20.01

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir befinden uns mitten in der größten Gesundheits- und Wirtschaftskrise der Zweiten Republik. Die Schulden steigen ins Unermessliche, die In­flation belastet nicht nur die Haushalte, sondern auch die Unternehmen. Strom, Öl, Gas, Baustoffe, alles wird immer teurer, und in Österreich gibt es mittlerweile um die 1,2 Millio­nen armutsgefährdete Menschen, die nicht mehr wissen, ob sie sich diesen Winter das Heizen noch leisten können.

Trotz alldem, trotz Krise und obwohl wir jeden Cent jetzt hier in Österreich dringend brau­chen würden, zahlen wir jedes Mal mehr und mehr und noch mehr in die Europäische Union ein. Das, sehr geehrte Damen und Herren, halte ich nicht nur für absolut unverant­wortlich, sondern gerade in der jetzigen Zeit für einen unglaublichen Verrat an den Inter­essen der Österreicherinnen und Österreicher. (Abg. Brandstätter: Wir kriegen ja immer mehr zurück!)

Sehr geehrte Damen und Herren, dabei handelt es sich nicht um einen kleinen Betrag. Dank der Zustimmung der ÖVP, aber auch der anderen Parteien zum letzten Mehrjähri­gen Finanzrahmen zahlen wir seit 2020 um die 800 Millionen Euro mehr nach Brüssel als noch in den Jahren davor. Unser Beitrag ist von rund 3 Milliarden Euro auf 3,8 Milliar­den Euro gestiegen – Geld, das jetzt fehlt und das wir dringend brauchen würden. Mit der damaligen Zustimmung hat auch die ÖVP jedes Wahlversprechen gebrochen, das sie je in diesem Zusammenhang gegeben hat.

Ich kann mich noch daran erinnern, als der damalige Bundeskanzler Kurz, jetzt bald Angeklagter, dagestanden ist und gesagt hat, mit ihm wird es keine Erhöhung des EU-Beitrags geben, es könne nicht sein, dass eine EU, die durch den Brexit kleiner gewor­den ist, jetzt mehr Geld braucht. – Am Ende haben Sie dem größten EU-Budget aller Zeiten zugestimmt, mit 1 074 Milliarden Euro.

Aber nicht nur das, Sie haben auch im vergangenen Jahr unter dem Deckmantel von Corona einem der weitreichendsten Beschlüsse seit der Einführung des Euro zuge­stimmt, nämlich dem EU-Wiederaufbaufonds, und damit nicht nur dem gewaltigen Tabu­bruch einer Schuldenunion, sondern auch Zahlungen und Haftungen Österreichs in Mil­liardenhöhe für Pleitestaaten wie Italien, Spanien oder Frankreich. Für 3,5 Milliarden Eu­ro, die wir wahrscheinlich bekommen werden, zahlen wir in Zukunft um die 12 Milliarden Euro. Das sind Schulden der nächsten Generation, für die Sie verantwortlich sind, sehr geehrte Damen und Herren. Wenn Sie von Solidarität sprechen, frage ich mich immer: Was ist mit der Solidarität gegenüber der eigenen Bevölkerung, der nächsten Genera­tionen in Österreich, sehr geehrte Damen und Herren? (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Brandstätter.)

Sie haben mit diesem Beschluss nicht nur zugestimmt, dass die EU ihre eigenen Ver­träge bricht, sondern auch klar österreichisches Verfassungsrecht gebrochen. Ich habe es Ihnen schon mehrfach gesagt, aber anscheinend spielt für Sie österreichisches Ver­fassungsrecht, wie wir es bei den 2G-Maßnahmen erst kürzlich wieder sehen konnten, eh keine Rolle mehr – der nächste Schandfleck für Österreich. In ganz Europa, auch in Deutschland schütteln die Medien schon den Kopf über diese Maßnahmen; nach dem Schandfleck, den die ÖVP mit ihren Bussi-Bussi-Chats verursacht hat, ist das die nächs­te Peinlichkeit in Europa.

Das Schlimmste ist: Sie sorgen mit Ihrer EU-Umverteilungspolitik und dem Einstehen für fremde Schulden dafür, dass immer mehr Schulden gemacht werden. Anstatt dass si­chergestellt wird, dass die Schuldenquoten endlich sinken, will man jetzt auch noch die Maastrichtkriterien aufweichen. Ich halte das für absolut unverantwortlich und ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Das ganze Geld, dass jetzt in diese Länder fließt, wird verpuffen und am Ende bleibt nur noch ein noch größerer Schuldenberg.

Das Schlimmste ist – was man erkennt, wenn man sich das auch noch anschaut –, wofür die EU unsere Gelder verwendet. Abgesehen von der Finanzierung weiterer Schulden und der Aufnahme von immer mehr Flüchtlingen zahlt sie Milliarden an die Türkei für Heranführungshilfen, für einen EU-Türkei-Deal, den die Türkei immer wieder dafür missbraucht, uns zu erpressen. Statt die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei endlich zu beenden, werden dagegen Länder wie Ungarn oder Polen ständig bestraft: Ungarn dafür, dass es die EU-Außengrenzen 2015 geschützt hat, und Polen dafür, weil es fest­gehalten hat, dass polnisches Verfassungsrecht vor EU-Recht geht.

Gleichzeitig – und das ist ein besonderes Schmankerl – spricht sich die Europäische Union dafür aus, 1 Milliarde Euro an die Taliban zu geben. – Ja natürlich, das ist euro­päische Logik: Kopfabhacken ist natürlich wesentlich vereinbarer mit europäischen Wer­ten, als einmal festzuhalten, dass nationalstaatliche Kompetenzen vor EU-Recht gehen. Da hat sich Polen natürlich etwas Grausiges geleistet. – Absurder geht es nicht mehr, sehr geehrte Damen und Herren. Man streicht Polen Coronaaufbaumittel, verhängt gleichzeitig eine Strafe von 1 Million Euro täglich und erwartet dann auch noch, dass es genügend Mittel zur Verfügung hat, um die Außengrenzen effektiv zu schützen.

Bei einer derartigen Vorgehensweise zeigt sich einmal wieder die ganze Absurdität der Europäischen Union und in welchem Paralleluniversum die Politiker teilweise leben. Aus diesem Grund bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein (Zwischenruf des Abg. Brandstätter):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterstützung der Grenzschutzmaßnahmen an der polnischen, litauischen und lettischen EU-Außen­grenze“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den EU-Mitgliedstaaten Polen, Litauen und Lettland zur Errichtung ihrer Grenzschutzmaßnahmen gegen illegale Migration auf bila­teraler und europäischer Ebene Unterstützungsleistungen – auch finanzieller Natur – zu­kommen zu lassen.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, hören Sie endlich mit diesem ständigen Ungarn- und Polenbashing auf, bevor noch die nächsten Länder der Europäischen Union den Rücken kehren! Statt Flüchtlingsverteilungsfantasien nachzuhängen, sollten Sie lieber dafür sor­gen, dass die Milliarden, die wir nach Brüssel überweisen, endlich für einen effektiven Außengrenzschutz eingesetzt werden. Hören Sie außerdem endlich mit diesem Ausver­kauf Österreichs nach Brüssel auf, sowohl finanzieller Natur als auch betreffend unsere Kompetenzen! (Beifall bei der FPÖ.)

20.07

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Mag. Hannes Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Unterstützung der Grenzschutzmaßnahmen an der polnischen, litauischen und lettischen EU-Außengrenze

eingebracht in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungs­vorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), UG 12 Äußeres

Die EU-Mitgliedstaaten Polen, Litauen und Lettland sind an ihren Landesgrenzen zu Weißrussland mit einer wahren Sicherheitsbedrohung konfrontiert: Tausende illegale Wirtschaftsmigranten versuchen seit Monaten von Weißrussland aus gewaltsam auf pol­nisches, litauisches oder lettisches Territorium, und somit in die EU, vorzudringen. Alle drei Länder gaben allerdings – im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten in den letzten Jahren – dem Druck nicht nach, sondern waren vielmehr bereit, ihre Staatsgren­zen zum Wohle Europas und der Europäer zu verteidigen.

Die Regierungen der bedrohten Staaten verhängten den Ausnahmezustand. Soldaten wurden zur Sicherung der Grenze abkommandiert. Physische Grenzbarrieren über eine Länge von mehreren hundert Kilometern wurden als notwendige Maßnahme errichtet oder sind in Planung. Polen, Litauen und Lettland verteidigen damit nicht nur ihre jewei­ligen Landesgrenzen, sondern auch die östliche EU-Außengrenze. Eine derartige Wehr­haftigkeit wird andernorts sträflich vermisst.

Diese Einsatzbereitschaft offenbart, dass physische Barrieren nicht nur eine abschre­ckende Wirkung in Bezug auf illegale Migration haben, sondern vielmehr tatsächlich Migrationsströme zum Halten bringen können. Wohingegen ein Durchwinken der ille­galen Migranten nachweislich eine weitere Sogwirkung entfaltet und Europa sich damit erneut der Erpressung preisgegeben hätte, haben Polen, Litauen und Lettland bewie­sen, dass ernstgemeinter Grenzschutz ein mehr als probates Mittel darstellt, um Migra­tionsbewegungen zu stoppen. Die Rechnung des weißrussischen Regimes ging dank dieser Standhaftigkeit nicht auf und nun muss sich Weißrussland selbst um Rückführun­gen der gestrandeten Migranten bemühen.

Diese Schutzmaßnahmen gegen illegale Migration verursachen allerdings Kosten. In Li­tauen werden diese mit rund 152 Millionen Euro beziffert. In Polen geht man von Kosten in Höhe von etwa 350 Millionen Euro aus.

Die Institutionen der Europäischen Union lassen hierbei ihre östlichen Mitgliedstaaten vollkommen im Stich. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach zwar davon, dass es sich um einen „hybriden Angriff eines autoritären Regimes handelt, um demokratische Nachbarn zu destabilisieren“ (FAZ 10.11.2021: Von der Leyen und Biden beklagen „hybriden Angriff“ Lukaschenkos), zeigte sich aber nicht bereit, auch nur einen Euro vonseiten der Europäischen Union für die Errichtung der schützenden Grenzanla­gen beizusteuern (FAZ 23.10.2021: Keine Finanzierung von „Stacheldraht und Mauern“).

Zumindest EU-Ratspräsident Charles Michel sprach sich für eine weitere Diskussion bezüglich der Finanzierung von Grenzanlagen aus. Zuvor hatte er den Juristischen Dienst des EU-Rates damit beauftragt, die Frage zu klären, ob die Europäische Union „auch wirklich Grenzzäune zum Schutz der EU-Außengrenzen mitfinanzieren darf. Nun hat der Juristische Dienst des EU-Rates nach den Worten Michels Klarheit geschaffen: Die darf Zäune finanzieren“ (Welt.de 11.11.2021: In der EU-Migrationspolitik deutet sich eine spektakuläre Wende an). Rechtlich spricht demnach nichts gegen eine Mitfinanzie­rung der Grenzzäune durch die EU.

Der österreichische Innenminister Karl Nehammer zeigte – zumindest verbal – seine Bereitschaft, die von der neuesten Welle illegaler Massenmigration bedrohten EU-Mit­gliedstaaten zu unterstützen: „Die EU-Kommission muss Polen bei der Sicherung der EU-Außengrenze unterstützen und die nötigen Mittel für die Errichtung eines robusten Grenzzaunes bereitstellen“ (Welt 10.11.2021: „Das darf sich Europa nicht gefallen las­sen“). „Die Außengrenze muss auch in Litauen geschlossen werden. Es darf keine Lü­cken geben, das System kann so nicht funktionieren“, so Nehammer (Kurier 29.07.2021: Migration: Nehammer kritisiert erneut EU-Kommission). Auch auf bilateraler Ebene bat Nehammer Unterstützung an.

Worte allein reichen aber nicht aus, um die Sicherheit Europas zu gewährleisten. Und die Budgetpolitik der schwarz-grünen Bundesregierung zeichnet sowieso ein anderes Bild. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit werden hunderte Millionen Euro jährlich ins Ausland gepumpt, ohne dass dadurch Stabilisierungseffekte erzielt werden können, wie eindrucksvoll die jüngsten Entwicklungen in Afghanistan oder Äthiopien zei­gen. Organisationen wie der UNHCR, der sich für offene Grenzen für Migranten aus­spricht, werden mit Millionenbeträgen aus österreichischen Steuergeldern finanziert.

Es ist an der Zeit, diese ineffiziente Entwicklungshilfe neu zu gestalten und die dafür vorgesehenen Mittel einer sinnvollen Verwendung zuzuführen. Ein richtiger Schritt in diese Richtung wäre es, Polen, Litauen und Lettland bei der Aufrechterhaltung der Si­cherheit ihrer Länder und damit Europas zu helfen und ihnen im Kampf gegen illegale Migration unter die Arme zu greifen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den EU-Mitgliedstaaten Polen, Litauen und Lettland zur Errichtung ihrer Grenzschutzmaßnahmen gegen illegale Migration auf bila­teraler und europäischer Ebene Unterstützungsleistungen – auch finanzieller Natur – zukommen zu lassen.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Henrike Brandstötter. – Bitte, Frau Abgeordnete.