15.38

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Hohes Haus! Ich möchte am Beginn meiner Rede ganz kurz auf Kollegen Obernosterer replizieren, der ja immer wieder die Unschuldsvermutung explizit heraus­gestrichen hat. Herr Kollege Obernosterer! Legen Sie doch bitte trotzdem Ihre eigene Messlatte an und überlegen Sie, dass Ihr ehemaliger Regierungschef nach Ibiza gesagt hat, er möchte nicht mit Regierungsmitgliedern regieren, gegen die ermittelt wird!

Schauen wir uns jetzt einmal an, wer da auf den Regierungsbänken herumsitzt, und wiederholen Sie dann noch einmal die Latte, die Sie gelegt haben! Herr Kollege Obernosterer, richten Sie es sich nicht immer, wie Sie es brauchen! Kommen Sie uns jetzt nicht immer mit der Unschuldsvermutung, sondern gehen Sie endlich einmal davon aus, dass Sie in Ihrer türkisen Partie eine massive moralische Schuld in sich tragen! Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis und agieren Sie auch dementsprechend! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es stellt sich aber trotzdem die Frage, warum die Regierung – ich habe es heute schon einmal gesagt, die Regierung ist auf Fetzen hin – noch weiterwurschtelt. Ich kann Ihnen sagen, warum das passiert: Ganz einfach deshalb, weil es zwei Interessenlagen gibt: Zum einen ist die Interessenlage der ÖVP da, die die nächsten Tage und Wochen noch dazu nutzen möchte, Beweismittel zu unterdrücken, die die Zeit dazu nützen möchte, die Schredderanlagen anzuwerfen. Eines sage ich Ihnen: Wenn wir hier im Hohen Haus, im Parlament, und auch sonst in Wien immer wieder Lichtschwankungen haben, so ist der Zeitpunkt, wenn es flackert, immer jener, zu dem wieder irgendein Ministerium der ÖVP den Schredder anwirft. Das ist es, was wir gerade miterleben, und das ist der Grund dafür, dass Sie überhaupt noch weitertun. (Beifall bei der FPÖ. Heiterkeit der Abg. Belakowitsch.)

Auf der anderen Seite steht der ehemalige Anstand, zumindest hatten Sie diesen auf Ihren Wahlplakaten stehen. Na, was machen die Grünen in dieser Phase? – Bis vor Kurzem saß Ministerin Gewessler da, die macht nach dem Motto weiter, mit dem sie begonnen hat: Sie färbt noch schnell das Ministerium auf Grün um und schaut, dass man noch den einen oder anderen Grünen, den man noch unterbringen muss, irgendwo mit einem Job entsprechend versorgen kann. Das ist der einzige Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren, warum Sie beide überhaupt noch miteinander herum­wurschteln. Sie applaudieren sich wechselseitig nicht einmal mehr. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Es ist wirklich ganz kurz vor dem Nullpunkt bei Ihnen, und jetzt folgt einfach nur jeder seinen Interessenlagen nach. Das ist die Wahrheit.

Jetzt aber auch zu Herrn Finanzminister Kurz – zu Herrn Finanzminister Blümel; Ver­zeihung, man weiß ja gar nicht, welche Positionen Herr Kurz momentan wieder innehat. Klubobmann soll er irgendwann werden, und ich gehe davon aus, dass er im nächsten Untersuchungsausschuss wahrscheinlich auch noch Kollegen Hanger als Fraktionsfüh­rer beerben wird. Das sei jetzt einmal aber nur so nebenbei gesagt.

Herr Minister Blümel: Er repräsentiert dieses System Kurz schon sehr, sehr lange, und er ist auch einer, der ganz eng mit ihm verbunden ist. Auch wenn er hin und wieder 86 Erinnerungslücken hat, ist eines klar: Er war von Anfang an dabei. Genau deswegen, Herr Kollege Kopf, rechtfertigt sich dieser Misstrauensantrag seitens der SPÖ ganz klar, weil Herr Minister Blümel eines immer gemacht hat: Er hat versucht, das Parlament zu hintertreiben, er hat versucht, Aufklärungsarbeit zu behindern. Das hat er im Unter­suchungsausschuss gemacht.

Er hat noch einiges gemacht: Er hat dafür gesorgt, dass die potenziellen Spender von Novomatic die richtigen Kontakte in der ÖVP bekommen haben – Stichwort Italienprob­lem, Stichwort Parteispende –, und das, obwohl die ÖVP von Glücksspielunternehmen, Waffenproduzenten oder aus der Tabaklobby natürlich keine Spenden annimmt. Es ist interessant, welche Rolle er da gespielt hat.

Es hat seitens der Grünen auch geheißen, es müsse ein Bundeskanzler sein, „der unta­delig ist“. – Also wo ist das Untadeligsein bei Herrn Minister Blümel, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen? Auf der einen Seite stellen Sie sich heraus und erklären, was Herr Bundesminister Blümel alles gemacht hat, auf der anderen Seite werden Sie ihn jetzt gleich noch einmal, zum 174. Mal, im Amt belassen und stützen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Doppelmoral. Herr Vizekanzler Kogler! Auch wenn man jemandem die Räuberleiter macht, ist man am Ende des Tages jemand, der bei einer Unredlichkeit mitgeholfen hat, und man ist vor allem eines: Man ist mitschuldig.

Es ist also so, dass wir, glaube ich, Tausende Gründe dafür haben, warum Herr Bun­desminister Blümel sein Amt verlassen muss. Vielleicht noch eines: Sein Umgang mit dem Parlament ist so ähnlich wie der seines ehemaligen Regierungschefs. Das sieht man, wenn man sich überlegt, wie uns Herr Minister Blümel im Untersuchungsausschuss mit Aktenlieferungen der Stufe 3 hinters Licht zu führen versucht hat, wenn man weiß, wie er das Parlament dadurch verhöhnt hat, dass er Akten angeliefert hat, die an Gewicht so schwer gewesen sind, dass es statische Probleme in der Registratur des Parlaments gegeben hat.

Herr Finanzminister! Sie haben uns mit Papier zugemüllt, von dem Sie ganz genau gewusst haben, das liefern Sie in Stufe 3, damit es nur in Papierform kommen kann. Das Parlament musste umgebaut werden, es haben eigene Träger eingezogen werden müssen, damit wir den Müll von Finanzminister Blümel (Abg. Gerstl: Das ist unglaub­lich!) im Parlament lagern konnten. Das wird eine Frage sein, Herr Minister, wie hohe Kosten Sie dadurch verursacht haben, nur weil Sie den Untersuchungsausschuss sabo­tie­ren wollten. Noch einmal, Herr Kollege Kopf: Das sind die Gründe, warum ein Miss­trauensantrag mehr als nur gerechtfertigt ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Am Ende steht eben eine handlungsunfähige Regierung, aber ein handlungsfähiges Parlament. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist auch der Grund, warum wir einen Entschließungsantrag einbringen, der wiederum einen Teil dieses Systems Kurz beenden soll, das ist der Grund, warum ich den Antrag der Abgeordneten Kickl, Belakowitsch und weiterer Kollegen zum Thema „Inseratenstopp für das System Türkis“ einbringe. Genau diese Inserate gehören gestoppt, genau diese Grundlage des Arbei­tens gehört abgedreht.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Inseratenstopp für das System Türkis“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche Regierungsausgaben für Werbung und Inserate durch folgende Maß­nahmen stark begrenzt:

- Kostendeckel: Regierungsinserate dürfen die Höhe der staatlichen Presseförderung nicht überschreiten.

- Transparenz: Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Vergabe mit dem Ziel, dass jedes die Grundvoraussetzungen erfüllende Medium das Anrecht hat – anteilig an seiner Reichweite – Inserate zu schalten.

- Kontrolle: Die Bundesregierung hat dem Nationalrat jährlich einen Evaluierungsbericht zuzuleiten, der offenlegt, inwieweit durch die Informationspolitik eine größtmögliche Zahl der Bürger erreicht wurde.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Grüne! Das wäre wiederum ein Schritt, um die von Ihnen vielzitierte Transparenz und um den oftmals schon viel zu stark be­mühten Anstand hier zur Schau zu stellen und zu beweisen, dass Sie es ehrlich meinen. Wenn Sie das wiederum nicht machen und wenn Sie nicht auch diesen Minister mit aus dem Amt entfernen, der ein massiver Teil des Systems von Sebastian Kurz ist, der einer der Miterfinder dieses Systems ist, für das sich Österreich jetzt international genieren muss, dann, liebe Grüne, muss man sich maximal für Sie genieren. Machen Sie Nägel mit Köpfen und zeigen Sie einmal Mut! (Beifall bei der FPÖ.)

15.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Kickl, Dr. Dagmar Belakowitsch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Inseratenstopp für das System Türkis

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage betreffend „„System Kurz“ – Missbrauch von Steuergeld zu persönlichen Zwecken und schwerwiegende Korrup­tions­vorwürfe“ in der 124. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 12. Oktober 2021

Bereits 2020 sorgten die immens hohen Ausgaben der Regierung für Inserate und Werbung für Aufsehen. Die Bundesregierung warb um rund 47,3 Millionen Euro, wie von der RTR ausgewiesenen Medientransparenzdaten zeigen:

Bildquelle: derstandard.at1

Gegenüber 2019 bedeutete das mehr als eine Verdreifachung der Werbeausgaben. Die Inserate und Kampagnen der Regierung übersteigen damit die staatliche Presseför­de­rung (rund 8,9 Millionen Euro/Jahr) um ein Vielfaches – allein das Bundeskanzleramt gab nur im ersten Quartal 2021 bereits mehr als 8,9 Millionen Euro aus:

Bildquelle: medien-transparenz.at2

Um die Stellung als größter Werbekunde des Landes zu sichern, schloss die türkis-grüne Bundesregierung zudem 2021 über die Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) Rahmenverträge über 180 Millionen Euro3 für vier Jahre für Mediaagenturleistungen sowie 30 Millionen4 für vier Jahre Kreativagenturleistungen ab.5

Eine Studie des Medienhauses Wien6 nahm vorweg, was durch die Hausdurch­suchungs­­anordnung7 betreffend das persönliche Umfeld von Sebastian Kurz offenkundig wurde: „Aus Forschungssicht müssen wegen der sehr intransparenten, willkürlichen Insera­ten­vergabe der Bundesregierung „Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Ein­fluss­nahme“, wie sie von der EU-Kommission in ihrem „Rechtsstaatlichkeitsbericht“ zu Österreich formuliert wurden, geteilt werden.“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, welche Regierungsausgaben für Werbung und Inserate durch folgende Maßnah­men stark begrenzt:

•           Kostendeckel: Regierungsinserate dürfen die Höhe der staatlichen Presseförde­rung nicht überschreiten.

•           Transparenz: Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Vergabe mit dem Ziel, dass jedes die Grundvoraussetzungen erfüllende Medium das Anrecht hat – anteilig an seiner Reichweite – Inserate zu schalten.

•           Kontrolle: Die Bundesregierung hat dem Nationalrat jährlich einen Evaluie­rungs­bericht zuzuleiten, der offenlegt, inwieweit durch die Informationspolitik eine größtmög­liche Zahl der Bürger erreicht wurde.“

1 https://www.derstandard.at/story/2000122529737/ausgaben-fuer-regierungswerbung-auf-rekordhoch

2 https://www.medien-transparenz.at/flows

3 https://offenevergaben.at/auftr%C3%A4ge/91628

4 https://offenevergaben.at/auftr%C3%A4ge/88789

5 https://www.unzensuriert.at/content/117009-mitten-in-der-corona-krise-regierung-will-kuenftig-180-millionen-euro-fuer-inserate-und-werbung-ausgeben/

6 http://mhw.at/cgi-bin/file.pl?id=535

7 https://www.tagesstimme.com/2021/10/06/dokumentiert-das-ist-der-hausdurchsuchungsbefehl-gegen-kurz-und-oevp

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Christian Drobits. – Bitte, Herr Abgeordneter.