17.35

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Frauen Ministerinnen! Ich begrüße die Intention der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken der Europäischen Union, vor allem betreffend die Position der Bäuerinnen und Bauern gegenüber den großen Konzernen. Die Regierungsvorlage, die diese Richtlinie in nationales Recht transferieren soll, ist aber aus meiner Sicht eine völlige, eine glatte Themenverfehlung.

Anstatt unsere heimischen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern – und nicht nur die Klein­bauern und Kleinbäuerinnen, haben wir gehört, sondern auch die kleineren Unterneh­merInnen – mit diesem Gesetzesvorschlag auf eine Verhandlungsebene mit den großen Lebensmittelkonzernen zu heben, werden neue, überaus komplexe Behördensysteme geschaffen, die nicht nur viel kosten, sondern aus unserer Sicht auch nicht nötig sind. (Beifall bei der SPÖ.) Gold Plating dafür zu nutzen, Lobbyinteressen zu befrieden und die Großagrarier in einem Gesetz zu bedenken, in dem sie keinen Platz haben, halte ich für höchst bedenklich, Frau Ministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei der Umsetzung dieser Richtlinie sollte es vorrangig um den Schutz der Klein­bäuerin­nen, der Kleinbauern und der kleineren UnternehmerInnen gehen. Die EU hat daher bewusst die Schwelle, bis zu der der Schutz dieses Gesetzes reichen soll, auf einen Jahresumsatz von 350 Millionen Euro gesetzt. Was macht Ministerin Köstinger? – Sie legen eine Schwelle bis zu 1 Milliarde Euro fest. (Zwischenbemerkung von Bundes­minis­terin Köstinger.)

Jetzt frage ich Sie an dieser Stelle – ich komme selber aus der Direktvermarktung –: 1 Milliarde Euro Umsatz macht von uns niemand, auch nicht Zusammenschlüsse von mehreren DirektproduzentInnen. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminis­te­rin Köstinger.) Das macht niemand, und das ist auch kein kleines Unternehmen, wie meine Vorrednerin gerade behauptet hat. In welcher Welt leben Sie? (Beifall bei der SPÖ.) Wer sind Ihre Profiteure, Frau Ministerin? – Ich kann Ihnen sagen, wer Ihre Profiteure sind: nicht der kleine Bauer ums Eck (Zwischenruf bei der SPÖ), der kleine Produzent; es sind Ihre Spender, Frau Ministerin.

Ihr Einsatz für die Großen und Ihre Spender hat sich somit wieder einmal gelohnt. Das Lobbybüro befindet sich am Stubenring 1, und es hat seinen Auftrag bravourös erledigt. (Beifall bei der SPÖ.) Die Großspender werden sich natürlich erkenntlich zeigen. Wer bei dieser knallharten Klientelpolitik aber auf der Strecke bleibt, sind jene Personen und landwirtschaftlichen Betriebe, die den Schutz vor den Großen wirklich dringend brauchen würden.

Aus diesem Grunde bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wirksame Unterstützung für Kleinbauern statt Gold-Plating für die Agrarindustrie.“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert:

1. Einen wirksamen Schutz vor Ausbeutung von kleinbäuerlichen Betrieben durch große Verarbeitungs- und Lebensmittelketten sicherzustellen.“ (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

„2. Wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation in Österreich auf den Weg zu bringen.

3. Rasch ein Paket für einen wirklich wirksamen Tierschutz (Verbot von Vollspalten­böden)“ – mit Terminen – „vorzulegen“.

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker,

Genossinnen und Genossen

betreffend Wirksame Unterstützung für Kleinbauern statt Gold-Plating für die Agrar­industrie.

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Indus­trie und Energie über die Regierungsvorlage (1167 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen geändert wird (1212 d.B.) – Top 21

In zahllosen Pressekonferenzen hat Bundesministerin Köstinger den Schutz von Klein­bauern vor unlauteren Wettbewerb angekündigt.

Tatsächlich wird die Regierungsvorlage zum Bundesgesetz zur Verbesserung der Nah­versorgung und der Wettbewerbsbedingungen aber sehr kontrovers diskutiert, obwohl gerade der Schutz der kleinen ProduzentInnen vor unfairem Wettbewerb von enormer Wichtigkeit wäre.

Es handelt sich dabei um eine Umsetzung einer EU-Richtlinie, die effizient und unbüro­kratisch umgesetzt werden sollte. Im Gesetz ist allerdings einerseits die Schaffung einer neuen Behörde bei Bundeministerin Köstinger vorgesehen, obwohl es bereits durch die Bundeswettbewerbsbehörde eine funktionierende Behörde dafür gäbe, und andererseits werden die EU-Vorgaben immens übererfüllt und zwar in der Hinsicht, dass nicht Klein­bauern geschützt werden, sondern auch Großbetriebe mit einem Jahresumsatz von bis zu 1 Milliarde Euro – also die Großagrarindustrie.

Die EU-Richtlinie sieht jedoch hier eine Schwelle von lediglich 350 Mio. € Umsatz vor, da es hierbei um einen Schutz von Klein- und Mittelbetriebe handeln soll und nicht um jenen für Großbetriebe. Diese Übererfüllung der EU-Standards wird daher sehr kritisch gesehen.

Es ist wieder einmal bezeichnend, dass ausgerechnet bei den Großagrar- und Indus­triebetrieben die generelle Regierungslinie (kein Gold-Plating) über Bord geworfen wird.

Österreich hat zudem aktuell mit der höchsten Inflationsrate seit mehr als einem Jahr­zehnt zu kämpfen. Die Menschen leiden enorm unter der Teuerung. In der Begutachtung der Arbeiterkammer zum Gesetzesentwurf wird dargestellt, dass dieses Gesetz, so wie es jetzt umgesetzt werden soll, die Gefahr steigender Preise begünstigen könnte, obwohl die Lebensmittelpreise in Österreich ohnehin – zum Beispiel im Vergleich zu Deutsch­land – sehr hoch sind. Dass gerade jene unterstützenswerten Kleinbetriebe von einer Teuerung profitieren könnten, darf bezweifelt werden.

Darüber hinaus leistet dieses Gesetz auch keinerlei Anreize für einen besseren Tier­schutz in unserem Land.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert:

1.         Einen wirksamen Schutz vor Ausbeutung von kleinbäuerlichen Betrieben durch große Verarbeitungs- und Lebensmittelketten sicherzustellen.

2.         Wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation in Österreich auf den Weg zu bringen.

3.         Rasch ein Paket für einen wirklich wirksamen Tierschutz (Verbot von Vollspalten­böden) vorzulegen“.

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Christoph Stark, Sie gelangen nun zu Wort. Bitte.