10.20
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Lassen Sie mich vielleicht zuerst etwas Grundsätzliches sagen: Finden Sie, verehrte Zuseherinnen und Zuseher, es eigentlich überhaupt nicht verwunderlich, dass wir zufälligerweise fünf Tage vor einer Landtagswahl in Oberösterreich hier heute eine Aktuelle Stunde der FPÖ haben, in der wir ihr Lieblingsthema diskutieren? – Asyl, Ausländer, Angst. (Abg. Kickl: Sie sind zu Wort gemeldet! Um Gottes willen!)
Sie merken, dass Sie mit Ihrer komplett destruktiven Coronapolitik komplett im Eck stehen, dass hier alle anderen Parteien gemeinsam – übrigens gemeinsam mit der Wissenschaft – einer Meinung sind (Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Belakowitsch), nämlich dass die Impfung der Weg aus der Pandemie ist. (Abg. Kickl: ... einer Meinung ...!) Und weil Sie merken, wie die Umfragen in Oberösterreich in den Keller gehen (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), weil Sie merken, wie der Unmut größer wird (Beifall bei den NEOS), ziehen Sie die einzige Karte, die Sie wirklich können: Ängste schüren und spalten. (Abg. Kickl: In der DDR waren auch alle Parteien einer Meinung! – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Sie profitieren nämlich davon, wenn die Probleme groß sind und nicht die Lösungen. (Abg. Belakowitsch: Einheits...!)
Sie gießen Öl in tatsächlich bestehende Brandherde, aber Sie sind nicht ansatzweise daran interessiert, diese Brände zu löschen, denn das ist Ihr Geschäft: Sie leben von der Angst! Ohne Angst keine Stimmen. Sie sind also, wenn man so will, ein Brandmelder für die Brände, die es gibt, aber Sie sind keine gute Feuerwehr, weil Sie die Brände nicht löschen wollen. Sie wollen die Probleme nicht lösen, Sie wollen sie größer machen. (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Was wir brauchen, sind Politikerinnen und Politiker, die im ersten Satz die Probleme benennen, im zweiten Satz aber über die Lösungen reden; und die Lösungen werden nicht sein, wie FPÖ und ÖVP fordern: alle Ausländer raus, Stacheldraht rund um Österreich. – Na, auf komplizierte Probleme braucht es auch einmal komplexere Antworten! (Zwischenruf der Abg. Fürst.)
Man darf aber nicht nur Sie in die Pflicht nehmen, sondern auch linke Parteien tragen eine Mitverantwortung, weil jahrzehntelang weggeschaut wurde – in Wien, in Wels, in Linz. Ich bin der Überzeugung, dass man, wenn man die Integrationspolitik links liegen lässt, erst recht die Probleme von rechts bekommt.
Ich möchte heute aber ein explizites Angebot machen, ein Angebot von uns NEOS an Sie, verehrte Wählerinnen und Wähler, die ÖVP oder FPÖ wählen möchten, die vielleicht schon einmal ÖVP oder FPÖ gewählt haben, weil ich der Überzeugung bin, dass die allermeisten von Ihnen ja ein tatsächliches Interesse haben, dass ihnen die Ängste genommen und dass ihre Probleme gelöst werden. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich bin überzeugt, dass Sie, wenn Sie FPÖ wählen, weil in Wels der Ausländeranteil in der Volksschule Ihrer Tochter zu hoch ist, doch wollen, dass es zu einer besseren Durchmischung kommt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wenn Sie ÖVP wählen, weil Sie Angst vor einer neuen Fluchtbewegung haben, dann wollen Sie doch, dass sich Österreich auf EU-Ebene für ein moderneres und sicheres Asylrecht einsetzt, und wenn Sie eine rechte Partei wählen, weil Sie wollen, dass zu uns kommende Menschen unsere Werte akzeptieren, unsere Werte leben, dann wollen Sie doch, dass Werte- und Orientierungskurse ausgebaut werden. Ich will mit Ihnen also darüber sprechen, was wir tatsächlich tun müssten, um nach Österreich geflüchtete Menschen besser zu integrieren, und ich möchte mit Ihnen darüber sprechen, was ÖVP und FPÖ in Regierungsverantwortung tatsächlich gemacht haben.
Wir müssen erstens das Integrationsjahr stärken. Was ist das? – Bis 2017 fand unter dem Integrationsjahr ein Bündel an Einzelmaßnahmen statt – Bewerbungs-, Arbeitstrainings, Werteorientierungskurse, Kompetenzanalysen und vieles mehr. Das war so wichtig und so sinnvoll. – ÖVP und FPÖ haben es im Jahr 2017 finanziell ausbluten lassen.
Wir bräuchten zweitens endlich einen echten Chancenindex in Schulen. Das fördert nämlich wirklich soziale Durchmischung und verhindert Parallelklassen. Was haben ÖVP und FPÖ gemacht? – Sie haben sogenannte Deutschförderklassen eingeführt, die eigentlich das Gegenteil von dem bewirken, was der Name sagt. Fast alle Expertinnen und Experten haben das als nicht treffsicher kritisiert. Echte Reformen: Fehlanzeige.
Wir müssen uns natürlich auch integrationshemmende Milieus anschauen. Wir wissen aus Studien, dass es zum Beispiel in bestimmten ethnischen Milieus sehr antiwestliche, frauenverachtende und illiberale Haltungen gibt. Wir müssen in diese Communitys reingehen, mit Jugendarbeiterinnen und -arbeitern, mit Deradikalisierungsexperten, und die jungen Menschen dort abholen, wo sie sind.
Was macht die ÖVP-Integrationsministerin? – Sie hält Pressekonferenzen ab, in denen sie MuslimInnen und bestimmte ethnischen Minderheiten unter Generalverdacht stellt, Stichwort Islamlandkarte.
Das waren jetzt nur drei Beispiele. Ich könnte diese Liste endlos fortführen. Sehr geehrte Damen und Herren, ich will Ihnen aufzeigen – insbesondere jenen, die ÖVP und FPÖ gewählt haben, denn ich bin der Überzeugung, dass die allermeisten wollen, dass die Probleme, die sie anprangern, gelöst werden –, dass diese Parteien nicht ansatzweise daran interessiert sind, Ihre Probleme zu lösen. Das Gegenteil ist in der Regel der Fall. (Beifall bei den NEOS.)
Wir als NEOS stehen für eine echte, lösungsorientierte und sachliche Politik der Mitte, die nicht wegschaut, die die Probleme benennt (Abg. Belakowitsch: Haben wir jetzt gerade gehört ...!), Klartext spricht, aber diese Probleme eben auch löst, die nicht Öl ins Feuer gießt, sondern Brände stilllegt und, um in diesem Sprachbild zu bleiben, eben kein Brandbeschleuniger ist, sondern eine Feuerwehr für die Brandherde.
Eine solche Politik kann man übrigens – in diesem Wahlkampfgetöse sei mir das abschließend erlaubt zu sagen – am 26.9. in Oberösterreich erstmals in den Landtag wählen. Dort braucht es in vielen Politikbereichen einen neuen Zugang, insbesondere aber in der Integrationspolitik. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)
10.25
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.