16.39

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Die Lage ist äußerst ernst. Es sind heute 10 363 Positivtestungen zu verzeichnen. Die Siebentageinzidenz ist seit letzter Woche bis heute von 653 auf 916 gestiegen. In der jüngeren Altersgruppe beträgt die Inzidenz bei den Ungeimpften 2 000 und im Ver­gleich dazu bei den Geimpften 350. Seit einer Woche liegen 58 Personen mehr auf den Intensivstationen, und seit einer Woche liegen mehr als 350 Menschen mehr auf den Normalstationen. Wir hören die Hilferufe von den Ärztinnen und Ärzten, von den Pflege­kräften aus den Spitälern (Abg. Belakowitsch: Die Hilferufe hören wir auch!) – das sind die Zahlen, das sind sehr technische Sachen –, die können dort nicht mehr.

In Salzburg wurde ein Triageteam aufgestellt. Das sind sechs Personen, die im Einzelfall darüber entscheiden, wer ein Intensivbett bekommt und wer nicht. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das ist nicht der einzige Beweis dafür, dass wir in einer sehr ernsten Situation sind. In den letzten Tagen wurden in vielen Bundesländern Stück für Stück Verschärfungen gemacht, zum Beispiel die Ausweitung der FFP2-Masken-Pflicht oder auch die Absage von Veranstaltungen.

Wir sind uns in der Bundesregierung einig darüber, dass wir jetzt die vierte Welle bre­chen müssen – da sind sich der Bundeskanzler und ich einig –, wir haben darum in den vergangenen Tagen einschneidende Maßnahmen für die österreichische Bevölkerung gesetzt: Seit gestern gilt in Österreich ein Lockdown für Ungeimpfte. Wir haben die Kontrollen massiv ausgebaut. Seit Montag letzter Woche gilt die 2G-Regelung, also ge­nesen oder geimpft, als Voraussetzung für die meisten Lebensbereiche, und es gilt 3G an den Arbeitsplätzen.

Wie viel Effekt werden diese Maßnahmen haben? – Morgen bekommen wir dazu eine erste – ich betone es hier noch einmal –, eine erste grobe Einschätzung von unseren Expertinnen und Experten. Im Idealfall bekommen wir dann ein Gefühl dafür, ob und wie schnell es in die richtige Richtung geht. Auf Basis dessen werden wir weitere Entschei­dungen treffen. Da geht es nicht um abstrakte Zahlen oder Wellen, sondern es geht um Menschenleben, es geht darum, ob Menschen eine lebensnotwendige Behandlung be­kommen oder nicht. Gemeinsam beraten wir daher Woche für Woche, Tag für Tag, wo wir noch Handlungsmöglichkeiten haben, um die Infektionszahlen zu senken.

Das ist mir wichtig: Lassen Sie uns bitte hier alle gemeinsam an einem Strang ziehen! Das gilt für uns als Bundesregierung. Ich muss Ihnen ehrlich und selbstkritisch sagen, dass wir als Bundesregierung in den letzten Tagen hinter diesem Anspruch zurückge­blieben sind. Gemeinsame Kommunikation ist entscheidend, und auch darüber sind wir uns einig. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Gleichzeitig gilt das aber auch für alle hier im Hohen Haus vertretenen Parteien, für alle Abgeordneten. Wir müssen gemeinsam alles tun, um die vierte Welle zu brechen. Das erwarten sich die Menschen da draußen von uns. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Eines ist klar: Was wir langfristig brauchen, ist eine höhere Durchimpfungsrate. Die gute Nachricht ist: Wir sehen bereits die Auswirkungen der von uns gesetzten Maßnahmen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Die Zahl der Erstimpfungen pro Tag hat sich in der letzten Zeit, seit Ankündigung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz, vervierfacht. Wir konn­ten letzten Freitag fast 80 000 Stiche in Österreich verabreichen, fast 50 000 davon wa­ren Drittstiche. Ich glaube, das ist beeindruckend. Ich bedanke mich hier bei denjenigen, die zur Impfung gegangen sind, und auch bei denjenigen, die diese Impfung organisiert und verabreicht haben. Wir sind da auf einem guten Weg. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Auch weil immer wieder Vergleiche gezogen werden: Wir haben letzten Sonntag mehr Impfdosen verabreicht als Deutschland. Das ist wirklich beeindruckend. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm: Also nicht mehr beschämend?) Wir sind übrigens auch in Bezug auf die aktuelle Impfrate im europäischen Vergleich derzeit klar auf Platz eins. (Abg. Wurm: Aha!) Wir müssen auch bei den Drittstichen dranbleiben. (Abg. Rauch: ... falsche Einsager! – Zwischenruf des Abg. Hauser.) Wir wissen, dass die Drittstiche – das habe ich gerade eben ausgeführt – den größten Teil der Impfungen ausmachen. Wir sind ne­ben Israel bis dato das einzige Land mit systematischen Drittimpfungen. Da geht viel weiter, das ist enorm wichtig, und das wird helfen, die vierte Welle zu brechen.

Abschließend möchte ich Sie noch einmal alle dazu aufrufen, dass wir bei der Pandemie­bekämpfung, bei der Sicherstellung von Intensivkapazitäten, bei der Gesundheit der Be­völkerung an einem Strang ziehen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir können nur ge­meinsam schaffen, jetzt die vierte Welle zu brechen.

Halten wir uns bitte alle an die Maßnahmen, tragen wir Maske, waschen wir uns die Hände, halten wir Abstand, reduzieren wir Kontakte, wo immer das möglich ist! (Abg. Rauch: Herr Bundeskanzler, hast gehört? Das ist das Gegenteil von dem, was Sie ge­sagt haben! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Motivieren wir, motivieren Sie bitte die Menschen, sich impfen zu lassen! Das ist unser Weg, so bekommen wir die Zahlen wieder runter, und so entlasten wir gemeinsam die Intensivstationen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Rauch.)

16.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.