14.07

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben uns heute erneut hier versammelt, weil ein Mitglied der Bundes­regierung erneut versucht, das Parlament vorzuführen, weil ein Mitglied der Bundesre­gierung den Untersuchungsausschuss, das stärkste Kontrollinstrument, und damit Bür­gerinnen und Bürger nicht ernst nimmt, weil ein Mitglied der Bundesregierung die Verfas­sung missachtet und versucht, sich seit Monaten mittels Pressekonferenzen von einer Erklärung in die nächste zu strudeln.

Und heute? – Ich glaube, der Auftritt heute hat Bände gesprochen: ein Abkanzeln seitens des Ministers und eine ÖVP-Abgeordnetenriege, die drum herum redet und Unwahrhei­ten verbreitet, und, ganz ehrlich, das ist weder eines Ministers noch Abgeordneten wür­dig, so mit dem Parlament umzugehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Klubobmann Wöginger, ich war ziemlich erschüttert darüber, wie Sie als Klubob­mann, als Parlamentarier den Untersuchungsausschuss diskreditiert und ins Lächerliche gezogen haben. Das ist unerhört, aber das kennen wir, vor allem durch den Untersu­chungsausschuss, seit eineinhalb Jahren, denn wir haben bezüglich des Ibiza-Untersu­chungsausschusses nicht nur Steine, sondern Steinbrocken in den Weg gelegt bekom­men: Angriffe, persönliche Attacken gegenüber Abgeordneten der Opposition, Runter­machen, Diffamieren und vieles mehr – und: Verzögern, Verzögern, Verzögern, Blockie­ren, Blockieren, Blockieren und Versagen, Versagen und nochmals Versagen.

Wer war die Hauptakteurin? – Die ÖVP, die türkise Familie! Sehr geehrter Herr Bundes­minister Blümel, Sie sind einer der Hauptakteure, und diese Missachtung durch Sie als Finanzminister ist einfach nicht mehr hinzunehmen und auch untragbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben als Auskunftsperson versagt. Kollege Krainer hat das ausgeführt: 86 Erinne­rungslücken, Vergesslichkeit, Ahnungslosigkeit, aber vor allem keine Auskunftsfreude und überhaupt keine Kooperation als Regierungsmitglied mit dem Parlament. Sie haben ganz klar versagt, indem Sie monatelang keine Akten, die uns zugestanden wären, ge­liefert haben.

Sie haben behauptet, es gäbe keine relevanten Akten, auch nicht abstrakt relevante. Wir kennen die Genese – es schaut ganz, ganz anders aus –: Es sind erst letzte Woche wieder brisante relevante Akten geliefert worden. Was war alles dafür nötig? – Den Ver­fassungsgerichtshof anzurufen, ein Bundespräsident, der sich eingeschaltet hat und als Exekutor vor Ihrer Ministertür gestanden ist. Was haben Sie gemacht? – Sie haben die Verantwortung auf Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgewälzt. Ich frage Sie: Wer wünscht sich bitte solch einen Chef, der so etwas macht?

Jetzt behaupten Sie auch noch, dass es um die Akten von Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern gegangen wäre. Nein, Herr Bundesminister! Es ging immer um Ihre Unterlagen, um Ihre Kontakte, um Ihre Chats, um Ihre Mails und um vieles mehr. Und die haben Sie ganz einfach nicht geliefert. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, Herr Minister, hätten sich schützend vor Ihre MitarbeiterInnen stellen müssen. Herr Minister, was haben Sie gemacht? – Das kommt auch in unserer Dringlichen Anfrage vor. – Wie haben Sie versucht, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich bei der Ak­tenlieferung zu unterstützen? Gar nicht – mit Verlaub! –, gar nicht! Sie haben sie vorge­führt – wie auch das stärkste Kontrollinstrument des Parlaments. Damit haben Sie auch die Bürgerinnen und Bürger vorgeführt. Mir wäre das – ich sage es Ihnen ganz ehrlich – sehr, sehr peinlich. Ich weiß, dass diese Grenzen aber sehr persönlich zu ziehen sind, vor allem dann, wenn es um die türkise Familie geht. (Abg. Michael Hammer: Sind Sie eine Doskozil-Jüngerin?)

Aber zurück zu den Akten: Es ging da nicht um irgendwelche Pressespiegel, ich habe es vorhin erläutert, es ging um viel, viel mehr. Die Exekution der letzten Tage hat dies nun ans Tageslicht gebracht. Es geht um Unterlagen, in denen es ganz klar darum geht, die Republik umzubauen, brisant und sehr, sehr relevant – also alles für die türkise Fami­lie –: Veränderungen zum Beispiel im Stiftungsrecht, wo es darum geht, dass Superrei­che noch reicher werden, indem man ihnen einfach Steuererleichterungen gibt, indem man den Steuersatz senkt. (Abg. Michael Hammer: Minus 3 Prozent!)

Oder Privatisierungsfantasien zum Beispiel betreffend die Wohnbaugesellschaft ARE, oder Daten, höchstpersönliche Daten der Österreicherinnen und Österreicher vom Bun­desrechenzentrum an die Post zu verkaufen, oder auch die Involvierung von Schmid in den Umbau der Öbag (Zwischenruf des Abg. Hanger): All das wird eindeutig definiert, und wir finden das in den aufgrund der Exekution erzwungenen Tausenden Akten, Kol­lege Hanger, Tausenden Akten! Es ging immer nur darum, die türkise Familie zu bedie­nen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und mit dieser Erkenntnis, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dürfte eigentlich nichts mehr gegen eine Verlängerung des U-Ausschusses sprechen. Werte Kollegen und Kol­leginnen von den Grünen, stimmen Sie endlich der Verlängerung zu! Es geht sich näm­lich mit unserer Gelöbnisformel nicht mehr aus. Wir sind auf die Verfassung angelobt. Wir müssen Kontrolle wahrnehmen. Stimmen Sie heute endlich zu!

Abschließend: Herr Minister, Sie haben als Auskunftsperson versagt, als Aktenlieferer versagt. Sie arbeiten nur für die Republik – nicht im Sinne der Verfassung, nicht im Sinne der Demokratie, nur für die türkise Familie. Das geht sich nicht mehr aus, Herr Minister. Diese Vorgehensweise ist eines Ministeramtes nicht würdig. Sie sind als Finanzminister rücktrittsreif. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben unser Vertrauen verspielt. Nehmen Sie Ihren politischen Hut! Denn: „Genug ist genug“! – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Abg. Hafenecker.)

14.13

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Klaus Fürlinger zu Wort gemel­det. – Bitte.