18.57
Abgeordnete Petra Vorderwinkler (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Wir stehen heute hier, weil wir binnen kürzester Zeit wieder eine Regierungserklärung haben. Als Bildungssprecherin richte ich meine Worte heute in erster Linie an den neuen Bildungsminister.
Für uns stellen sich in erster Linie zwei Fragen: Was unterscheidet Sie von Ihrem Vorgänger und warum wurde dieser Wechsel in dieser Pandemie vollzogen? Ich habe unserem neuen Bundeskanzler aufmerksam zugehört, er hat die Arbeit des scheidenden oder des Ex-Ministers sehr gelobt. Da stellt sich mir die Frage: Warum wurde gewechselt? Und die zweite Frage: Welche Schwerpunkte werden Sie setzen? Auch dazu haben wir bis jetzt noch nichts gehört.
Unsere Schwerpunkte, die Schwerpunkte der SPÖ, richten sich nach dem, was die Menschen brauchen. Als am dringendsten darf ich drei Punkte hervorheben: Die Elementarpädagogik ist die erste Bildungseinrichtung und dementsprechend sollte sie auch wahrgenommen und ernst genommen werden. Es braucht eine umfassende Neuausrichtung und Anpassung von der Ausbildung über die Rahmenbedingungen bis hin zur Bezahlung. Es brodelt gewaltig hinter den Kulissen, Herr Minister, das kann ich Ihnen versichern. Pädagoginnen und Pädagogen haben bereits demonstriert und es ist wichtig, dorthin zu sehen und Taten zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)
Es braucht den Ausbau der verschränkten Ganztagsschulen und der ganztägigen Elementarbildungseinrichtungen in Verbindung mit einem Rechtsanspruch, damit alle Kinder die gleichen Chancen haben, damit Familien ein höheres Einkommen ermöglicht und die Kinderarmut gesenkt wird. Sogar die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer haben diese Notwendigkeit erkannt. Vielleicht können Sie, Herr Minister, einen positiven Einfluss auf Ihre Fraktion nehmen, die bisher die Augen vor diesen Bedürfnissen verschlossen hat. (Beifall bei der SPÖ.)
Zum Zweiten brauchen wir eine sofortige Aufstockung der finanziellen Mittel für Unterstützungspersonal an den Schulen, für ein umfassendes, sinnvolles pädagogisches Konzept zum Aufholen von Versäumtem aufgrund der Coronapandemie, denn wer glaubt, mit ein paar Förderstunden, die jetzt im Februar auslaufen, und einer zweiwöchigen Projektarbeit in der Sommerschule wäre ein Aufholen erledigt, der hat – mit Verlaub gesagt – keine Ahnung und sollte da auch nicht mehr mitreden.
Zum Dritten brauchen wir eine Aufstockung für dringend notwendige psychologische Angebote auf allen Ebenen für Kinder und Jugendliche, denn ich darf darauf aufmerksam machen, dass sich die Zahl der Suizidversuche verdoppelt hat und seit Monaten keine Therapieplätze und auch keine niederschwelligen Angebote vorhanden sind, die vielleicht etwas Schlimmeres vermeiden könnten.
Die Liste der Aufgaben könnte ich mit der Adaptierung der Lehrerausbildung, der Anpassung des Dienstrechts oder der kompletten Neuausrichtung des gesamten veralteten Schulsystems fortsetzen. Die Herausforderungen sind groß, denn unser Schulsystem hatte bereits vor der Pandemie massive Mängel, die die Coronapandemie dann klar und deutlich an die Oberfläche gespült hat. Jetzt gilt es zu handeln!
Was wir jetzt sofort brauchen, sind sichere Bildungseinrichtungen. Das bezieht sich nicht nur auf Corona, die Bildungseinrichtungen müssen so viele Ressourcen bekommen, dass sie die beste Bildung anbieten können, und zwar für alle. Wir brauchen Vorgaben, die rechtzeitig bekannt gegeben werden, die sinnvoll sind und auf die sich alle verlassen können.
Es muss damit aufgehört werden, immer mehr Aufgaben an die Schulen und an die Kindergärten zu übertragen, ohne dass diese zusätzliche Unterstützung erhalten, um sich der eigentlichen Aufgabe widmen zu können, und zwar der pädagogischen Arbeit. Sie, Herr Minister, tragen nun die Verantwortung für 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche und Sie sind oberster Chef von vielen Tausend Pädagoginnen und Pädagogen. Zusammen mit den Eltern sind insgesamt 3,5 Millionen Menschen in Österreich betroffen, das ist mehr als ein Drittel der Bevölkerung. Sie alle haben sich Perspektiven, Wertschätzung und ein Ernst-genommen-Werden verdient.
Herr Minister, der Herr Bundeskanzler hat ein Augenmerk auf die Bildung gelegt. Wir dürfen gespannt sein, ob dies nur Ankündigungen sind oder ob auch Taten folgen. Auf jeden Fall gibt es keine Zeit, um sich einzuarbeiten, wir stehen mitten in der Pandemie. Ich bin gerne bereit, mich auch weiterhin einzubringen, denn dafür bin ich angetreten und auch gewählt worden. Meine Hände sind ausgestreckt. Das bedeutet aber auch, dass die Anträge der Opposition nicht mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt oder vertagt werden sollen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Künsberg Sarre und Shetty.)
19.01
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte, Herr Abgeordneter.