9.26

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Während wir hier unsere Plenardebatte begonnen haben – Kollegin Holzleitner hat schon darauf hingewiesen –, haben draußen auf dem Platz Frauenorganisationen, Gewaltschutzorga­nisationen darauf aufmerksam gemacht, dass der Gewaltschutz seit Jahren chronisch unterfinanziert war, dass beim Gewaltschutz seit Jahren budgetär nichts gemacht wor­den ist. Das war tatsächlich so. Wenn man sich die Zahlen vergegenwärtigt: Zehn Jahre lang sind die Forderungen von Gewaltschutzorganisationen, von Frauenorganisationen nicht erhört worden, sind verpufft, es gab nicht mehr Geld, es gab Stagnation, zuletzt, unter der türkis-blauen Bundesregierung, sogar Kürzungen. Jetzt jedoch, mit der türkis-grünen Bundesregierung, haben wir das Budget für den Gewaltschutz zum dritten Mal in Folge ressortübergreifend erhöht – zum dritten Mal in Folge! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Kollegin Pfurtscheller hat schon darauf hingewiesen: Das Frauenbudget, das Budget im Frauenministerium – so heißt es ja korrekt – ist von Zehn-Komma-ein-bissl-was Millio­nen Euro auf 18,4 Millionen Euro erhöht worden. Das ist eine Steigerung von 81 Prozent, und das kann sich wirklich sehen lassen.

Das kann sich vor allem auch deshalb sehen lassen, weil das nicht alles ist. Wir haben das Budget für den Gewaltschutz, die Gewaltprävention ressortübergreifend überall erhöht. Im Justizministerium gibt es fast 6 Millionen Euro zusätzlich für den Gewalt­schutz, im Innenministerium 17 Millionen Euro für den Gewaltschutz, es gibt im Gesund­heitsministerium, im Sozialministerium wichtige Initiativen, die der Gesundheits- und So­zialminister jetzt unterstützt, weil in manchen Fällen Städte, Länder, Bundesländer auslassen und das nicht machen wollen. Das heißt, es ist ganz wichtig, da zu differen­zieren und auch klarzumachen: Gewaltschutz ist einerseits ressortübergreifend, ande­rerseits, wie Kollegin Pfurtscheller gesagt hat, nicht alleinige Aufgabe des Bundes. Da sind die Länder, die Städte, die Gemeinden in der Pflicht, und ich möchte an all jene, die sich für mehr Geld einsetzen, appellieren, sie auffordern und einladen: Reden Sie auch dort mit Ihren Kolleginnen und Kollegen, wo Sie Regierungsverantwortung auf anderen Ebenen haben – da gibt es schon noch einiges zu tun.

Kollegin Holzleitner, ich habe dir sehr gut zugehört. Du hast auf mehrere Lücken hinge­wiesen, die du benannt hast, seien es Kinderbetreuungsangebote, sei es die Bezahlung in Berufen mit hohem Frauenanteil und einiges mehr, und tatsächlich: Du hast in der Analyse der Lücken völlig recht.

Wo wir, glaube ich, eine ganz andere Meinung haben, ist, wenn wir eine Antwort auf die Frage suchen, wann denn diese Lücken zustande gekommen sind. Weil du den Gender­paygap angesprochen hast: 20 Prozent verdienen Frauen in Österreich weniger als Männer, brutto, am Stundenlohn gemessen. Das ist nicht in den letzten zwei Jahren entstanden, das gab es schon vorher genauso. Was habt ihr dagegen getan? Was? (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Du hast auf die Armutsgefährdung von Alleinerziehenden hingewiesen. Die letzte Kin­derkostenstudie, auf deren Basis Förderungen wie beispielsweise die Unterhaltszahlun­gen oder auch die Familienbeihilfe bemessen werden, die letzte Kinderkostenstudie stammt aus dem Jahr 1964! Wieso habt ihr keine neue in Auftrag gegeben? – Das habt ihr nicht gemacht, wir machen es. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Kinderbetreuungsplätze: Wir wissen, dass wir da in Österreich noch Luft nach oben haben. Wir Grüne bekennen uns zu einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuungsplätze (Zwischenruf bei der SPÖ), wir werden das gemeinsam mit dem Koalitionspartner um­setzen. Wir haben schon erste Schritte gemacht, beispielsweise dort, wo von euch ver­absäumt worden ist, eine Lücke zu schließen: wenn es um die Ausbildung von Elemen­tarpädagoginnen und Elementarpädagogen geht. Sie sind nämlich die Voraussetzung dafür, dass wir die Zahl der Kinderbetreuungsplätze ausbauen können, und das machen wir!

Weil du, Kollegin Holzleitner, gesagt hast, die Auswirkungen der Pandemie auf Frauen sind von der Regierung ignoriert worden: Genau das Gegenteil ist der Fall. Wieso haben wir denn eine Arbeitsstiftung in Höhe von 700 Millionen Euro ins Leben gerufen, die einen dezidierten frauenpolitischen Schwerpunkt hat – mit Qualifizierungsmaßnahmen, mit Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der Pflege, der Technik und der Green Jobs ‑, um Frauen den Umstieg zu ermöglichen? Wieso haben wir dafür Sorge getragen, dass 50 Prozent der AMS-Mittel wieder für Frauen verwendet werden? Wieso haben wir unterschiedliche Stufen der Steuerreform vorgezogen, wie zum Beispiel den Sozialver­sicherungsbonus? Wieso haben wir die Auszahlung des Kindermehrbetrags initiiert? – Genau um diese Auswirkungen auf Frauen zu minimieren.

Zum Schluss – meine Redezeit ist vorbei – zwei oder drei Dinge: Wenn wir uns jetzt anschauen, was in den vergangenen zwei Jahren frauen- und gleichstellungspolitisch passiert ist, sehen wir, dass das einiges ist. Es ist aber noch viel zu tun, es sind noch viele Lücken da. Ich habe mir ein Zitat von Johanna Dohnal herausgesucht, das ich am Schluss mit euch teilen möchte, weil ich finde, dass es sehr gut zu der Situation, in der wir uns befinden, passt. Wir haben von vielen Seiten eine rhetorische Gleichstellung, die mit dem, was in der Realität der Fall ist, noch nicht ganz zusammenpasst. Johanna Doh­nal hat einst gesagt – ich darf sie zitieren –: „Die Jubelmeldungen über das Ende des Patriarchats durch den Vormarsch der Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen sind als das zu verstehen, was sie sind: Propaganda der Patriarchen und Postfeminis­tinnen.“

Das trifft nach wie vor zu. Wir haben wirklich noch viel zu tun. Solange wir hier sitzen und stehen und uns über Genderpaygaps, über Genderpensiongaps unterhalten, solan­ge wir die Situation haben, dass Pressekonferenzen und Round Tables stattfinden, in denen Männer uns erklären, welche Krisenmaßnahmen getroffen werden, müssen wir alle parteiübergreifend zusammenarbeiten, und das werden wir auch tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)

9.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.