12.30
Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Die Arbeitsmarktlage hat sich tatsächlich im Laufe des Jahres massiv gebessert – glücklicherweise, sage ich dazu. Ich habe das Amt zu Beginn des Jahres angetreten, da waren 535 000 Menschen in Österreich arbeitslos oder in Schulungen. Derzeit sind es 344 000, also fast 200 000 Personen weniger, und es sind auch weniger als Mitte November 2019, da waren es 361 000.
Bei der Arbeitslosigkeit haben wir ein Rekordtief seit 2012, wir haben einen Rekordstand an Beschäftigten und einen Rekordstand an offenen Stellen. Trotz der starken Verschärfung der pandemischen Lage sehen wir noch – ich betone: noch – keine negativen Entwicklungen am Arbeitsmarkt, was die Arbeitslosigkeit betrifft, und auch keinen starken Anstieg bei der Kurzarbeit. Wir dürfen aber nicht – das ist, glaube ich, entscheidend – zu sicher sein, wir dürfen uns nicht täuschen lassen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass es einen starken Zusammenhang zwischen der Infektionszahl und der Entwicklung am Arbeitsmarkt gibt; aufgrund der Impfung ist sie vielleicht etwas abgeschwächt, aber wie stark sie sein wird, hängt natürlich auch davon ab, wie sich die Lage weiterentwickelt.
Der Arbeitsminister hat begrenzte Kompetenzen im Rahmen der Pandemiebekämpfung. Mit 3G am Arbeitsplatz, das ich für eine wichtige Maßnahme halte, schaffen wir noch sicherere Rahmenbedingungen in der Arbeit. Es war schon vorher so, dass die Wahrscheinlichkeit, sich am Arbeitsplatz anzustecken, gering war, jetzt ist sie noch einmal um einiges geringer geworden, und das ist etwas, glaube ich, das wir den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich auch schuldig sind. (Beifall bei der ÖVP.)
Ansonsten kann sich der Arbeitsminister auf alles vorbereiten und alle Maßnahmen ständig an die sich ändernde Realität anpassen. Wir sind auf jeden Fall auf alles, was passieren kann, vorbereitet. Das Ziel ist, möglichst alle Schäden am Arbeitsmarkt so gering wie möglich zu halten und abzufedern. Und die Kurzarbeit war und ist das Mittel der Wahl, um große Schäden am Arbeitsmarkt zu verhindern.
Auch wenn die aktuelle Situation die politische und mediale Aufmerksamkeit bestimmt, gilt es natürlich, die strukturellen Aspekte am Arbeitsmarkt zu berücksichtigen und nicht zu vergessen. Das Arbeitsmarktbudget 2022 tut genau das: Wir haben Schwerpunkte in den Bereichen gesetzt, in denen es die Notwendigkeit für diese Schwerpunkte gibt. Einige wurden schon angesprochen.
Ein Problembereich, eine Herausforderung ist weiterhin die Langzeitarbeitslosigkeit. Wir haben glücklicherweise in den letzten Monaten einen starken Rückgang erlebt, von 148 000 im April auf 114 000 Menschen, die jetzt im Oktober langzeitarbeitslos sind. Allerdings brauchen wir einen weiteren Rückgang, die Langzeitarbeitslosigkeit ist natürlich weiterhin zu hoch, und deshalb werden im Jahr 2022 500 Millionen Euro zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit eingesetzt. 300 Millionen Euro fließen ins Programm Sprungbrett, 165 Millionen Euro aus dem Regelbudget fließen in die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit von Menschen über 50 Jahren und weitere 105 Millionen Euro aus dem Regelbudget in die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit von Menschen unter 50 Jahren. Das Ziel ist, die Langzeitarbeitslosigkeit damit ganz klar unter das Niveau von 2019 zu bringen. Die ersten Zahlen zeigen uns, dass es eine sehr starke Inanspruchnahme des Programms gibt, dass es auch großes Interesse bei Betrieben gibt, dass viele Unternehmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die länger arbeitslos waren, eine Chance geben möchten. Darüber bin ich sehr froh, und ich hoffe, dass wir das auch weiterhin in dieser Art und Weise erleben.
Ein zweiter Schwerpunkt ist der Bereich Qualifizierung. Wir haben im Rahmen der Coronajoboffensive dieses Jahr über 400 Millionen Euro für ein Instrument ausgegeben, um Qualifizierungsmaßnahmen zu finanzieren. 60 000 Menschen haben davon profitiert, ungefähr 30 000 haben innerhalb von drei Monaten einen Job gefunden. Das ist für so ein Programm in dieser Zeit nicht selbstverständlich. Nächstes Jahr stehen weitere 214 Millionen Euro inklusive Bildungsbonus für die Coronajoboffensive zur Verfügung, um – von einigen schon angesprochen – diesen Mismatch zwischen Arbeitskräfteangebot und Arbeitskräftenachfrage zu verringern, damit eben Fachkräfte, die besonders gesucht werden, auch ausgebildet werden.
Ein dritter Schwerpunkt, der mir sehr wichtig ist, ist die Unterstützung von jungen Menschen am Arbeitsmarkt. Wir haben 57 Millionen Euro für die Ausbildung bis zum Alter von 18 Jahren vorgesehen, wir haben ein großes Budget, das größte seit sehr, sehr langer Zeit für die Förderung von Lehrstellen. Das ist angesichts des Fachkräftemangels auch ein ganz wichtiger Bereich.
Ein weiterer ganz wichtiger Bereich ist die Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt. Wir haben das höchste Budget, das es je für Frauenförderung gab, und haben das Förderziel noch einmal erhöht, auch insgesamt für alle Förderprogramme im Rahmen des AMS. Bisher galt das Förderziel von 3,5 Prozentpunkten über dem Anteil der Frauenarbeitslosigkeit, jetzt haben wir es auf 4 Prozent erhöht, das heißt, Frauen werden positiv unterstützt, insbesondere wenn sie ihren Job verloren haben. Da gibt es eine Reihe von ganz konkreten Programmen, gerade im Handwerk und im technischen Bereich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich möchte diese Gelegenheit noch nutzen, um auch die besondere Leistung des AMS hervorzuheben. Das AMS war aufgrund der Kurzarbeitsabrechnungen, aufgrund der Abwicklung der Coronajoboffensive, aufgrund der Vermittlungshürden, aufgrund der Schwierigkeiten, Schulungen während der Coronazeit zu veranstalten, gerade 2020 und 2021 massiv gefordert und hat unter großem Einsatz vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür gesorgt, dass diese schwierige Lage bewältigt wurde. Der Arbeitsmarkt steht glücklicherweise gut da, es geht darum, das weiterhin zu verteidigen. Das ist sicher auch ein Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dazu beigetragen haben, dass Kurzarbeitsbeihilfen – der größte Teil der Beihilfen, die an Unternehmen gingen – möglichst schnell und rasch ausbezahlt wurden. Das war in der Lage, in der wir waren, gerade in der ersten Welle der Pandemie, aber auch im letzten Winter, besonders wichtig. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
12.37
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Andreas Minnich zu Wort. – Bitte.