und das ist etwas, was ich als sehr positiv angesehen habe – geeinigt, dass wir uns gemeinsam überlegen, wie wir das BVT komplett neu aufstellen können.

Diese Verhandlungen sind aus meiner Sicht – und ich habe das im Geschäftsord­nungsausschuss gestern schon gesagt – ein wirklich positives Beispiel, ja ein Parade­beispiel dafür, wie gelebter Parlamentarismus funktionieren kann, wie man gemeinsam an Gesetzesvorhaben arbeiten kann, wie unterschiedliche Standpunkte, die es zweifel­sohne auch geben soll, gemeinsam diskutiert werden können, wobei man versucht, das Bestmögliche für alle Parteien und vor allem für den Staat Österreich herauszuholen. Dafür will ich mich noch einmal ganz ausdrücklich bei allen, die da mitverhandelt haben, bedanken. (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Trotzdem ist es so, dass wir als NEOS am Schluss der Reform, so wie sie jetzt vorliegt, eben nicht vollinhaltlich zustimmen können. Wir wollen – und das ist, glaube ich, das Anliegen von allen hier im Parlament –, dass der Verfassungsschutz, der Staatsschutz seiner Arbeit nachgehen kann und dass er dieser Arbeit gut nachgehen kann. Was wir uns aber wünschen würden und was aus unserer Sicht nicht ausreichend gewährleistet ist, ist, dass er auch umfassend und begleitend vom Parlament kontrolliert werden kann. Es sind wirklich massive Verbesserungen in der Reform drinnen, das ist etwas, das wir auf jeden Fall sehen; was aber aus unserer Sicht nicht vorgesehen ist, ist diese umfassende, echte Kontrolle durch das Parlament.

Geheimdienste, Nachrichtendienste, Behörden wie das BVT agieren grundsätzlich im Dunkeln. Das ist ihnen wesensimmanent, das müssen sie, sonst könnten sie ihre Arbeit nicht machen. Wenn eine Behörde im Dunkeln agiert, braucht es aber umso mehr ein starkes Parlament mit einer größtmöglichen Kontrollmöglichkeit, weil nur so gewähr­leistet werden kann, dass der Verfassungsschutz, der leider über Jahre eine ziemliche Blackbox war – in mehrerlei Bedeutung des Wortes –, auch entsprechend kontrolliert wird.

Die Kontrollkommission, die jetzt eingeführt wird, ist weitaus besser als der Status quo, und sie gibt auch die Möglichkeit, dass über Ersuchen des entsprechenden Ausschusses im Parlament entsprechend kontrolliert werden kann. Das geht uns aber, wie schon gesagt, nicht weit genug. Ich bin davon überzeugt, dass die Kontrollbefugnisse der Kom­mission weiter gehen müssen und sich nicht nur auf abgeschlossene Ermittlungen beziehen können. Das kann aus meiner Sicht nicht reichen. Mir ist auch voll und ganz bewusst, dass es einigermaßen komplex wäre, eine Lösung zu finden, wie man auch bei laufenden Ermittlungen entsprechend nebenbei kontrollieren kann; aber ich bin auch überzeugt davon, dass wir uns dieser Herausforderung noch mehr hätten stellen müssen und eine Lösung gefunden hätten.

Überlegen Sie am Beispiel des Terroranschlags vom 2. November: Eine Kontrollkom­mission könnte nicht tätig werden, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Ich bin überzeugt davon, dass eine während der Ermittlungen stattfindende Kontrolle etwas Positives ist. Solche Beispiele gibt es, man braucht sich das nur in Deutschland anzuschauen. Dort gibt es bei besonderen Einzelfällen, die Gegenstand politischer Dis­kussionen sind, die Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung sind, die Möglichkeit, dass das Parlament, die Kontrollinstanzen auch begleitend kontrollieren. Das ist hier nicht der Fall, deswegen gibt es auch keine Zustimmung von uns NEOS.

Trotzdem erachte ich, wie ich vorhin schon gesagt habe, die Art und Weise, wie wir es gemeinsam als Parlament hier geschafft haben, sinnvolle unterschiedliche Standpunkte zu einer gemeinsamen Reform zu bringen, als etwas ganz Besonderes. Das ist leider nicht immer so im Nationalrat beziehungsweise im Parlament, und ich glaube, wir sollten uns das als ein positives Beispiel nehmen und insgesamt schauen, dass wir unter­schiedliche Standpunkte besser miteinander diskutieren und vielleicht zu insgesamt besseren Lösungen für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land kommen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.53

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte.