15.48

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministe­rin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie man es in der Debatte bisher schon hat vernehmen können, ist das alles bestimmende Thema die Gemeinsame Agrarpolitik in Europa beziehungsweise die nationale Ausgestaltung dieser ab 2023. Über 1 607 Mil­lionen Euro aus dem nationalen Haushalt fließen jährlich in die Förderkulisse der GAP. Das hört sich nach viel an, zumal es von der Europäischen Union auch noch verdoppelt wird. Dennoch haben sich die Auszahlungsbeträge eigentlich seit der Einführung bezie­hungsweise seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union kaum verändert. Nicht nur diese Auszahlungsbeträge, sondern auch die Lebensmittelpreise haben sich in die­ser Zeit kaum verändert.

Es gibt wohl keine andere Branche, in der die kalte Progression so hart zugeschlagen hat wie in der Landwirtschaft. Die kalte Progression auf der einen Seite, die Hitzetage auf der anderen Seite – die abgelaufene Saison hat einen traurigen Rekord aufgestellt: Dürre, Hagel und Überflutungen haben Schäden in unfassbarer Höhe angerichtet.

Die wahre Bedrohung für uns Bäuerinnen und Bauern, Kollege Schmiedlechner, ist mit Sicherheit nicht eine Farm-to-Fork-Strategie oder höhere Umweltauflagen oder mehr Tierschutz, im Gegenteil, die reale Bedrohung für unsere Werkstatt unter freiem Himmel ist und bleibt, sofern wir nichts dagegen machen, der Klimawandel. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Erhalt unseres Naturkapitals – wie Boden, Luft und Wasser – muss oberste Priorität in allen Bereichen der Landwirtschaft haben. Wir brauchen uns schlichtweg keine Ge­danken mehr über unsere bäuerlichen Strukturen zu machen, wenn die Dreifelderwirt­schaft der Zukunft heißt: verdorrt, verschlammt, zubetoniert.

Statt ein System zu verteidigen, das bisher nur den Strukturwandel vorangetrieben hat und uns seit Jahrzehnten über 3 000 Arbeitsplätze jährlich im ländlichen Raum weg­nimmt, brauchen wir einen Masterplan Landwirtschaft, einen mit der Gesellschaft ak­kordierten Fahrplan, der nicht nur unser Naturkapital Boden, sondern auch unser Natur­kapital Bäuerin und Bauer in eine Zukunft führt.

Ich sehe die Dörfer, in denen der größte Bauer die Flächen seiner ehemaligen fünf Kol­leginnen und Kollegen pachtet und bewirtschaftet, ja jetzt schon. Die Folge ist nicht nur eine Abwanderung der Menschen aus den ländlichen Regionen, die Folge sind fünf Streuobstgärten weniger, da ein Hof sie ganz einfach nicht mehr allein bewirtschaften kann. Fünf Streuobstgärten weniger bedeutet: Tausende Insekten und Bestäuber weni­ger, damit unzählige Singvögel weniger und so weiter und so fort. Es kann in einem Umweltprogramm drinnen stehen, was will, wenn niemand mehr draußen ist, dieses um­zusetzen, haben wir nichts davon. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb ersuche ich Sie, Frau Minister, im Sinne von uns allen: Sorgen Sie für eine Umschichtung der Fördermittel hin zu den noch vorhandenen kleinstrukturierten Betrie­ben. So wie für die Wirtschaft die KMUs das Rückgrat darstellen, so sind es die kleinräu­migen Strukturen in der Landbewirtschaftung. Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hauser. – Bitte.