20.41

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuse­her vor den Bildschirmen, sofern noch jemand da ist! Im Rahmen seiner Budgetrede hat der Herr Finanzminister am 13. Oktober zum Justizbudget Folgendes ausgeführt: „Wir werden im Bereich der Justiz Mittel zur Umsetzung des Terrorbekämpfungspakets auf­stocken.“ – Es geht dem Herrn Minister also budgetär um die Terrorbekämpfung. Wer wird ihm widersprechen, dass Terrorbekämpfung in Zeiten wie den unseren ein wichtiges Thema ist? (Zwischenruf der Abg. Jachs.)

Sehen wir aber den Tatsachen einmal ins Auge und reden wir über die Relationen! Rü­cken wir die dringlichen Themen vor die wichtigen, die grundlegenden vor die zusätzli­chen! Es ist nicht der Terror, der unser Land im Würgegriff hält, auch nicht der funda­mentalistische Islamismus. Es sind die Machenschaften, die derzeit vornehmlich die WKStA befassen, die unser Land im Würgegriff halten. Es ist unethisches Verhalten. Es ist gekaufte, schamlose Meinungsmache, die unser System korrupt unterwandert. (Bei­fall bei den NEOS sowie des Abg. Silvan.)

Ich plädiere für eine andere, für eine neue Reihenfolge der Vorhaben: Kümmern wir uns doch zuerst um eine moralische und menschenachtende Politik, bevor Politik den Blick auf die Unmoral und die Menschenverachtung extremistischer Bewegungen und Rand­gruppen lenkt!

Ich denke, ich erziele breiten Konsens, wenn ich hier behaupte: Extremismus hat seinen Ursprung unter anderem in der Nichtbeachtung von moralischen Grundpfeilern einer Ge­sellschaft, in der Vorstellung, sich alles nach seinen eigenen, teils abstrusen Regelungen richten zu können, ungeachtet der Folgen für die Menschen, die es betrifft.

Jetzt ersetze ich den Begriff Extremismus einfach durch den Begriff korrupte Politik: Kor­rupte Politik hat ihren Ursprung unter anderem in der Nichtbeachtung von moralischen Grundpfeilern einer Gesellschaft, in der Vorstellung, sich alles nach seinen eigenen, teils abstrusen Regeln richten zu dürfen, ungeachtet der Folgen für die Menschen, die es betrifft. – Sie sehen, es ist ein und dieselbe Wortwahl und die Aussage funktioniert trotz­dem. Das belegt nicht nur den zwingenden Zusammenhang dieser Dinge, sondern eben auch die Reihenfolge. Es beginnt nämlich nicht mit dem Extremismus, es beginnt mit der Unmoral von Mensch und Politik.

Für einen österreichischen Wertekompass, der politischen Extremismus verhindern soll, braucht es kein Feindbild von fanatischen Gotteskriegern oder ideologischen Fanatikern. Die Bedrohung unserer gesellschaftlichen Realität und unserer gesellschaftlichen Integrität ist aktuell ein Herr Schmid, der nach dem Motto: „Wer zahlt schafft an“, glaubt, sich über jede moralische und gesetzliche Grenze hinwegsetzen zu können. Das ist auch ein Herr Kurz, der in staatstragender Funktion diese Umtriebe nicht nur gutheißt, sondern auch noch befeuert (Zwischenruf des Abg. Haubner), und das ist natürlich auch ein Mi­nister, der demokratische Kontrollinstitutionen wie einen parlamentarischen Untersu­chungsausschuss monatelang zum Narren hält. Ich sage nur das Stichwort: Ich habe ja alles geliefert! – Ja, das stimmt, er hat wirklich alles geliefert. Er und seine türkise Chat­gruppe haben wirklich alles getan, um diesen ihren Sumpf zum Naturschutzgebiet zu erklären – unter dem Motto: Trockenlegung strengstens verboten! Mitten in diesem Sumpf – ich zitiere den „Standard“ –: ein „Blümchen“. – Dem entgegenzuwirken ist das Gebot der Stunde.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Personalressourcen für die WKStA“ (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, die Personalressourcen der WKStA aufzustocken und im Sinne der zuletzt von der Lei­terin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft formulierten Notmaßnahme si­cherzustellen, dass für die Unterstützung der Tätigkeit der WKStA ab 2022 zehn zu­sätzliche Planstellen für Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte geschaffen wer­den sowie in der Budgetplanung weitere Expert_innen aus dem Finanz-, Wirtschafts- und IT-Bereich vorgesehen werden.“

*****

Abgesehen von dieser wichtigen Sache, Kolleginnen und Kollegen, geschätztes Hohes Haus, wende ich mich einer Position unseres Justizbudgets zu, und zwar ausnahmswei­se nicht einer Ausgabenposition. Wir haben ja im Zuge dieser Budgetdebatte sehr viel über Ausgaben gesprochen. Wir freuen uns, wenn Ausgabenpositionen da und dort er­höht werden, im Justizbudget fällt aber eine Einnahmenposition auf, Frau Bundesminis­terin, die wir uns anschauen müssen: die Grundbuchsgebühren.

In Europa ist es so, dass die Justizbudgets aus den Gebühren, die zu bezahlen sind, im Durchschnitt zu 25 Prozent abgedeckt werden. In Österreich beträgt dieser Anteil im Justizbudget 2021 93 Prozent. Das sind rund 1,4 Milliarden Euro an Einnahmen für die Justiz. Ein sehr wesentlicher Teil davon sind die Grundbuchsgebühren.

Die Grundbuchsgebühren fallen uns allen zur Last. Sie fallen der Wirtschaft zur Last, sie fallen dem Wohnungskäufer zur Last, der nicht nur 1,1 Prozent Eintragungsgebühr für die Eintragung des Eigentumsrechts bezahlen muss, sondern, wenn er seine Wohnung mit einem Darlehen finanziert, auch für den Kredit noch zusätzlich 1,2 Prozent Ein­tragungsgebühr. Das Ganze ist angesichts der extrem steigenden Immobilienpreise natürlich eine Rieseneinnahmequelle für das Budget, aber andererseits eine enorme Be­lastung für die betroffene Bevölkerung und auch für die Wirtschaft.

Wir wissen ja – das ist ja rechtlich gar nicht so unproblematisch –, dass laut Finanz‑Ver­fassungsgesetz Gebühren eigentlich dem Grundsatz unterliegen, dass sie nur den entstandenen Aufwand abdecken dürfen, was in der Zwischenzeit eine europarechtliche Vorgabe ist. Das heißt also, unsere Grundbuchsgebühren, die den Aufwand, der mit der Führung der Grundbücher verbunden ist, um ein Vielfaches übersteigen, sind in dieser Hinsicht aus rechtlichen Gründen eher fragwürdig.

Ich bringe daher einen weiteren Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „We­sentliche Reduktion der Grundbuchsgebühren“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, und insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Gesetzesinitiative vorzulegen, die eine wesentliche Reduk­tion der Grundbuchsgebühren zum Inhalt hat.“

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Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)

20.50

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kol­legen

betreffend Mehr Personalressourcen für die WKStA

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 13

Das aktuelle Regierungsprogramm sieht eine Stärkung der Korruptionsbekämpfung vor. Seit Abschluss des Regierungsprogramms sind zahlreiche zusätzliche Großverfahren bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angefallen. Es ist offen­kundig, dass sich die Verfahren mit den vorhandenen Ressourcen nicht in angemes­sener Frist erledigen lassen. Zuletzt wurden zu Recht immer wieder zügige Ermittlungs­verfahren eingefordert. Dies setzt allerdings die Zurverfügungstellung der nötigen Res­sourcen voraus.

Dies wurde insbesondere auch noch einmal mehr in der Befragung der Auskunftsperson Mag. Matthias Purkart, LL.M., der seit sieben Jahren bei der WKStA tätig ist, sowie in der Befragung von Mag. Vrabl-Sanda, Leiterin der WKStA, im "Ibiza"-Untersuchungs­ausschuss klar (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/KOMM/KOMM_00244/fnameorig_986573.html und https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/KOMM/KOMM_00249/fnameorig_986580.html).

Die Bundesregierung hat bisher keine Initiativen zur Korruptionsbekämpfung im Sinne des Regierungsprogramms vorgelegt. Der vorliegende Entschließungsantrag schlägt vor, als erste dringliche und leicht umzusetzende Maßnahme die Personalressourcen der WKStA im Jahr 2022 auf ein Mindestniveau anzuheben.

Im Sinne der zuletzt von der Leiterin der WKStA formulierten Notmaßnahme sollen der WKStA für 2022 zehn zusätzliche Planstellen für Oberstaatsanwältinnen und Ober­staatsanwälte zugewiesen werden.

Darüber hinaus benötigt die WKStA aber auch weiteres Personal, etwa zur technischen Auswertung elektronischen/digitalen Daten und zur Bewertung von Bilanz- und Steuer­fragen, die bspw. zeitnahe über die Justizbetreuungsagentur bereit gestellt werden könnten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, die Personalressourcen der WKStA aufzustocken und im Sinne der zuletzt von der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft formulierten Notmaßnahme sicherzustellen, dass für die Unterstützung der Tätigkeit der WKStA ab 2022 zehn zu­sätzliche Planstellen für Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte geschaffen wer­den sowie in der Budgetplanung weitere Expert_innen aus dem Finanz-, Wirtschafts- und IT-Bereich vorgesehen werden."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Wesentliche Reduktion der Grundbuchsgebühren

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 13

In kaum einem europäischen Land gibt es eine derartige Vielfalt und Höhe an Gebühren wie in Österreich. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei das österreichische Justizsystem, das die europaweit höchste Gebührenbelastung aufweist und sich zum größten Teil aus Gebühren finanziert. Gerichtsgebühren (u.a. Grundbuchsgebühr) und Rechtsgeschäfts­gebühren treffen dabei nicht nur die eigenen Bürger_innen und deren uneingeschränk­ten Zugang zum Recht, sondern auch ausländische Unternehmer_innen und Inves­tor_innen und damit den Wirtschafts- und Wettbewerbsstandort Österreich.

Die Einzahlungen in das Justizbudget setzen sich vorwiegend (zu 93%) aus Justiz- und Gerichtsgebühren zusammen. Die Einzahlungen belaufen sich gemäß BFGR 2022-2025 auf 1,6 Mrd. €, wobei die Steigerung gegenüber der Planung im BFRG 2021-2024 (1,45 Mrd. €) aus höheren Einzahlungen wegen der gestiegenen Immobilienpreise und verstärkten Liegenschaftsverkäufe als Folge der COVID-19-Pandemie im Zusammen­hang mit dem Grundbuch resultiert.

Möchte man in Österreich eine Immobilie kaufen, setzen sich die Nebenkosten für den Kauf neben der Immobilie selbst aus Maklerprovision, Grunderwerbssteuer, Grund­buchsgebühr, Anwalts/Notarkosten und Kosten für die Beglaubigung der Unterschriften zusammen. Für die Eintragung des Eigentumsrechtes ins Grundbuch ist eine Gebühr von 1,1 % des gesamten Verkehrswertes der Immobilie zu entrichten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, und insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Gesetzesinitiative vorzulegen, die eine wesentliche Reduk­tion der Grundbuchsgebühren zum Inhalt hat."

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß ein­gebracht und stehen somit auch in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme hat sich nun die Bundesministerin für Justiz Dr.in Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.