15.52

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Ich habe mich gestern (Abg. Stögmüller: Wo sind denn die ...?) – vermisst du schon etwas? – beim Kapitel Wirtschaft ausreichend zum Thema Tourismus geäußert, weil ich heute zum Thema Landwirtschaft reden will. Ich bedauere aber die desaströse Entwicklung für den österreichischen Tourismus nach dem von der Regierung verordneten Dauerlockdown des letzten Jahres sehr. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.)

Seit 2. November des letzten Jahres erfährt der österreichische Tourismus leider Gottes wieder ein Desaster, weil die Regierung seit Monaten die falsche Politik betreibt. Ich erinnere nur an die Aussprache mit den Tourismussprechern der anderen Parteien. Ich habe vor einem Monat eindringlich darauf hingewiesen, dass diese Coronapolitik der Regierung scheitern wird. Ich habe seit September darauf hingewiesen, dass die Coro­napolitik der Regierung falsch ist. Gegen ungeimpfte Personen zu hetzen und zu schimp­fen, ist zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.) Sie müssen endlich akzeptieren, dass nicht die Ungeimpften das Problem sind (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), sondern dass Ihre Politik das Problem ist und die Sache nicht regelt! Das ist wirklich ein Desaster!

Ich rede aber heute zum Thema Landwirtschaft, weil ich und weil wir wieder einmal einen Beitrag zur Rettung der Almwirtschaft im positiven Sinne leisten möchten. Es nützt das Budget in der Landwirtschaft überhaupt nichts, wenn die Wölfe die Landwirtschaft, die Almwirtschaft gefährden und entleeren. Das hilft ja nichts, wenn die Bauern nicht mehr auftreiben, wenn damit der Tourismus zu Schaden kommt und die Gesellschaft zu Scha­den kommt. Das ist ein wirkliches Desaster. Ich gebe heute der ÖVP noch einmal die Chance, ich bringe auch einen Antrag ein, einen Antrag von uns tatsächlich zu unter­stützen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wie schaut denn die Situation der Almwirtschaft und der Landwirtschaft aus? Eine An­fragebeantwortung von Frau Minister Gewessler, ganz aktuell, vom 18.10., sagt – auf die Frage: „Wie viele Wolfrisse gab es 2020, 2019 und 2018?“ (Zwischenruf des Abg. Hörl) –: Die Zahlen explodierten bis August: bei den Schafen von 125 auf 294, bei den Ziegen von acht auf 27, bei den Rindern von einem auf acht, also die Situation ist ein Desaster. Die Zahlen sind ja noch wesentlich höher, natürlich mit der Konsequenz, dass die Bauern die Almen nicht mehr bestellen und frühzeitig abtreiben. Wir müssen dadurch einen immensen Kulturverlust einstecken, der zuerst primär die Bauern trifft, aber natür­lich auch den Tourismus, und da müssen wir eingreifen.

Weiter in dieser Anfragebeantwortung: Wie viele Wölfe gibt es derzeit? – Die Frau Minis­ter sagt, es gibt ungefähr 40 Wölfe. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Es gibt ein Rudel in Allentsteig und es gibt herumziehende einzelne Wölfe, die tatsächlich das Problem sind. Ich frage: Na ja, was kann man denn tun, kann man möglicherweise den Schutzstatus reduzieren? Was sagt die grüne Ministerin Gewessler? – „Seitens meines Ressorts be­steht keine Absicht, vom unionsrechtlich zwingend vorgegebenen Schutzstatus [...] ab­zugehen.“

Auf meine Frage, was wir dann tun sollen, sagt die Ministerin, man könne diese Wölfe möglicherweise einzelfallbezogen entnehmen. Was bedeutet das? In Tirol gibt es ein Gremium, eine Kommission aus vier Experten. Bis die eine Entscheidung treffen, verge­hen Wochen, bis dann diese Entscheidung durch die Regierung umgesetzt wird, ver­gehen wieder Tage. Da darf dann ein Wolf entnommen werden und dann kommt die Beschwerde des WWF, der gegen diese Entnahme beruft und das Landesverwaltungs­gericht gibt dieser Beschwerde recht, es gibt also keinen Abschuss eines Problemwolfs.

Diese Politik wird scheitern! Deswegen haben wir in der Vergangenheit einen Antrag eingebracht, der von der ÖVP und von den Grünen immer wieder abgelehnt wurde, das müssen die Leute draußen wissen. Es ist darum gegangen ich lese vor –: „Die Bundes­regierung wird aufgefordert, notwendige Maßnahmen zu treffen, um ein aktives Wolfs­management in Österreich sowie die Entnahme von Problemwölfen (durch Änderung des Schutzstatus [...]“ von vier auf fünf „zu ermöglichen, um ein Bestehen der heimischen Almwirtschaft und Kulturlandschaft zu gewährleisten und die Sicherheit der Bevölkerung in wolfsnahen Siedlungsgebieten zu garantieren.“

Das wurde in den Ausschüssen vertagt, im Plenum abgelehnt, das hat also auch die ÖVP abgelehnt. Heute und hier bringen wir einen weiteren Entschließungsantrag ein, basierend auf dem Vorschlag des Vereins Weidezone Tirol. Ich bedanke mich beim Ob­mann Stefan Brugger und seinen Mitstreitern, die wirklich hervorragende überparteiliche Arbeit leisten.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Weidezo­ne Österreich – für den Erhalt der heimischen Kulturlandschaft und Almen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die dringend notwendigen Schritte für ein akti­ves Wolfsmanagement nach dem Vorbild von Schweden und Finnland in Österreich zu setzen.“

*****

Worum geht es da? In diesem Antrag geht es darum: Wir wollen dasselbe Recht, das es in Finnland und in Schweden gibt, wo die Rentierzucht als Kultur der traditionellen Bevölkerung der Samen  geschützt ist. Die Wölfe werden dort entnommen, damit die Rentierzucht aufrechterhalten werden kann. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)

Wir sagen, wir haben im Alpenraum seit 6 000 Jahren dieselbe Tradition. Auch wir müs­sen unsere Almen schützen. Wenn das in Finnland und Schweden möglich ist, muss das in Österreich auch möglich sein. Ich bitte um Unterstützung dieser Initiative durch das Parlament. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.58

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Peter Schmiedlechner, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Weidezone Österreich – für den Erhalt der heimischen Kulturlandschaft und Almen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 42 Landwirtschaft, Regionen und Tourismus) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 17. November 2021

„Weidezone Tirol“ – eine überparteiliche Plattform für den Erhalt der heimischen Kultur­landschaft und Almen – präsentiert auf ihrer Website1 zwei gangbare Wege hin zu einem aktiven Wolfsmanagement in Österreich, wie es auch die FPÖ mit mehreren Anträgen2 im Nationalrat bereits gefordert hat:

1.   Der schwedische Weg

In Schweden gibt es schon seit 1971 Rennäringslagen, das schwedische Gesetz zur Rentierwirtschaft. Die Rentierzucht wird gerade deshalb geschützt, weil sie ein wesentli­cher Teil der Kultur der Samen ist.

Zum Schutz der Rentierwirtschaft wurden einzelne Wölfe, die aus Finnland nach Nord­schweden einwandern wollten, aufgrund der Regelungen in § 25 des Rennäringslag ge­zielt entnommen. Dies führte dazu, dass die Europäische Kommission gegen Schweden wegen Verstoßes gegen die FFH-Richtlinie ein Vertragsverletzungsverfahren einleitete. Die schwedische Regierung verwies auf die besondere Situation der Samen einerseits und die bestehende Wolfs-Population in Mittelschweden andererseits. Heute ist es so, dass Wölfe, die aus Finnland kommend nach Schweden einwandern wollen, im Rahmen einer sogenannten „Schutzjagd“ entnommen werden und die EU-Kommission dagegen nichts weiter unternimmt. Daraus ergibt sich eine Möglichkeit für eine analoge Lösung in Österreich.

In Österreich gibt es – wie in Schweden – eine noch relativ geringe Zahl von Wölfen, die in Rudeln im Norden und Osten des Landes leben. Diese Rudel leben unter anderem in Truppenübungsplätzen. Nun sind diese einzelnen Rudel wohl noch keine sicher überle­bensfähige Population, aber ihr Anwachsen zu einer solchen erscheint realistisch. Dane­ben gibt es einzelne umherstreifende Wölfe im Alpenraum, die keinem Rudel angehören und auch keine Möglichkeit haben, sich einem Rudel anzuschließen, weil es solche ge­rade im österreichischen Alpenraum nicht gibt. Diese Einzelgänger sind es, welche die großen Probleme in der traditionellen Landwirtschaft verursachen. Und dies dürfte der Grund sein, weshalb die Europäische Kommission die Entnahme solcher Tiere in den Rentierhaltungsgebieten Nordeuropas duldet – in Finnland aufgrund der ausdrücklichen Ausnahme im Anhang der FFH-Richtlinie, und in Schweden aufgrund einer stillschwei­genden Übereinkunft mit der schwedischen Regierung.

Österreich könnte entsprechend dem schwedischen Modell eine interne Regelung zur Einrichtung von Schutzzonen für den Wolf einerseits und Zonen für die Weidehaltung auf den Almen andererseits treffen.

2.   Der finnische Weg

Mit Wirkung zum 01.01.1995 ist Österreich, Schweden und Finnland in die EU einge­treten. Die FFH Richtlinie wurde 1992 erlassen und war beim Beitritt von Österreich bin­dend. In Finnland gibt es schon seit 1990 ein Gesetz, mit dem die Rentierhaltungsge­biete geregelt sind. Die Rentierhaltung ist nämlich für die Kultur der Samen, der Urein­wohner Nordeuropas, von besonderer Bedeutung. Durch dieses Gesetz sollte dieses Kulturgut gesichert werden. Die Gebiete mit Wolfspopulation überschneiden sich in Finn­land teilweise mit dem Rentierhaltungsgebiet. Innerhalb des Rentierhaltungsgebietes besteht kein strenger Schutz des Wolfes nach Anhang IV zur FFH-Richtlinie; außerhalb dagegen schon.

Eine vergleichbare traditionelle Kultur stellt die Weidehaltung von Schafen und Ziegen in den Hochlagen der Ostalpen dar. Auch sie besteht schon mindestens 6000 Jahre und ist in der besonderen Form der Transhumanz sogar als immaterielles Kulturerbe in das Nationale Verzeichnis der Österreichischen UNESCO-Kommission aufgenommen wor­den. Anders als die Rentierhaltung in Finnland wird die Weidehaltung von Schafen und Ziegen in den Ostalpen sogar nach wie vor im Wesentlichen durch die angestammte Bevölkerung betrieben. Bei Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes spricht deshalb viel dafür, den Weidegebieten der Ostalpen einen ähnlichen Ausnahmestatus wie den finnischen Rentierhaltungsgebieten zu gewähren.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die dringend notwendigen Schritte für ein akti­ves Wolfsmanagement nach dem Vorbild von Schweden und Finnland in Österreich zu setzen.“

1       www.weidezone.tirol

2       Änderung der FFH-Richtlinien zur Sicherung der heimischen Almwirtschaft (www.par­lament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00825/index.shtml), Bevölkerungsschutz in wolfs­nahen Siedlungs-gebieten durch Anpassung der FFH-Richtlinie (www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01768/index.shtml) und Steigerung der Wolfrisse um +53%: Es wird Zeit zu handeln! (www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01915/in­dex.shtml)

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung, da er auch ordnungsgemäß eingebracht worden ist.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte sehr.