15.31
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Minister und Ministerinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lukas ist heute 16 Jahre alt, er ist Erstwähler. Lukas ist Sohn einer alleinerziehenden Mutter. Im Jahr 2016/17 war er – rechnen Sie mit mir gemeinsam zurück – 11 Jahre alt, er ging in eine Neue Mittelschule. Seine Mutter arbeitet ganztägig.
In diesem Jahr 2016 wird nach Jahren des Stillstands in der damaligen rot-schwarzen Koalition eine echte Megareform verhandelt: mehr als 1 Milliarde Euro mehr für Nachmittagsbetreuung mit Rechtsanspruch. Lukas, seine Mutter, seine Familie hätten davon profitiert, real, im echten Leben. Dann kommt 2016 ein 29-jähriger ÖVP-Politiker, der bereit ist, alles zu zerschießen, was seinem Erfolg im Weg steht. Weil der Ausbau der Nachmittagsbetreuung dem Vorgänger von Kurz, Reinhold Mitterlehner, Aufwind gegeben hätte, aber Kurz und seine Prätorianergarde, wie Thomas Schmid sie beschreibt – also die Gefolgschaft von Kurz, die Leibwächter sozusagen –, zu allem bereit waren, was Mitterlehner schadet und damit Kurz nützt, haben sie den Kompromiss zur Nachmittagsbetreuung zerschossen.
Wir haben es heute schon oft diskutiert, ich möchte Ihnen das noch einmal zeigen, um es vor allem Ihnen, liebe Zuseherinnen und Zuseher, sichtbar zu machen. (Der Redner hält ein Plakat, auf dem Chats zwischen Thomas Schmid und Sebastian Kurz vergrößert abgebildet sind, in die Höhe.)
Thomas Schmid schreibt dabei im Jahr 2016 an Sebastian Kurz: Einigung bei der Nachmittagsbetreuung: 1,2 Milliarden Euro. – Der damalige Noch-nicht-ÖVP-Parteichef antwortet: „Gar nicht gut!!!“ – Drei Rufzeichen! „Wie kannst du das aufhalten?“ (Abg. Ofenauer: Lesen Sie vollständig vor, das war nicht alles!) Ich frage Sie, und ich weiß, dass auch in der Volkspartei sehr viele vernünftige Menschen sind: Was, glauben Sie, macht das mit Lukas und was macht das mit seiner Mutter, wenn die heute lesen müssen, dass damals Politiker am Werk waren, die nicht das Beste für Österreich im Sinn hatten, sondern nur die eigene Macht? – Fragen Sie sich das einmal! (Beifall bei den NEOS.)
Sie haben die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger geschädigt, um sich und ihre Partei mit Macht und mit Posten zu bereichern. 2017 haben wir alle miterlebt, wie eine junge und scheinbar frische Gruppe mit türkis gefärbten Versprechungen geworben hat. Gespielter Aufbruch wurde kombiniert mit der Rede von einem neuen Stil. Auch viele junge Wählerinnen und Wähler haben diese Erzählung geglaubt, sie haben den Türkisen das Vertrauen geschenkt. Vermutlich waren viele dieser heldenhaft dargestellten Personen auf den Plakaten ein Vorbild für viele junge Menschen. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, welches Bild Sie bei einer ganzen Generation junger Menschen verursacht haben, welches Bild Sie von der Politik zeichnen, welchen immensen Schaden Sie nachhaltig verursacht haben? Haben Sie darüber einmal nachgedacht? (Beifall bei den NEOS.)
Unabhängig vom vermutlich größten Korruptionsskandal der Zweiten Republik waren die letzten Monate für alle jungen Menschen, die der türkisen Volkspartei ihr Vertrauen geschenkt haben, eine ganz, ganz bittere Pille. Sie wurden getäuscht und sie wurden für blöd verkauft. Erstens: Im Zuge der Pandemiebekämpfung wurden die jungen Menschen über ein Jahr lang nicht gehört. Konkretes Beispiel: Nennen Sie mir die Sofortmaßnahmen für die psychische Gesundheit von jungen Menschen! Zweitens: Sie mussten sich vom Kanzler, Ex-Kanzler, anhören, dass Klimaschutz als Weg in die Steinzeit verstanden wird. Auch da passiert nichts. Das als ökologische Steuerreform zu bezeichnen ist, gelinde gesagt, ein Witz. Sie mussten generell zusehen, wie echte Lösungen stets Inszenierung und Kurzsichtigkeit geopfert wurden, zum Beispiel: Statt einer echten, vernünftigen Integrationspolitik gab es Showpolitik wie die Islamlandkarte.
Mir ist es wichtig, zu sagen, dass diese Tiefpunkte nicht auf eine Person zurückgehen. Wir machen es uns nicht so einfach, zu sagen, Kurz muss weg und damit ist es erledigt. Personen sind austauschbar, aber dieser politische Stil geht auf ein System zurück, auf ein türkises System. Blümel, Köstinger, Nehammer, Raab, Schramböck: Das sind ja keine Politikerinnen und Politiker mit eigenständigem Handlungsspielraum, sie sind Exekutoren eines türkisen Systems. Sie sind, wie Thomas Schmid es nennt, die Prätorianer, also die Leibgarde des Kaisers, ihres Parteichefs.
Wir haben heute schon glasklar gesagt, solange das System Kurz, solange das türkise System in der Regierung bleibt, wird es keinen echten Neustart in Österreich geben. Diese unglaubliche Skrupellosigkeit macht einen sprachlos und wütend. Das Versagen dieser Männer, wenn es darum geht, als Vorbild für junge Menschen zu agieren und für sie zu arbeiten, ist verheerend. Ihre Arroganz, ihre Überheblichkeit, ihre Machtgeilheit sind ein Schlag ins Gesicht vor allem der jungen Menschen in Österreich. (Beifall bei den NEOS.)
Deswegen werden wir als Opposition – ich kann jetzt einmal für uns NEOS sprechen – nicht zur Tagesordnung übergehen und Ihnen das so durchgehen lassen. Wir werden Stück für Stück daran arbeiten, dass dieses türkise System ein Ende finden wird. Ich möchte abschließend vor allem an die jungen Wählerinnen und Wähler, die jungen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die nun enttäuscht zurückbleiben, vielleicht auch einmal das Kreuz bei Sebastian Kurz gemacht haben, appellieren und sie darauf hinweisen, dass es auch Alternativen dazu gibt, nicht nur bei uns NEOS. Es gibt in jeder Partei anständige Menschen (Zwischenruf bei der ÖVP), es gibt anständige Parteien und anständige Politikerinnen und Politiker in jeder Partei, davon bin ich überzeugt. Also ich will an Sie appellieren und Ihnen sagen: Bleiben Sie nicht enttäuscht zurück! Vielleicht nehmen Sie das ja auch als Anlass, sich politisch zu engagieren und etwas in diesem Land zu verändern? (Beifall bei den NEOS.)
Um es mit den Worten des Bundespräsidenten zu sagen: „So sind wir nicht!“ Wir sind zumindest nicht alle so. (Abg. Michael Hammer: So wie ihr wollen wir eh nicht sein!)
Abschließend möchte ich Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament, aber auch Sie, Herr Finanzminister, daran erinnern, worauf wir Abgeordnete und Sie als Bundesminister vereidigt sind. Wir haben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung unserer Pflichten gelobt. Das sollten Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei aller Parteitreue niemals vergessen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
15.38
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Christian Hafenecker. – Bitte, Herr Abgeordneter.