9.49

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Das Frauen­budget steigt auf 18,4 Millionen Euro. Das ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Sie, Frau Minister, sagen, das Budget reiche aus, die Frauenorganisationen seien damit zufrieden, die Gewaltschutzplätze seien ausfinanziert. Gleichzeitig zum Budget laden aber diese Woche der Österreichische Frauenring und die Allianz gewaltfrei leben zu einer Protest­aktion vor das Parlament, weil das Geld nicht reicht. Also was jetzt? Genug Geld? Zu wenig Geld?

Sehr geehrte Damen und Herren, es liegt auch nicht immer nur am Geld. Es liegt viel­leicht auch daran, dass wir mehr zielgerichtete Maßnahmen brauchen. Wir brauchen mehr Projekte, mehr Maßnahmen in der Prävention. Wir müssen die Gesellschaft zu diesem alarmierenden Thema Gewalt in der Familie in Österreich wachrütteln und die Menschen dafür gewinnen, hinzusehen und nicht wegzuschauen sowie auch das Ge­waltpotenzial von – ja leider, es ist so – meist Männern, die auch sehr oft ausländische Wurzeln haben, zu erkennen.

Frau Minister, was ist eigentlich aus dieser dreistelligen Notruftelefonnummer gewor­den? Es braucht die Möglichkeit eines schnellen, eines unkomplizierten Hilfeschreies, bei dem sofort Antwort und Unterstützung kommt, bei dem die Polizei kommt, bevor der Mord passiert, und nicht, wenn es zu spät ist. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich habe schon einmal davon gesprochen: Es gibt in Spanien, Belgien und Frankreich eine SOS-App, die in dieser Hinsicht wirklich Unterstützung anbietet. Darum bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS APP“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, umgehend eine SOS APP anzubieten, die es von Gewalt betroffenen Frauen ermöglicht, im Gefahrenfall rasch mit der Polizei Kontakt auf­zunehmen.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, Gewaltschutz ist wichtig, ganz klar, aber Frauenpolitik darf nicht nur Gewaltschutz sein. Frau Minister, Sie betonen immer, Frauenpolitik ist Querschnittmaterie – dann ersuchen wir Sie wirklich sehr dringend, sich in dieser Quer­schnittmaterie mit Ihren Ministern zusammenzusetzen und die Themen umzusetzen, die für die Frauen in Österreich offen sind: die Absicherung und die Unterstützung in der häuslichen Pflege, der Coronabonus im Pflege- und Gesundheitsbereich, überhaupt die Rahmenbedingungen in der Pflege, Projekte zur Schließung des Einkommensunter­schiedes, die Absicherung von armutsgefährdeten Frauen in der Pension.

Viele Frauen bekommen keine eigenständige Pension. Sie haben Kinder großgezogen, sie haben ihre Eltern gepflegt, sie haben nie Kinderbetreuung auf Kosten der Allgemein­heit in Anspruch genommen. Wo bleibt mehr Anerkennung für die Carearbeit, wo bleiben Ihre Maßnahmen zur Aufwertung der typischen Frauenberufe und wo bleibt die jährliche Evaluierung der Familienleistungen? Diese Familienleistungen müssen sich Familien mühsam auf zig einzelnen Seiten der Homepages von Ministerien zusammensuchen. Das geht einfacher, das geht schneller – nutzen wir den digitalen Fortschritt! Dazu darf ich auch einen Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „App für Fa­milienleistungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, eine App zu schaffen, die Familien mit wenigen Klicks bezogen auf ihre persönliche Situation einen umfassenden Überblick über sämtliche Familienleistungen, auf die die jeweilige Familie Anspruch hat, gibt.“

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Frau Minister Raab, Österreich braucht eine Frauenministerin, eine Frauenpolitikerin, die für die Sorgen, für die Interessen und für die Lebensrealitäten der österreichischen Frauen eintritt (Abg. Sieber: Das haben wir!) und sich dafür noch mehr einsetzt, denn Frauenpolitik ist trotz der alarmierenden Entwicklungen im Bereich Gewalt gegen Frauen mehr als nur Gewaltschutz. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

9.53

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA

und weiterer Abgeordneter

betreffend SOS APP

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor-anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 10

in der 129. Sitzung des Nationalrates am 18. November 2021 – UG 10

EU-weit ist jede dritte Frau von Gewalt betroffen, jede Zehnte von sexueller Gewalt, jede 20. Frau wurde bereits das Opfer einer Vergewaltigung. Jeden Tag werden mehrere Frauen ermordet, die Zahlen steigen. In Österreich haben sich die Zahlen allein von 2014 bis 2018 verdoppelt. Und die Dunkelziffer liegt noch höher.

Gewalt an Frauen ist vielfältig - sexuelle Gewalt, physische Gewalt, psychische Gewalt, Zwangssterilisation, Zwangsverheiratung, weibliche Genitalverstümmelung, Ehrenmor­de. Gewalt an Frauen ist durch nichts zu rechtfertigen.

Covid-19 und die dadurch bedingten Lockdowns haben zu einem weiteren, erschrecken­den Anstieg von Gewalt gegen Frauen geführt: Mehr als 83 Polizeieinsätze in den ersten 31 Lockdown-Tagen in Spanien, 30 Prozent mehr Meldungen von Gewalttaten in den ersten elf Lockdown-Tagen in Frankreich.

Die Zahlen für 2020 für Österreich sind ebenso erschreckend:

•     31 Frauen wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik – häufig von ihren (Ex-)Partnern oder Familienmitgliedern – ermordet.

•     11.652 Betretungs- und Annäherungsverbote wurden verhängt.

•     26 Frauenhäuser insgesamt 2.994 Personen, 1.507 Frauen und 1.487 Kinder, be­treut.

•     10.571 Anrufe gingen bei der Frauenhelpline ein; bei 329 Anrufen musste wegen akuter Gewalt bzw. Gefährdung bei der Polizei oder bei Behörden mit Zustimmung der Anruferinnen interveniert werden.

Und das Jahr 2021 hat bislang zu keinem Rückgang der Gewalt gegen Frauen gezeigt, am 21. Oktober 2021 verzeichnete Österreich den 22. Frauenmord im heurigen Jahr in Österreich.

Rasch wirksame Maßnahmen gegen die steigende Gewalt an Frauen lassen in Öster­reich trotz anderweitiger Bekenntnisse der Bundesregierung leider auf sich warten. Ver­gleichbare Maßnahmen wie Spanien sie bereits gesetzt hat, wie beispielsweise die Nut­zung geschlossener Ferienunterkünfte als temporäre Frauenhäuser, sucht man in Ös­terreich vergeblich.

Nicht umgesetzt wurde bislang eine SOS-App, die es betroffenen Frauen auf unkompli­zierte Weise ermöglichen würde, direkt mit der Polizei verbunden werden und somit rasch und unverzüglich Kontakt aufzunehmen. Derartige Apps gibt es beispielsweise bereits in Spanien, Belgien und Frankreich.

Bislang hat die Bundesregierung Maßnahmen lediglich in Aussicht genommen. Gewalt gegen Frauen passiert jetzt. Maßnahmen müssen daher sofort gesetzt und umgesetzt werden. Es braucht umgehend Versorgungsstandards für die Opfer, Anspruch auf zeit­nahe Therapie und volle Härte gegen Wiederholungstäter.

Damit rasch mit der Umsetzung von Maßnahmen gegen die Gewalt gegen Frauen be­gonnen wird, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, umgehend eine SOS APP anzubieten, die es von Gewalt betroffenen Frauen ermöglicht, im Gefahrenfall rasch mit der Polizei Kontakt auf­zunehmen.“

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker

und weiterer Abgeordneter

betreffend App für Familienleistungen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 25

in der 129. Sitzung des Nationalrates am 18. November 2021

Viele Familien beantragen oft nur einen Bruchteil der Familienleistungen, die ihnen ei­gentlich zustehen würden. Besonders in der Zeit vor oder nach einer Geburt sind viele Anträge einzureichen. Familien sind, derzeit verschärft durch die COVID-19 Pandemie, mit vielen Herausforderungen konfrontiert und wissen nicht immer Bescheid, welche fa­milienpolitische Leistungen ihnen zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe tatsächlich zustehen. Zudem müssen Eltern teilweise monatelang auf die Auszahlung diverser Leis­tungen (Familienbeihilfe, Familienhärteausgleichsfonds, Pflegegeld, Schülerbeihilfe, Ka­renzanträge etc.) warten beziehungsweise erhalten sie extrem verspätete Rückmeldun­gen zu ihren Anträgen.

Im schwarz-grünen Regierungsprogramm heißt es auf Seite 196 unter dem Kapitel „Fa­milien“ mit den Stichwörtern „digital“ und „Verfahrenserleichterung“: „FABIAN als digitale Weiterentwicklung zur Auszahlung der Familienbeihilfe und Verfahrenserleichterung bei erhöhter Familienbeihilfe für Menschen mit Behinderung.“

In Deutschland wurde das „Infotool Familienleistungen“ geschaffen. Bürger geben dabei ihre Familiensituation ein und bekommen automatisch Informationen zu den auf ihre persönliche Situation bezogenen, familienpolitischen Leistungen. Das Infotool bietet mit wenigen Klicks einen umfassenden Überblick über die Leistungen, auf die die jeweilige Familie voraussichtlich Anspruch hat.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, eine App zu schaffen, die Familien mit wenigen Klicks bezogen auf ihre persönliche Situation einen umfassenden Überblick über sämtliche Fa­milienleistungen, auf die die jeweilige Familie Anspruch hat, gibt.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. Bei ihm steht das Wort. – Bitte, Herr Abge­ordneter.