11.25

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Was bringt das kommende Jahr? Wir sehen es, wenn wir einen Blick ins Budget 2022 werfen, denn da sehen wir, wofür es Geld gibt und wofür es kein Geld gibt, oder besser, wer zur Kasse gebeten wird und wer profitiert.

In Österreich kommen 85 Prozent der Steuereinnahmen aus Arbeit und Konsum – also durch jeden von uns, wenn er arbeiten geht oder sich einen Kaffee kauft – und nur circa 15 Prozent durch Steuern auf Gewinne und Vermögen. In kaum einem anderen Land ist diese Steuerstruktur so schief wie in Österreich – 85 Prozent Steuern auf Arbeit und Konsum, nur 15 auf Gewinne und Vermögen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Doch anstatt jetzt herzugehen und zu sagen: Wir entlasten arbeitende Menschen!, verschiebt die Bun­desregierung dieses Ungleichgewicht noch einmal mehr zugunsten der Vermögenden und Konzerne in diesem Land – für die senken Sie nämlich die Gewinnsteuer, und da­durch fehlt uns circa 1 Milliarde Euro pro Jahr.

Das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden Angestellten, für jede Arbeiterin, die täglich ihre Arbeit verrichten, ein kleines oder durchschnittliches Einkommen beziehen und immer, immer größere Teile des Sozialstaats finanzieren müssen. Das ist nicht gerecht. (Beifall bei der SPÖ.)

Welches Budget hätten wir aber gebraucht? – Eines, das echte Weichen für die Zukunft stellt und einen Schwerpunkt im Gesundheitsbereich setzt. Wir reden jeden Tag darüber, dass wir zu wenig Gesundheitspersonal haben, dass das Personal überlastet ist, dass sich die Intensivstationen füllen, dass die Betten nicht reichen, und auch vor Corona hat es ja oft schon monatelang gedauert, wenn man einen Arzttermin gebraucht hat.

Und was steht jetzt im Budget, Herr Finanzminister? – 130 Millionen Euro weniger als im Vorjahr für die Krankenhäuser! Das versteht niemand. Das verstehe auch ich nicht. Das macht keinen Sinn. Wir brauchen ein Budget, das allen die bestmögliche medizinische Versorgung bietet, und endlich fair bezahltes Personal, Solidarität mit allen, die in den letzten Wochen auf die Straße gegangen sind und für faire Arbeitsbedingungen ge­kämpft haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen auch ein Budget, das endlich eine klare Ansage bei der Kinderbetreuung macht, eine flächendeckende qualitative Kinderbetreuung mit Öffnungszeiten, die end­lich auch mit einem 8-Stunden-Tag, mit einem Vollzeitjob vereinbar sind. Dann gibt es erst die wirkliche Wahlfreiheit für Frauen: Bleibe ich zu Hause beim Kind oder gehe ich arbeiten? – Die gibt es jetzt nicht. Die wird den Frauen im Land genommen. Das wäre eine Zukunftsansage gewesen, doch genau dieses Projekt hat Sebastian Kurz ja be­wusst verhindert und verhindert es bis heute.

Gerade hat ja mein Vorredner erklärt: Das System Kurz ist nach wie vor da! – Ja super, das bedeutet nur, dass wir in diesem Land leider keine flächendeckende Kinderbetreu­ung haben. (Abg. Baumgartner: Das stimmt ja nicht! – Zwischenruf der Abg. Diesner-Wais.) Was wir brauchen, wäre auch ein echter Green New Deal, eine sozial gerech­te Transformation hin zum klimafreundlichen Leben, mit einer CO2-neutralen Produk­tion und Industrie, wodurch Zehntausende neue Jobs entstehen würden, und natürlich auch eine sozial gerechte Energiepolitik, was bedeutet, dass die Haushalte Zuschüsse brauchen, zum Beispiel jetzt im Winter, wenn die Energiekosten steigen. Es soll doch bitte niemand mitten in einem der reichsten Länder der Welt in einer kalten Wohnung sitzen! (Beifall bei der SPÖ.)

Für all das, für all diese Zukunftsversprechen braucht es natürlich Investitionen, das ist klar, aber das sind Investitionen, die im Übrigen allen zugutekommen. Investitionen in die soziale Infrastruktur haben immer eine positive Verteilungswirkung, ganz im Gegen­satz zu diesen Gewinnsteuern, die Sie für Ihre Freunde senken – davon profitieren nicht alle, die kommen nicht allen zugute.

Da sehen Sie – und ich komme zum Fazit –, wo sich dieses Budget spießt: Auch wenn es natürlich ein paar lobenswerte Punkte gibt, ist es insgesamt ein Budget, das dazu führen wird, dass Besserverdienern mehr bleibt und Geringverdienern, die es ohnehin schon schwer haben, weniger, und das schadet dann letztlich uns allen gemeinsam. (Abg. Haubner: Das stimmt aber nicht!)

Wir wissen aber, dass ein anderes Budget möglich wäre. Dafür bringen wir heute noch viele, viele Anträge ein. Stimmen Sie mit! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.30

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.