10.19

Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf heute über die Schwer­punkte sowohl im Frauen- und Gleichstellungsbereich als auch im Familienbudget für das kommende Budgetjahr sprechen. Ich freue mich wirklich sehr, dass das Frauen­budget 2022 18,4 Millionen Euro vorsieht – um fast 4 Millionen Euro mehr als im Vorjahr, um 6 Millionen Euro mehr als im Jahr davor und um rund 8 Millionen Euro mehr als im Jahr vor meinem Amtsantritt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Neßler.)

Wir haben es nun zum dritten Mal hintereinander geschafft, mehr Geld für die Frauen in Österreich zur Verfügung zu stellen. Österreich hatte noch nie ein so hohes Frauenbud­get: 81 Prozent mehr als zu Beginn unserer gemeinsamen Legislaturperiode.

Ein großer Teil dieses Geldes fließt in den Gewaltschutz. Das ist uns deshalb so wichtig, weil wir wollen, dass jede Frau und jedes Mädchen in Österreich vor Gewalt auch innerhalb der eigenen vier Wände geschützt ist; dass wir für jede Frau, für jedes Mäd­chen und für Kinder einen Zufluchtsort in Österreich schaffen und dass jede Frau weiß, wo sie diesen Zufluchtsort in Österreich findet.

Der Opferschutz wird mit der Budgeterhöhung nicht nur finanziell abgesichert – das ha­ben mir die Vertreterinnen und Vertreter der Gewaltschutzzentren so mitgeteilt –, son­dern das Angebot für die Betroffenen wird verstärkt, es wird substanziell ausgeweitet, beispielsweise durch zusätzliche Beratung im Zusammenhang mit sicherheitspolizeili­chen Fallkonferenzen. Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist auch mehr als not­wendig, denn häusliche Gewalt kann niemals Privatsache sein. Das geht uns allesamt an, und es ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dagegen anzukämpfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit dem Gewaltschutzpaket vom Mai 2021 ziehen auch viele weitere Ressorts an die­sem Strang, allen voran natürlich das Innenressort, aber genauso das Justizressort und das Sozialministerium – und weil immer wieder auch davon gesprochen wird: Ja, selbst­verständlich sehen wir im Frauenministerium unsere Aufgabe darin, die Gewaltschutz­maßnahmen innerhalb der Regierung zu koordinieren, aber es kann niemals nur die Aufgabe von uns Frauen und auch niemals nur die Aufgabe der Frauenministerin sein, gegen Gewalt in Österreich anzugehen. Das ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufga­be, und daher spiegeln sich dieser Ansatz und diese Bemühungen auch in den Budgets der anderen Ressorts wider – und das ist auch gut und richtig so. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Basis für ein gewaltfreies Leben ist ein selbstbestimmtes Leben, ein finanziell un­abhängiges Leben für die Frauen. Daher ist es wichtig, dass wir auch mit dem neuen Budget in die Stärkung und die Selbstbestimmung von Frauen investieren. Wir müssen die klassischen Rollenbilder aufbrechen. Wir müssen Mädchen und Frauen auch für die Zukunftsbranchen begeistern, für naturwissenschaftliche, für technische, für mathemati­sche Berufe – überall dort, wo auch das Geld zu Hause ist; überall dort, wo Frauen und Mädchen auch mehr verdienen können –, um einen Beitrag zu leisten, die leidige Ge­haltsschere in Österreich zu schließen. Und wir müssen auch einen Beitrag leisten, dass jedes Mädchen in Österreich das werden kann, was es will. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Wir haben daher bereits in diesem Frühjahr einen Förderaufruf zum Thema Empower­ment von Mädchen und Frauen mit Fokus auf diese technischen Branchen gestartet. Dafür habe ich im letzten Jahr bereits 1,6 Millionen Euro aus dem Frauenbudget zur Verfügung gestellt, und diese Initiativen werden wir auch weiterführen.

Auch die weiteren Projekte aus meinem Ressort – wie beispielsweise die durchgeführte sogenannte Mint-Girls-Challenge oder der bundesweite Girls’ Day – sollen dazu beitra­gen, die Bewusstseinsbildung bei Frauen und Mädchen voranzutreiben: dass nämlich diese Branchen einfach attraktive Branchen sind, dass diese Branchen nicht nur Män­nerbranchen, sondern Zukunftsbranchen sind, in denen wir die klügsten Köpfe brau­chen – und das sind eben auch Mädchen und Frauen in unserem Land.

Die Grundlage für die Selbstbestimmung der Frau ist, dass sie finanziell unabhängig ist. Daher ist es auch ein Schwerpunkt im Frauenbudget, dass wir Frauen am Arbeitsmarkt fördern. Das kann aber natürlich nicht nur die Aufgabe der Frauenministerin sein. Wir haben deshalb im Arbeitsministerium einen Schwerpunkt auf die Förderung von Frauen durch das Arbeitsmarktservice gesetzt: Es kommt zu einer überproportionalen Förde­rung von Frauen im AMS-Budget. Die Förderung steigt auf 4 Prozent, das heißt, für arbeitslose Frauen stehen 4 Prozentpunkte mehr Fördermittel zur Verfügung, als es ih­rem Anteil an Arbeitslosen entspricht. Das ist eine Diskriminierung von Frauen im posi­tiven Sinne, wenn man so will, denn es ist wichtig, dass wir einen Schwerpunkt setzen, damit Frauen durch den Job selbstbestimmt finanzielle Unabhängigkeit erlangen kön­nen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Coronajoboffensive wird einen großen Teil dazu beitragen. Von 2020 bis 2022 ste­hen insgesamt 700 Millionen Euro dafür zur Verfügung. Bislang waren 54 Prozent der Teilnehmenden Frauen. Ich möchte Arbeitsminister Martin Kocher ganz herzlich dafür danken, dass auch ihm die Gleichstellung ein Anliegen ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, Frauen leisten in unserer Gesellschaft wirklich Über­menschliches, auch in der Krise, egal, ob im Wirtschafts- und Arbeitsmarktbereich, im Rahmen sozialen Engagements, in der Pflege von Familienangehörigen, wie wir heute gehört haben, aber natürlich auch insgesamt als Mütter in der Familie. Es ist daher wichtig, dass wir Rahmenbedingungen schaffen, um Frauen, aber natürlich auch Fami­lien generell zu entlasten. Und ja, ich möchte es an dieser Stelle noch einmal ausdrück­lich sagen: Wir werden die Zahl der Kinderbetreuungsplätze auch in den kommenden Jahren erhöhen. Wir werden mehr Plätze für die Betreuung von kleinen Kindern in Kin­dergärten und Kindergruppen schaffen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auch das ist natürlich nicht nur Aufgabe der Bundesregierung, sondern verfassungsge­setzlich sind auch die Länder zuständig. Daher ist es unsere Aufgabe als Bundesregie­rung, die Länder dabei zu unterstützen. Die Verhandlungen mit den Bundesländern be­treffend Kinderbetreuung haben bereits begonnen, und ich freue mich, dass wir ge­meinsam mit dem Regierungspartner ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Kinderbe­treuung geschafft haben. Das wird sich natürlich in den kommenden Jahren auch in der Realität abbilden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine zweite Aufgabe, die dieses Budget erfüllt, ist, Familien generell zu entlasten. Es gibt unterschiedliche Familienleistungen, die wir im Familienministerium umsetzen, und eine Familienleistung oder eine Entlastungsmaßnahme für die Familien ist der Familien­bonus. Wir haben den Familienbonus nunmehr von 1 500 auf 2 000 Euro pro Kind er­höht. Das ist weit mehr als die Erhöhung, die im Regierungsprogramm vorgesehen ist. Das ist auch gut und wichtig so, denn insbesondere in der Coronakrise brauchen die Familien eine besondere Entlastung, brauchen die Familien besondere Unterstützung.

Weil es auch erwähnt wurde: Auch jene Familien, die vom Familienbonus nicht profitie­ren können, weil ihr Einkommen nicht so hoch ist, werden entlastet. Wir werden nämlich den Kindermehrbetrag von 250 auf 450 Euro erhöhen, sodass besonders Alleinerziehe­rinnen und Alleinverdienerinnen dadurch eine finanzielle Entlastung spüren werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Neßler.)

Wir schaffen mit dem höheren Familienbonus sowie mit dem Kindermehrbetrag eine Entlastung von insgesamt 600 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr. 1,75 Millionen Kinder im Land werden davon profitieren.

Ein weiterer Schwerpunkt ist, dass wir nicht nur die Familien im familiären Kontext unter­stützen, sondern natürlich auch die Kinder, insbesondere wenn es um Bildungsmaßnah­men geht. Wir haben daher auch im Budget vorgesehen, die Mittel für die Schulbücher ein weiteres Mal deutlich aufzustocken. Konkret wird das Budget für das kommende Schuljahr um 6 Millionen Euro angehoben, und insgesamt stehen somit 130,6 Millionen Euro zur Verfügung. Wichtig ist dabei: Wir werden die Schulen auch Schritt für Schritt ins digitale Zeitalter überführen, und die Schulbücher leisten da einen Beitrag, denn es kann mehr Geld für digitale Schulbücher, für die sogenannten E-Books, ausgegeben werden. Bildung – und natürlich auch, dass unsere Kinder im digitalen Zeitalter im Bil­dungsbereich zukunftsfit gemacht werden – ist eine ganz zentrale Maßnahme im fami­lienpolitischen Bereich, daher investieren wir da auch sehr stark. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein Thema, das mir auch besonders wichtig war, weil ich ja selbst am Land aufgewach­sen bin, immer einen sehr langen Schulweg hatte, weil ich auch jetzt am Land wohne und sehe, wie sehr es die Familien belasten kann, wenn der Schulweg der Kinder nicht sicher ist, nicht ausreichend Infrastruktur zur Verfügung steht: Wir haben auch das Bud­get für die Schülerfreifahrt im Gelegenheitsverkehr um weitere 4,4 Millionen Euro ange­hoben, damit den Kindern ein sicherer Weg von zu Hause in die Schule ermöglicht wird. Das ist gerade für die Familien, die Kinder in den Regionen eine ganz wichtige Maß­nahme.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich, dass wir im Familienbereich europaweit gesehen unter den top drei sind, was die Leistungen an die Familien betrifft, und es freut mich, dass es uns trotz der Tatsache, dass wir im internationalen Vergleich auch bereits in den letzten Jahren gut dagestanden sind, gelungen ist, dass wir weiter in den Fami­lienbereich investieren und noch einmal mehr Geld für die Entlastung und Unterstützung von Familien in unserem Land in die Hand nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir möchten, dass jede Frau in Österreich jenes Lebensmodell wählen kann, das sie möchte – Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber natürlich auch Kinderbetreuung zu Hause. Wir möchten, dass jede Familie sich selbst so organisieren kann, wie sie möchte, und unsere Aufgabe ist es, dafür Rahmenbedingungen zu schaffen, damit das gelingt.

Ich freue mich, dass dieses Budget diese Rahmenbedingungen möglich macht. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort.