16.53

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und vor allem liebe Zuseher der heutigen Parlamentssitzung! Auch ich möchte zu Beginn FPÖ-Chef Herbert Kickl von hier aus gute und baldige Genesung von seiner Coronaerkrankung wünschen. Ich glaube, Schadenfreude, wie man sie in den sozialen Medien mancherorts liest, ist absolut unangebracht. Aber was auch definitiv unange­bracht ist, sind die Wortwahl und die Verantwortungslosigkeit der FPÖ seit Beginn dieser Pandemie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn man so wie Herbert Kickl in einer Pressekonferenz von einer Impfvergewaltigung spricht, dann verhöhnt man damit die Opfer dieser scheußlichen Straftat, man verhöhnt alle Vergewaltigungsopfer damit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Inhaltlich haben bereits einige Experten und auch Ärztinnen und Ärzte Stellung zu Ihrem Plan B genommen. Ich möchte jetzt gar nicht meine Redezeit damit verschwenden, da­rüber zu diskutieren, ob ein Entwurmungsmittel für Pferde wirksam ist oder nicht. Verste­hen Sie mich nicht falsch: Verantwortungslos finde ich es nicht, dass Sie sich Gedanken zur Pandemie machen und dass Sie auch einen Plan erstellen, über dessen Inhalt man bekanntlich streiten kann (Zwischenruf des Abg. Deimek), verantwortungslos ist viel, viel mehr, dass Sie wissentlich Menschen verunsichern, nämlich Menschen, die Ihnen und Ihren Verschwörungstheorien vertrauen, die etwas auf Ihre Meinung halten und Ihren Aussagen Glauben schenken. Das ist ein unglaublicher Machtmissbrauch, mit dem Sie da spielen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was aber an Dreistigkeit nicht zu überbieten ist, sind Ihre Handlungsempfehlungen an Ärztinnen und Ärzte und auch an die Pflegerinnen und Pfleger, an das medizinische Fachpersonal. Ich lese aus Ihrem Antrag vor: „[...] das Herzstück des ,Plan B‘ ist die frühzeitige Behandlung Corona-positiver Menschen, damit ein schwerer Krankheitsver­lauf mit Hospitalisierung verhindert werden kann.“ – Was glauben Sie denn, was Ärzte und Pfleger im Krankenhaus den ganzen Tag machen? (Abg. Belakowitsch: Können Sie nicht lesen? Frühzeitig!) Sie haben absolut den Blick für die Realität verloren. Sie haben den Blick für die Realität verloren, die sich auf unseren Intensivstationen mittler­weile abspielt. (Abg. Belakowitsch: Das ist es: zu spät!)

Ich möchte ein weiteres Mal die Gelegenheit nutzen, allen zu danken, die im Gesund­heitsbereich arbeiten, in den Spitälern, bei Rettungsorganisationen, in den Test- und Impfstraßen und bei vielen anderen Einrichtungen: Danke für Ihre Arbeit! Sie leisten seit Anbeginn dieser Pandemie Unglaubliches, und das rund um die Uhr, Tag und Nacht. (Abg. Belakowitsch: Das ist genau das Problem: Erst im Krankenhaus werden sie be­handelt! Das ist das Problem!)

Ich möchte aufs Schärfste zurückweisen, was Kollegin Fürst hier vorne gesagt hat. Sie hat von einer Hysterie gesprochen. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die tagtäglich die Situation in den Krankenhäusern erleben, die tagtäglich damit konfrontiert sind, die Angehörige wegen Corona verloren haben. Das haben Sie denen ins Gesicht gesagt: dass das nur eine Hysterie ist, und das weise ich aufs Schärfste zurück! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, die Situation in den Krankenhäusern ist bit­tere Realität, und die Bilder, die wir bisher nur aus italienischen Krankenhäusern gekannt haben, spiegeln eine Situation wider, die mittlerweile auch uns erreicht hat. (Abg. Kas­segger: Das ist Hysterie!)

Was mich wirklich wütend macht, das ist, dass manche noch immer nicht wahrhaben wollen, dass es bereits ein wirksames Mittel gegen diese Coronapandemie, gegen diese schwere Krankheit gibt. Die Impfung wirkt, sie schützt vor schweren Verläufen, ist kos­tenlos und einfach zu haben. (Abg. Deimek: 300 Leute sind in Quarantäne wegen euch, wegen der Jungen ÖVP! Ihr seid ein Skandalverein!) Ich möchte das auch mit Fakten noch einmal belegen: Drei von vier Intensivbetten werden von Ungeimpften gebraucht. Wer geimpft ist, hat zu 95 Prozent keinen schweren Verlauf und ist um 70 Prozent we­niger ansteckend.

Dieser Lockdown für Ungeschützte, der leider notwendig wurde, ist absolut hausge­macht, keine Frage, und die Leidtragenden sind unter anderen wir Jugendlichen: Das Vereinsleben wird aus Verantwortungsbewusstsein wieder zurückgefahren, Veranstal­tungen, Konzerte, Sportveranstaltungen, auch im ehrenamtlichen Bereich, werden abge­sagt. Das trifft natürlich auch Jugendliche, die geimpft sind, das muss man sich vor Augen führen. Jugendliche müssen ihr Leben, die Schule und Freizeit nach den Impfun­willigen in dieser Gesellschaft richten, und das verstehe ich absolut nicht.

Die Beschränkungen sind hausgemacht von denjenigen, die die Wirksamkeit der Imp­fung nicht wahrhaben wollen, die sich aus Egoismus über das Gemeinwohl stellen und den Freiheitsbegriff missbrauchen. Sie agieren unsolidarisch mit denjenigen, die Vorer­krankungen haben und die auf eine hohe Durchimpfungsrate angewiesen sind. Deshalb plädiere ich auch für eine Impfpflicht für Berufsgruppen mit unausweichlich vielen So­zialkontakten, wie zum Beispiel im Gesundheits- oder auch im Bildungsbereich. (Abg. Amesbauer: Die werden dann kündigen! – Abg. Belakowitsch: Sehr verantwortungs­voll!)

In diesen hochsensiblen Bereichen müssen wir das Infektionsrisiko massiv minimieren, damit wir jene schützen, die unsere Hilfe jetzt am meisten brauchen. Es gibt Menschen, die sich nicht impfen lassen können, wegen schwerer Vorerkrankungen oder weil der Impfstoff noch nicht für alle Altersgruppen zugelassen ist, und genau diese Menschen müssen wir jetzt umso mehr und ganz besonders schützen.

Eine Pandemie ist keine Privatsache. Eine Pandemie braucht eine gemeinsame Kraft­anstrengung aller, egal ob ich Angst vor der Krankheit, die das Coronavirus auslöst, habe, oder ob ich mir denke, das Virus kann mir ohnehin nichts anhaben. Jetzt ist nicht die Zeit für Verschwörung und Demonstrationen, jetzt muss jeder, der kann, seinen Bei­trag leisten – aus Verantwortung, aus Solidarität und vor allem aus Mitmenschlichkeit.

Das Weiterwurschteln von Welle zu Welle muss jetzt endlich ein Ende haben, deswegen appelliere ich ein weiteres Mal: Lassen Sie sich impfen, egal ob zum ersten, zum zweiten oder zum dritten Mal! Nur die Impfung wirkt und bringt uns auch aus dieser Pandemie. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Deimek: Was sagen Sie zu dem Cluster der Jungen ÖVP beim Oktoberfest? – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

16.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Erasim. – Bitte sehr.