9.21

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Österreicherinnen und Österreicher zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, wir diskutieren heute den dritten Tag das Budget, heute diskutieren wir den Bereich Frauen und Familie.

Es werden im Bereich Familie 7,7 Milliarden Euro für familien-, kinder- und jugendunter­stützende Leistungen ausgegeben, der größte Teil davon sind die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld; aber auch Sachleistungen wie Familienberatungsstellen, Schülerfreifahrten und Schulbücher werden aus dem Flaf finanziert.

Die Familienbeihilfe wurde in den letzten 27 Jahren, seit 1994, um genau 12,30 Euro – das sind 12 Prozent – erhöht. Die Inflationsrate betrug im selben Zeitraum 57,4 Prozent. Ja, 57,4 Prozent in diesem Zeitraum – das ist ein enormer Wertverlust!

Kommen wir zum Kinderbetreuungsgeld: Es wurde 2002 eingeführt, und in dieser Form wurde es überhaupt noch nie erhöht. Stattdessen kam es mit der Reform von 2017 teil­weise sogar zu Kürzungen. Wir erleben eine ständige Teuerung und derzeit eine enorme Preiserhöhung, dadurch sind die Kosten des täglichen Lebens für viele Familien immer schwieriger zu stemmen.

Wir stellen uns das so vor wie bei anderen Transferleistungen, zum Beispiel der Sozial­hilfe oder dem Pflegegeld: Dieses wurde 2020 an die jährliche Inflationsrate angepasst, es erfolgt eine automatische Anpassung. So würden wir uns das eben auch für die Fa­milienleistungen – für die Familienbeihilfe, für das Kinderbetreuungsgeld – vorstellen.

In diesem Zusammenhang bringe ich einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Anpassung aller Familienleistungen an die Inflationsrate“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass Familienleistungen, die in den letzten Jahren nicht erhöht wurden, in einem Ausmaß erhöht werden, welche den Wertverlust, der durch diese unterlassenen Anpassungen entstanden sind, ausgleicht und zudem in Zukunft bei allen Familienleis­tungen eine jährliche Indexanpassung sicherstellt.“

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Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt noch einen weiteren Handlungsbedarf, und zwar beim Kindesunterhaltsrecht, bei den Unterhaltsvorschüssen. Dafür sind für 2022 138 Millionen Euro vorgesehen, das sind um 5 Millionen Euro weniger als 2021. Man rechnet damit, dass 90 Millionen Euro durch Rückzahlung wieder an den Staat zurück­fließen, und dann bleiben 48 Millionen übrig. Das heißt – und das ist auch Fakt ‑, der Staat bleibt auf einem Schaden von 48 Millionen Euro sitzen.

Ich frage mich, Frau Bundesminister, wie lange es noch dauert, dass zu diesem Thema, zu diesem wichtigen Thema eine Reform zustande kommt. Sie reden sich in den Aus­schüssen – auch vorige Woche bei den Verhandlungen – immer auf die Justiz, auf die Justizministerin, aus. Zum Teil muss ich Ihnen da sogar recht geben, denn die Justizmi­nisterin ist eine Grüne, die bewegt sich kaum.

Auch Sie, Frau Bundesminister, sollten sich da aber wirklich einbringen! Da gibt es eine Arbeitsgruppe, die jetzt schon seit vier Jahren tagt. Wir kennen weder einen Zwischen­stand, noch wissen wir, wie weit diese Arbeitsgruppe jetzt schon verhandelt hat oder was in diese Richtung kommen soll. Ich bitte Sie wirklich: Bringen Sie sich da ein, schauen Sie, dass Sie in diese Arbeitsgruppe eingebunden werden! Helfen Sie mit! Hören Sie endlich einmal auf, zu reden, handeln Sie und helfen Sie bei der Umsetzung mit! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

9.26

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

betreffend Jährliche Anpassung aller Familienleistungen an die Inflationsrate

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 25

in der 129. Sitzung des Nationalrates am 18. November 2021

Der Katholische Familienverband fordert die Anpassung aller Familienleistungen an den Verbraucherpreisindex. „Während Pensionen, Löhne und Parteienförderungen fast auto­matisch wertangepasst werden, gilt das für Familienleistungen wie das Kinderbetreu­ungsgeld oder die Familienbeihilfe nicht“, so Alfred Trendl.

Die Familienbeihilfe beispielsweise ist 2014 um 4%, 2016 um 1,9% und 2018 um 1,9% angehoben worden. Durch ständige Teuerungen und Wertverluste ist es an der Zeit, eine automatische Inflationsraten-Anpassung vorzunehmen. (Quelle: 267/A(E))

Im Unterschied zu den Pensionen wird die Familienbeihilfe nicht regelmäßig erhöht, um die Inflation abzugelten. Mit dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 wurde das Sys­tem der Familienbeihilfe auf neue Beine gestellt.

§ 8 FLAG regelt die Höhe der zustehenden Beträge für die Familienbeihilfe. Ursprünglich gab es einen einheitlichen, altersunabhängigen Betrag für alle Kinder. Erhöhungen wur­den nach der Anzahl der Kinder gewährleistet. Im Laufe der Zeit wurden schrittweise nach dem Alter gestaffelte Beträge eingeführt.

Wie die inflationsbereinigte Kurve zeigt, wurden in der Vergangenheit immer wieder Inflationsanpassungen durchgeführt (1968-1974 und 1986-1992). Ab 1980 wurde für Kinder ab 10 Jahren ein höherer Betrag ausbezahlt, eine weitere Altersgrenze wurde im Jahr 1992 eingezogen, nämlich die Altersgrenze ab 19 Jahren, welche auf Kosten der übrigen Altersbeträge erhöht wurde. Zuletzt wurde die Altersgruppe der Unter-Drei-Jäh­rigen im Jahr 2002 eingeführt, welche mit dieser Änderung unverändert blieb, wobei die restlichen Altersbeträge angehoben wurden.

Während vor allem zwischen 1968 und 1974 und später 1978 und 1992 immer wieder Inflationsanpassungen durchgeführt wurden (ähnlich einer automatischen Anpassung), erfolgten seit 1992 nur ungenügende Valorisierungen, sodass die einzelnen Beträge heute auf dem Niveau der späten 70er Jahre zu liegen kommen (Ausnahme die Alters­gruppe ab 19 Jahren – Niveau von 1985). In Anbetracht der demografischen Entwicklung eine höchst fahrlässige politische Untätigkeit.

Nicht zuletzt durch die Covid-19-Krise sind viele Familie in finanziellen Schwierigkeiten. Einmalzahlungen durch die Regierung waren und sind oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein Großteil der Familienleistungen werden derzeit nicht jährlich inflationsange­passt, wodurch die Kaufkraft vieler Familien von Jahr zu Jahr sinkt.

Um die Finanzkraft der Familien zu stärken, ist eine jährliche Anpassung der Familien­leistungen an den Verbraucherpreisindex wie vom Katholischen Familienverband gefor­dert, dringend erforderlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass Familienleistungen, die in den letzten Jahren nicht erhöht wurden, in einem Ausmaß erhöht werden, welche den Wertverlust, der durch diese unterlassenen Anpassungen entstanden sind, ausgleicht und zudem in Zukunft bei allen Familienleis­tungen eine jährliche Indexanpassung sicherstellt.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Disoski. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.