10.30

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Ja, Herr Finanzminister, und das ist heute schon ganz oft auch in den Reden meiner Vorredner erwähnt worden, es heißt immer: Auf diesem Budget steht „Zukunft“ drauf.

Don’t judge a book by its cover!, heißt es immer, aber wir haben nachgeschaut, wir haben nachgerechnet, wir haben auch ganz genau geschaut – füge ich hinzu, mich auf die Worte von Kollegen Haubner beziehend –, und wir konnten nur feststellen: Es ist in die­sem Paket keine Zukunft drinnen! Es ist wieder ein Budget auf Kosten der nächsten Generation, und es ist wieder ein Budget, das einfach uninspiriert und mutlos daher­kommt.

Warum sage ich das? – Weil es einfach drei wichtige Punkte gibt, die Sie von uns NEOS immer hören: Es fehlen die Strukturreformen – ein ganz, ganz wichtiger erster Punkt –, es sind keine enthalten. Zweitens: Der Schuldenrucksack wächst einfach weiter, und auch da wird nichts getan. Und, drittens, diese angeblich größte Steuerreform aller Zei­ten ist ein Schmäh. Sie entlastet weder die Menschen, noch wird sie uns den Klimazielen näherbringen. – Statt eines Neustarts haben wir halt eine gewohnt uninspirierte Haus­haltsplanung.

Ich möchte aber auf die drei Punkte noch einmal genauer eingehen. Ich fange mit dem Reformstau an. Es geht dabei um die üblichen Reformen, die wir alle fordern und die auch alle Experten immer fordern, und ich starte wie immer mit der Pensionsreform: Ein Drittel des Bundeshaushalts ist in Form von Zuschüssen zu den Pensionen gebunden, und da muss endlich der Kopf aus dem Sand genommen werden. Da muss einfach end­lich etwas getan werden, und es geht darum, dass das faktische Pensionsalter endlich angehoben wird. (Beifall bei den NEOS.)

Föderalismusreform: Wir geben für die falschen Dinge viel zu viel Geld aus, weil Sie es nicht schaffen, Aufgaben-, Einnahmen- und Ausgabenverantwortung auf Gemeinde-, Länder- und Bundesebene zu entflechten. Das kostet nicht nur wahnsinnig viel Geld, es ist ineffizient und – man muss es in diesen Tagen sagen – es gefährdet Leben.

Die vielleicht wichtigste Zukunftsreform betrifft die Bildung. Weil ich gerade auch den Besuch aus der Schweiz hier sehe: In der Schweiz nimmt das Bildungsbudget 16,5 Pro­zent des Budgets ein – in Österreich sind es weniger als 10 Prozent. Es wird zwar immer ein bisschen erhöht, aber auch da schaut offenbar keiner genau rein, denn: Was erhöht wird, das sind die Lehrergehälter – das ist natürlich angemessen, aber damit ändert sich einfach nichts in einer Schulklasse. Auch das gehört endlich geändert. (Beifall bei den NEOS.)

Kommen wir zu meinem zweiten Punkt, dem Schuldenrucksack: Dieser Reformstau, der über die letzten Jahrzehnte – muss man schon fast sagen – entstanden ist, blockiert einfach das Budget. Es wird hier etwas festgezurrt, was die Bewegungsfreiheit in der Zukunft vollkommen einschränkt. Das ist wirklich schlecht und das gehört angegangen.

Zusätzlich zu dieser Erstarrung des Budgets, die wir schon vorfinden, haben wir jetzt einmal über 60 Milliarden Euro für die Krise ausgegeben. Über 60 Milliarden Euro wur­den bis jetzt ausgegeben! Das wurde einfach bei den Schulden angehäuft. Und was jetzt dazukommt – weil dieser Sommer wieder nicht genutzt wurde, weil die Menschen wieder nicht zum Impfen gebracht worden sind –: Jetzt haben wir die nächste – vierte – Welle. Ja, ich würde mich freuen, wenn wir mit diesen 5 Milliarden Euro, die in diesem Budget enthalten sind, im nächsten Jahr auskommen würden, aber – ich bin da beim Kollegen Fuchs – ich glaube, das wird sich wahrscheinlich nicht ausgehen. Also wer zahlt für diese vollkommene Säumigkeit der Bundesregierung? – Der Steuerzahler, denn der badet es aus, und ich muss Ihnen wirklich sagen, ich würde Sie gerne in den Privatkonkurs schi­cken. (Beifall bei den NEOS.)

Dann haben wir noch den dritten Punkt, das ist die ökologische Steuerreform. Diese ist – das haben wir auch schon mehrmals gesagt – weder ökologisch, Kollege Schwarz, noch ist es eine wirkliche Steuerreform, denn eine solche sollte ja die Menschen entlasten. Was es geworden ist, ist ein bisschen eine Tarifreform – wir finden die Senkung der Tarife übrigens gut, Kollege Schwarz –, aber es ist vor allem ganz viel Subventionspopu­lismus drinnen. Von diesen 18 Milliarden Euro sind 10 Milliarden Subventionen, die über Klimaboni und Co ausgegeben werden, und das hat nichts mit einer Entlastung der Men­schen in diesem Land zu tun. (Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Was wäre also zu tun? – Den arbeitenden Menschen muss in Österreich einfach mehr Geld in der Tasche bleiben. Im EU-Vergleich – meine Damen und Herren, hören Sie sich das wirklich an! – ist jenes Land, wo den Menschen von ihrem hart verdienten Bruttolohn dann netto am drittwenigsten im Geldbörserl bleibt, Österreich, unsere Heimat. Das ist das, was Sie und wir jedes Jahr zahlen.

Warum ist das so? – Weil eine ganz, ganz zentrale Forderung – Herr Finanzminister, ich schaue Sie jetzt wirklich an, ich schaue auch in Richtung von Herrn Vizekanzler Kogler, der aber gerade nicht da ist – bis jetzt nicht erfüllt wurde. Worum geht es? – Es geht um die Abschaffung der kalten Progression. Würden wir das endlich in den Griff bekommen, dann wäre schon viel geholfen. (Beifall bei den NEOS.)

Weil es geheißen hat, wir finden all die Reformen, die für den Wirtschaftsstandort ge­macht wurden, nicht gut: Wir finden die KöSt-Senkung gut, wir finden es auch gut, dass es einen Gewinnfreibetrag gibt, und auch der Investitionsfreibetrag ist absolut in Ord­nung – das unterstützen wir. Was es aber doch wirklich braucht, meine Damen und Herren – und das wissen all jene von Ihnen, die tagtäglich mit Unternehmerinnen und Unternehmern reden, auch –, ist eine Senkung der Lohnnebenkosten, und die fehlt. (Bei­fall bei den NEOS.)

Nur zum Vergleich: In Deutschland zahlt man 7 Prozent weniger Lohnnebenkosten als in Österreich – das ist Ihr konkurrenzfähiger Wirtschaftsstandort.

Dass wir den Kapitalmarkt attraktivieren müssen, haben wir schon gehört, aber ich möchte auch noch einen letzten Satz zur CO2-Bepreisung sagen – denn mit dem, was da passiert, wird den Menschen wirklich Sand in die Augen gestreut –: Mit diesem Re­förmchen, mit diesen 30 Euro, die da auf den Weg gebracht werden, werden wir den Klimapfad nie erreichen. Die Klimaziele werden nicht erreicht werden und, ja, irgend­wann werden dann die Milliarden an Strafen drohen – 9 Milliarden Euro pro Jahr, das ist das, was auf der Liste steht –, und dann werden wir wahrscheinlich wieder große Augen machen. Und wer wird es zahlen? – Der Steuerzahler.

Wir NEOS haben ein Konzept vorgelegt, laut dem wir das Wirrwarr an Energiesteuern einfach abschaffen würden und einen wirklich transparenten CO2-Preis nach vorne brin­gen würden; das Ganze aufkommensneutral, möchte ich dazusagen – durchgerechnet –, indem man die Steuern, die Abgaben und die Nebenkosten auf Einkommen drastisch reduziert. Das wäre ein sehr, sehr guter Schritt und aus meiner Sicht immer noch das beste Konzept, das diesbezüglich in Österreich jemals vorgelegt worden ist.

Vielleicht zum Abschluss, Herr Finanzminister: Das ist jetzt Ihr drittes Budget. Im Mai 2020 durfte ich Ihnen einen Kübel überreichen, denn Sie haben selber gesagt, das Budget ist zum Wegwerfen. Im Herbst 2020 – das war dann das Budget für 2021 – haben Sie sich geweigert, das Papier an die Zahlen, die damals vom Wifo kommuniziert worden sind, anzupassen. Jetzt haben wir wieder ein Budget, das ziemlich sicher nicht halten wird, weil die Regierung die Bekämpfung der Pandemie im Sommer verschlafen hat. Es wird also wieder nicht halten.

Abschließend – und ich habe das schon öfter gesagt –: Diese Bundesregierung ist wirk­lich ein Weltmeister im Ankündigen, aber ein vollkommenes Armutschkerl im Umset­zen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Finanzminister. Bei ihm steht das Wort. – Bitte.