17.49

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bin der Kollegin Yildirim sehr dankbar dafür, dass sie gerade erzählt hat, wie dieser Ausschusstermin zustande gekommen ist und wie wieder mit den Fristen gearbeitet wurde: dass die ÖVP auf der einen Seite sagt, sie sei daran interessiert, dass das möglichst rasch gelöst werden kann, und es dann wieder den Fristenschmäh gibt.

Es werden dauernd – wir haben das auch im Geschäftsordnungsausschuss im Zusam­menhang mit dem Untersuchungsausschuss gesehen – Usancen des Hauses ge­brochen. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!) Das machen Sie ganz bewusst. Sie verschleppen dauernd Termine und ringen um jeden Tag an Zeit, die Sie bekommen können. Ich glaube, darüber sollten wir schon einmal reden: ob man die Sitten und Gebräuche, die im Haus bis jetzt üblich waren, jetzt von der ÖVP einfach wegwischen lässt.

Ein Punkt, der heute aber grundsätzlich, glaube ich, zur Debatte steht, ist der, warum es überhaupt notwendig ist, dass die Immunität von Altbundeskanzler Kurz aufgehoben wird. Warum muss man überhaupt das Hohe Haus damit befassen? Warum ist der Herr Altbundeskanzler überhaupt ins Hohe Haus zurückgekehrt, warum ist er in eine Immunität gegangen, um sie dann wieder aufheben zu lassen?

Ich denke also, wenn man die moralische Messlatte, die Sie, Herr Altbundeskanzler Kurz, selbst gelegt haben, bei Ihnen angelegt hätte, hätten Sie zurücktreten müssen, aber in der Sekunde. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich möchte Sie an einen Ausspruch erinnern, den Sie selber getätigt haben, Herr Altbundeskanzler Kurz: „Genug ist genug“!  Können Sie sich erinnern? Diesen Ausspruch haben Sie im vollen Wissen, was Sie mit Umfragen gemacht haben, im vollen Wissen, dass Sie mit Ihrem Projekt Ballhausplatz Steuergelder abgezweigt haben, getätigt. Das haben Sie alles gewusst und trotzdem haben Sie gesagt: „Genug ist genug“. (Zwischenruf der Abg. Steinacker. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)  Ich stelle mir schon die Frage, Frau Kollegin Steinacker - - (Abhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)  Also ich weiß nicht, was die ÖVP jetzt hat, ich verstehe es von hier aus schlecht, Frau Präsidentin. (Abg. Haubner: Wir verstehen Sie gar nicht! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zur Erinnerung: „Genug ist genug“, das war die Latte, die der Herr Altbundeskanzler Kurz selber gelegt hat. Ich denke, diese Latte muss man auch an sich selbst anlegen. Herr Altbundeskanzler Kurz, können Sie sich erinnern, warum Herbert Kickl aus Ihrer Sicht zurücktreten musste? Weil Sie gesagt haben, dass kein ehemaliger General­sekretär einer Regierungspartei gegen Parteimitglieder ermitteln darf. (Abg. Hörl: Das war ... Innenminister aller Zeiten!)  Wo ist jetzt die Latte, die Sie selber gelegt haben, wo ist Herr Nehammer? Er sitzt noch immer im Amt. Wenn Sie die Latte, die Sie selbst gelegt haben, also an sich selber anlegen würden, müssten Sie allesamt schon längst zurückgetreten sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Darum stelle ich mir auch die Frage, wie lange dieser ÖVP-Latten-Limbo-Dance noch weitergeht. Wie tief kann man noch hinuntergehen? Wie oft müssen Sie Ihre eigene Latte noch korrigieren, wie oft müssen Sie Ihren eigenen Standard überholen? Mir tut die Chefin Ihrer Ethikkommission schon leid, denn, ich glaube, die kann ihre Arbeit gar nicht aufnehmen, weil sie gar nicht weiß, was momentan der moralische Standard innerhalb der ÖVP ist. Deswegen in aller Kürze: Herr Altbundeskanzler Kurz, ersparen Sie uns bitte dieses Theater im Parlament! Sie brauchen sich nicht ausliefern zu lassen, Sie können einfach gehen und zurücktreten, und der Fall ist erledigt. Dann brauchen Sie uns nicht in Geiselhaft zu nehmen, dann brauchen wir diese Debatte nicht zu führen und der Fall ist erledigt. Noch einmal: Legen Sie die Maßstäbe, die Sie selbst aufgestellt haben, auch an sich selbst an! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte die Debatte jetzt nicht unnötig in die Länge ziehen! Eines fällt mir aber schon noch auf. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)  Na ja, wenn die ÖVP dazwischenruft, dann bleibe ich schon gerne noch ein bisserl hier am Rednerpult, also so ist es nicht. (Abg. Haubner: Das wird nicht besser!) Das macht grundsätzlich auch Spaß, einmal in Ihre verzweifelten Gesichter zu schauen, wenn Sie nicht wissen, wie Sie das argumentieren sollen, was Sie da argumentieren wollen.

Eine Stimme fehlt mir aber trotzdem noch, denn es geht ja um Moral und es geht um Ethik in diesem Land. Einer fehlt mir dann doch noch, und zwar der Herr Bun­des­prä­sident, den Sie bei der nächsten Wahl auch unterstützen wollen. Er hat zu all dem bis heute nichts gesagt. Das finde ich interessant, denn der Bundespräsident war ja der, der gesagt hat: „So sind wir nicht“. Jetzt sind wir dann doch so oder so ähnlich, wie auch immer, aber auch den Herrn Bundespräsidenten würde ich aus dieser Verantwortung nicht entlassen.

Herr Altbundeskanzler Kurz, wenn Sie wissen möchten, warum es zu dieser Auslieferung gekommen ist oder warum es heute zu dieser Auslieferung kommen wird: Ich habe mir über den Sommer ein bisschen Arbeit für Sie gemacht. Ich habe ein Buch geschrieben, das heißt: „So sind wir“. Sie können gerne nachschlagen, warum Sie schlussendlich ausgeliefert werden. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Hafenecker übergibt Abg. Kurz das eben erwähnte Buch.)

17.53

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Bürstmayr. – Bitte.