12.47

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Und vor allem am heutigen Tag: Sehr geehrte Soldatinnen und Soldaten und Damen und Herren Zivilbedienstete meines Res­sorts! Das österreichische Bundesheer ist neben der Wahrnehmung der Landesverteidi­gung die strategische Reserve der Republik, und nicht nur am heutigen Tage zeigen dies unsere Soldatinnen und Soldaten wie wohl niemals zuvor. – Daher an dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an all diejenigen, die im Einsatz sind (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS), im Einsatz bei zahlreichen Assistenz­einsätzen, bei Unterstützungsleistungen für die Gesundheitsbehörden im Kampf gegen die Coronapandemie.

Ja, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Zeiten und die geopolitische Lage ändern sich, die Aufgaben und die Einsätze werden dadurch immer vielfältiger und sie werden auch immer mehr.

Es gibt ohne Zweifel Aufholbedarf im österreichischen Bundesheer aufgrund zahlreicher Versäumnisse in den vergangenen Jahrzehnten. Ja, es ist wirklich vieles aufzuholen, und auch der Oberbefehlshaber des österreichischen Bundesheeres, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, wird nicht müde, in seinen Ansprachen immer wieder darauf hinzuweisen, wie dringend das Bundesheer eine budgetäre Aufstockung braucht.

Wir befinden uns daher mitten in einem wohl bedeutsamen Veränderungsprozess, und das Budget spielt da eine äußerst wichtige Rolle, denn eines ist ein Faktum: Die Sicher­heitslage in Europa wird sich in den kommenden Jahren wohl nicht verbessern, um nicht zu sagen, sie wird sich verschlechtern. Das heißt, die an uns gestellten Herausforderun­gen werden steigen, das zeigt uns das Risikobild für die nächsten Jahre. Wenn wir die­ses anschauen, dann wissen wir zumindest eines: Wir wissen einigermaßen gut, worauf wir uns vorbereiten müssen, wir wissen, was auf uns zukommt, was auf uns zukommen kann. Das sind Herausforderungen, Szenarien des 21. Jahrhunderts wie Terrorismus, Cyberattacken, Blackouts, Pandemien, Naturkatastrophen mit ihren Folgen und den dann notwendigen Einsätzen des Bundesheeres – das haben wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zur Genüge erlebt, und wahrscheinlich werden diese durch den Klimawandel noch weiter zunehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben – hatten – ja leider ein aktuelles Beispiel: Das Bundesheer war in den vergangenen Wochen gegen den Waldbrand im Raxgebiet im Dauereinsatz. Zwei Blackhawks, zwei Agusta-Bell 212, eine Alouette III und eine Pilatus PC-6 des Bundesheeres haben gemeinsam mit Hubschraubern des Innenminis­teriums, mit Hubschraubern der Deutschen Bundeswehr und der Slowakei sowie mit zwei Löschflugzeugen aus Italien die Einsatzkräfte im Kampf gegen diesen größten Waldbrand der letzten Jahre unterstützt. Allein unsere Luftstreitkräfte, jene des österrei­chischen Bundesheeres, haben mehr als 4 Millionen Liter Wasser über dem Brandgebiet abgeworfen. – An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an alle Einsatzkräfte! (Bei­fall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Ich war nicht nur einmal, sondern mehrfach mit unserer Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und mit ihrem Stellvertreter Stephan Pernkopf vor Ort im Raxgebiet. Wir haben uns ein Bild von der Lage und der Situation der Einsatzkräfte gemacht. Wir konnten sehen, wie die Zusammenarbeit zwischen unserem Bundesheer, den internationalen Kräften und den zivilen Einsatzorganisationen gelaufen ist – wirklich einwandfrei. Unsere Soldatinnen und Soldaten sind gemeinsam mit Feuerwehr, Polizei und den Einsatzkräf­ten in den Fluggeräten aus unseren Nachbarländern mit unglaublich großer Professiona­lität und größtem Engagement dabei gewesen, um die Glutnester und Flammen zu lö­schen.

So viel an Risiken und an Gefahren, die die Pandemie bringt, die uns wieder im Griff hat: Das hätten wir uns wohl vor einigen Jahren noch nicht vorstellen können, und doch ist es passiert. Ein Terroranschlag, wie er mitten in Wien stattgefunden hat, ein Albtraum – auch der ist passiert. Und wer hätte daran gedacht, dass wir uns auf Blackoutszenarien vorbereiten müssen? Alle unsere Sicherheitsexperten sagen uns, dass es innerhalb der nächsten fünf Jahre passieren wird, es ist ein einsatzrealistisches Szenario: Ein europa­weiter Versorgungsausfall der Strominfrastruktur ist möglich. Dann gibt es kein Licht, dann gibt es kein Handy, kein Internet, keinen funktionierenden Bankomaten, keine Hei­zung, keine Tankstellen, keine Straßenbahnen. Für uns, für das österreichische Bundes­heer, heißt es in solch einem Fall, dass wir die Führungsfähigkeit der Republik unter­stützen müssen, dass wir im Katastrophenfall den anderen Einsatzorganisationen auch strategische Reserve sein müssen.

Noch einmal kurz zurück zur Coronapandemie: Was das für die Einsätze des Bundes­heeres bedeutet – bedeutet hat und noch bedeuten wird –, haben wir gesehen. Seit März des Vorjahres waren jeden Tag im Durchschnitt knapp 1 000 Soldatinnen und Soldaten und Zivilbedienstete im Rahmen von Assistenzeinsätzen und Unterstützungsleistungen für die Gesundheitsbehörden im Coronaeinsatz. An Spitzentagen waren das insgesamt 8 000 Personen im Inland und im Ausland, an der Grenze. Wir mussten mit unseren medizinischen Kräften sogar kurzfristig die Leitung eines Pflegeheimes übernehmen, da dies zu diesem Zeitpunkt sonst keiner tun konnte. Wir sind jetzt wieder so weit, dass diese Assistenzanforderungen im Raum stehen.

Allein heuer sind insgesamt 7 980 Soldatinnen und Soldaten im Rahmen von sicher­heitspolizeilichen Assistenzeinsätzen tätig, das sind, sehr geehrte Damen und Herren, 319 200 Einsatztage allein im heurigen Jahr.

Wir kommen auch jetzt wieder verstärkt zum Einsatz: Wir sind bei Einreisekontrollen und beim Contacttracing eingesetzt, wir betreiben das Impfzentrum in Nenzing in Vorarlberg. Im Moment sind es rund 600 Soldatinnen und Soldaten, die zur Unterstützung der Ge­sundheitsbehörden gebraucht werden. Dazu kommen noch 1 200 Soldatinnen und Sol­daten, die wegen des steigenden Migrationsdruckes im Assistenzeinsatz an der Grenze stehen. Daneben sind auch noch unsere Auslandseinsätze in 14 Missionen mit derzeit 800 Soldatinnen und Soldaten und dazu auch noch die Normaufgaben zu erfüllen.

Es ist unvorstellbar, was unsere Soldatinnen und Soldaten und die Zivilbediensteten leis­ten. Und all das, sehr geehrte Damen und Herren, muss finanziert werden. Daher freut es mich wirklich, dass wir, so Sie das beschließen, zum dritten Mal das höchste Vertei­digungsbudget der Geschichte erzielen.

Sehr geehrte Damen und Herren, über Jahre hat man dem österreichischen Bundesheer nicht den entsprechenden Stellenwert eingeräumt, man hat ihm budgetär nicht den Stel­lenwert eingeräumt, den es verdient. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Dieser jahre­lange Rückstau hat ein Ende, und in dieser Hinsicht können wir positiv in die Zukunft blicken, denn es ist notwendig, dass wir ein modernes, handlungsfähiges Bundesheer schaffen, das die Herausforderungen und Szenarien des 21. Jahrhunderts bewältigen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Rössler und Stögmüller.)

Das Verteidigungsbudget des Bundesheeres für das kommende Jahr 2022 beträgt nun­mehr 2 713,1 Millionen Euro. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einer Budgeter­höhung von 40 Millionen Euro. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr ist insbesondere auf die Position Europäische Friedensfazilität zurückzuführen, die als Nachfolge des Athena-Mechanismus für Maßnahmen der Gemeinsamen Sicherheitspolitik in der Euro­päischen Union etabliert wurde. Die Zuständigkeit für die Europäische Friedensfazilität geht mit 1. Jänner 2022 vom Außenministerium auf das Verteidigungsministerium über, um zur effektiven Konfliktprävention, zur Friedensförderung und zur Stärkung der inter­nationalen Sicherheit beizutragen.

Ich kann an dieser Stelle auch sagen: Unser Engagement in den Missionen wird un­glaublich geschätzt. Ich komme gerade vom Verteidigungsministertreffen im Jumbofor­mat mit den Außenministern, und immer wieder wird die besondere Professionalität un­serer Soldatinnen und Soldaten bei den Auslandsmissionen betont und geschätzt – auch an dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Kameradinnen und Kameraden! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abgeordneten Brandstätter und Künsberg Sarre.)

Darüber hinaus werden für das Jahr 2022 Covid-19-Budgetmittel im Ausmaß von 20 Mil­lionen Euro veranschlagt. Diese Mittel stehen ausnahmslos für einschlägige Aufwendun­gen im Rahmen der Pandemiebekämpfung zur Verfügung.

Auch für die nächsten Jahre wird das hohe Niveau von über 2,7 Milliarden Euro gehalten werden können, wenngleich an dieser Stelle die Investitionen um 8,9 Prozent sinken. Das ist auf die atypischen Beschaffungsvorgänge in unserem Ressort zurückzuführen. Der Wert von 428,8 Millionen Euro ist dennoch der zweithöchste nach dem Jahr 2021. Das heißt, es ist eine Verdoppelung gegenüber 2019 und liegt auch leicht über dem tatsächlichen Erfolg aus dem Jahr 2020. Das heißt, der Anteil der Investitionen an den Gesamtauszahlungen liegt bei wirklich hohen 15,81 Prozent. Eine Fortsetzung des suk­zessiven und – ich sage es hier noch einmal – unbedingt notwendigen Abbaus des In­vestitionsstaus beim Bundesheer ist damit möglich.

Wir dürfen trotz aller Assistenzanforderungen, Einsätze und Unterstützungsleistungen nicht auf unsere ursprünglichen Aufgaben der Landesverteidigung vergessen. (Abg. Bösch: Danke!) Es ist tatsächlich ein wahrer, guter Spruch: Wer verteidigen kann, der kann auch helfen. (Abg. Kassegger: So ist es!) Wer nur helfen kann, der kann nicht verteidigen. – Daher muss es auch immer unser Anspruch sein, Österreich als neutrales Land im Herzen Europas militärisch adäquat auf stabile Beine zu stellen. (Abg. Kas­segger: ... Hubschrauber!) Das heißt, dass wir auch in diesen Bereich weiter investieren müssen, um die erforderlichen militärischen Kernkompetenzen und Fähigkeiten zu erhal­ten. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Gleichzeitig müssen wir Vorsorge treffen, unser Bundesheer in Teilbereichen, insbeson­dere eben im Kasernenbetrieb, autark und auch krisenfester zu machen. Generell sind wir dabei durch viele neue Beschaffungen – von der Mobilität beginnend über die Aus­rüstung, über Gerätschaften – und auch durch die Herstellung der Autarkie in 100 rele­vanten militärischen Liegenschaften in den Bereichen elektrischer Energieversorgung, Wärmeversorgung, Wasserversorgung, Betriebsmittelversorgung und so weiter das Bundesheer zu einem modernen Heer zu machen. Das gesamte Projekt Autarkie militä­rischer Infrastruktur ist ja bereits Großteils eingeleitet, und für dieses Projekt ergibt sich im Jahr 2022 ein Budgetbedarf von circa 22 Millionen Euro.

Auch bei der Beschaffung der 18 Hubschrauber des Typs Leonardo AW169M mit Ge­samtkosten in Höhe von 300 Millionen Euro sind wir im Zeitplan. Bis Ende nächsten Jahres werden die ersten Helikopter geliefert; die restlichen werden im Jahr 2023 kom­men. Sie werden unsere langgedienten Hubschrauber des Typs Alouette III ablösen, und wie wichtig diese einsatzbereiten Hubschrauber sind, das hat sich ja insbesondere in den letzten Wochen beim Waldbrand in Hirschwang gezeigt.

Ich möchte noch kurz auf die Sonderfinanzierungspakete eingehen, die wir bekommen haben. Für 2022 stehen dem Verteidigungsministerium Sonderinvestitionsmittel von 190 Millionen Euro zur Verfügung, 640 Millionen Euro für die Jahre 2021 bis 2024. Das heißt, wir werden in den kommenden Jahren zusätzlich in die Bereiche Covid-19-Assis­tenzeinsatz, Miliz generell, Cybersicherheit, ABC, Sanität, Terrorabwehr und Katastro­phenschutz investieren. Ich spreche da, sehr geehrte Damen und Herren, von 400 Mil­lionen Euro für den Zeitraum von heuer bis 2024, die eben für Terrorabwehr, ein Kata­strophenschutzpaket, ein Sanitätspaket und ein ABC-Paket ausgegeben werden.

Für den Bereich der Katastropheneinsätze werden wir Pioniergeräte anschaffen. Das beginnt bei den Pioniermaschinen und geht bis zu den Fahrzeugen und den anderen Transportsystemen.

Das 200-Millionen-Euro-Sonderinvestitionsmilizpaket ist auf dem Weg und bringt sehr viele Verbesserungen in den Bereichen Ausrüstung, Führungsunterstützung, Bewaff­nung und vor allem auch Mobilität.

Ich glaube auch, dass uns mit dem Modell Mein Dienst für Österreich ein sehr großer Schritt dahin gehend gelungen ist, für unsere jungen Soldatinnen und Soldaten ein at­traktives berufliches Angebot zu schaffen. Für eine freiwillige Meldung zu Milizübungen während des Grundwehrdienstes wird als Anreiz eine Freiwilligenprämie von circa 400 Euro pro Monat ab dem dritten Ausbildungsmonat gegeben, und zusätzlich gibt es auch eine Kaderausbildungsprämie von rund 200 Euro.

Warum tun wir dies alles? Warum bieten wir dies alles schon beim Grundwehrdienst an? – Weil dieser ja die Basis für alles ist, das dürfen wir nie vergessen! Unsere Grund­wehrdiener sind es, die die Basis für die Kadersoldaten, aber auch für die Miliz sind.

Darüber hinaus, sehr geehrte Damen und Herren, ist es mir auch ein großes Anliegen, den Soldatenberuf für Frauen attraktiver zu machen, den Frauenanteil im Bundesheer weiter zu erhöhen, die hierzu erforderlichen Ressourcen in meinem Ressort verfügbar zu machen und Frauen in Führungspositionen zu fördern. Eines gleich vorweg: Wir ha­ben einiges erreicht. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber es gibt unglaublich viel, das noch zu tun ist. Wir haben knapp 3 000 Frauen im Ressort, das sind 13 Prozent aller Bediensteten. Circa 700 davon sind Soldatinnen, die restlichen Damen sind Zivilbediens­tete. Das heißt, der Anteil der Uniformträgerinnen, der Soldatinnen beträgt 4 Prozent – das kann uns nicht zufriedenstellen. Wir sind vom Ziel noch sehr weit entfernt, und daher habe ich auch letztes Jahr eine aktualisierte Fassung des Frauenförderungsplanes mit sehr konkreten Maßnahmen und auch Kennzahlen angeordnet.

Wir setzen außerdem – ich hoffe, das ist dem einen oder anderen von Ihnen schon auf­gefallen – auf eine verstärkte Personalwerbung. Wir haben im Ressort drei konkrete Pro­gramme laufen: das Soldatinnenmentoring, regelmäßige Absolventinnentreffen, Vernet­zungstreffen und das Crossmentoring mit anderen Ministerien. Es gibt in diesem Bereich sehr viel zu tun. Wir haben auch eine eigene Richtlinie, die ganz konkret die Verpflich­tung aller Bediensteten zur Gleichstellung festschreibt.

Eines ist schon klar, sehr geehrte Damen und Herren: Soldatin zu sein, das ist ein Beruf wie kein anderer – vielfältig, interessant, aber ohne Zweifel auch herausfordernd. Was aber auch wichtig ist und was wir vielleicht das eine oder andere Mal noch mehr betonen sollten: Es gibt das gleiche Gehalt für die gleiche Leistung, es gibt unglaublich viele Be­rufsmöglichkeiten und Karrieremöglichkeiten bei uns, beim österreichischen Bundesheer.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Investition in das Bundesheer, das ist immer eine Investition in die Sicherheit – in die Sicherheit Österreichs. Und auch Sicherheit kostet Geld, die gibt es nicht zum Nulltarif, und ich freue mich wirklich sehr – ich hoffe, mit Ihnen –, dass die Leistungen des österreichischen Bundesheeres geschätzt werden, dass auch die budgetären Notwendigkeiten erkannt und anerkannt werden und dass wir jeden Tag die Möglichkeit haben, die Österreicherinnen und Österreicher davon zu über­zeugen, dass das Bundesheer unsere Sicherheitsgarantie ist. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.05

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Johann Höfinger zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.