14.43

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Liebe Zu­schauerinnen und Zuschauer! Ja, das gesamte Krisenmanagement der jetzigen Bun­desregierung ist eine Aneinanderreihung von Versäumnissen, Fehleinschätzungen, falschen Versprechungen und auch Verfassungsbrüchen.

Man braucht sich nur die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes der letzten eineinhalb Jahre anzusehen, um unzählige Verordnungen und Gesetze dieser Bundes­regierung unter dem Deckmantel des Krisenmanagements zu finden, die nicht verfas­sungskonform waren. Heute hier soll das Impfpflichtgesetz beschlossen werden, ein weiteres Gesetz, das aus unserer Sicht ganz klar verfassungswidrig ist.

Das Impfpflichtgesetz stellt in gewisser Hinsicht den Höhepunkt eines Eskalationskurses dar, den die Bundesregierung im Krisenmanagement gefahren ist. Das hat dafür gesorgt, dass wir hier mit den bisher schwersten Eingriffen in die Grund- und Freiheitsrechte unserer Bürger konfrontiert sind; es hat dafür gesorgt, dass einmalig in der Zweiten Republik über 400 000 negative Stellungnahmen und Zustimmungen zu Stellung­nah­men im Rahmen des Begutachtungsverfahrens eingegangen sind; und es hat dafür ge­sorgt, dass Zehntausende Menschen in Österreich Woche für Woche auf die Straße gehen, um gegen diesen Wahnsinn der Bundesregierung zu demonstrieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Doch wie reagiert die Bundesregierung auf diese Sorgen und Ängste der Bürger, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Indem eine Bannmeile um das Parlament errichtet wird, damit man bloß nicht in Kontakt mit kritischen Bürgern kommt (Zwischenrufe bei der FPÖ) – ja, genau so ist es –, indem von diesem Gesetzesvorhaben natürlich in keinster Weise abgegangen wird, sondern nein, es wird in einzelnen Bereichen auch noch verschärft: Man erschwert es den Menschen, Ausnahmegründe geltend zu machen, man erschwert es den Menschen, Einspruch im Verwaltungsverfahren zu erheben, man schafft ein Verschlechterungsverbot im Rahmen des Einspruches ab und man sorgt für noch ein paar zusätzliche Verordnungsermächtigungen für den Herrn Bundesminister. Ich bin wirklich entsetzt!

Die Bundesregierung nennt dieses Gesetz ja so harmlos Impfrahmengesetz. In Wirk­lichkeit ist es ein Impfpflichtermächtigungsgesetz für den Gesundheitsminister, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Er kann alleine entscheiden, wer sich wie oft womit impfen lassen muss, wer wie oft mit wem was tun darf. Im End­effekt habe ich fast den Eindruck, dass im Rahmen dieser Verordnungsermächtigung das gesamte Recht nicht mehr vom Volk ausgeht und die Gesetzgebung nicht mehr vom Parlament ausgehen soll, sondern ausschließlich von diversen Ministerien. So kann es ja wohl wirklich nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Wie ist es denn aber überhaupt zu diesem Impfpflichtgesetz gekommen? – Nun, da gab es dieses ominöse Treffen am 29. beziehungsweise 30. November vergangenen Jahres (Zwischenrufe bei der ÖVP), bei dem die Regierung wieder einmal mit dem nicht rechtzeitigen Agieren in Anbetracht der bevorstehenden Deltawelle im Herbst konfron­tiert war. Man hat sich dann typisch österreichisch, ganz pragmatisch, einfach darauf ge­einigt, zwei Versprechen zu brechen, nämlich das Versprechen, dass es keinen all­gemeinen Lockdown mehr geben wird, und das Versprechen, dass es keine allgemeine Impfpflicht geben wird.  Das ist das Krisenmanagement der Bundesregierung im vergangenen Herbst gewesen, und die Folgen dürfen wir alle jetzt ausbaden. (Beifall bei der FPÖ.)

Was soll denn das Ziel dieser ominösen Impfpflicht sein, die die Bundesregierung hier einführt? Im Gesetz steht drinnen: zur Verhinderung der Ausbreitung von Sars-Cov-2 und zum Schutz vor Überlastung des Gesundheitswesens. Nun, mittlerweile sind sich tatsächlich alle Experten einig, dass die vorhandenen Impfstoffe keine sterile Immunität bieten, dass es mit ihnen nicht möglich ist – so wie das bei anderen Impfungen durchaus der Fall war, bei Masern, Mumps, Röteln und Co –, dieses Virus auszulöschen oder auch nur die epidemische Ausbreitung signifikant zu beeinflussen. Das heißt, dieses Ziel der Einbremsung der Epidemie ist mit den vorhandenen Impfstoffen von Haus aus nicht erreichbar und damit auch nicht mit einer Impfpflicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Es bleibt das Argument des Schutzes des Gesundheitswesens vor Überlastung.  Ja, es konnte von den Herstellern in den Studien gezeigt werden, dass zwar gegen die ursprünglichen Varianten und auch noch eingeschränkt gegen die Deltavariante ein gewisser Schutz vor schweren Krankheitsverläufen besteht. Allerdings hat die Studien­lage gezeigt, dass dieser Schutz recht rasch abnimmt, dass er vor allem bei der Omikronvariante viel schwächer ausgeprägt ist und noch viel schneller abnimmt, und dass die Mehrfachboosterung nicht mehr den Effekt hat wie erhofft. Deshalb haben die Israelis den vierten Stich abgebrochen und forcieren das gar nicht weiter. Bei uns allerdings will man die vierte, fünfte, sechste, siebte Impfung gesetzlich festschreiben.  Herr Bundesminister, das ist ja vollkommen widersinnig! (Beifall bei der FPÖ.)

Überhaupt, Omikron ist tatsächlich ein großer Gamechanger, denn diese neue Virus­variante ist zwar deutlich ansteckender, wir wissen aber jetzt sowohl aus eigenen Zahlen als auch aus Ländern, wo die Omikronwelle bereits durchgerauscht ist, dass erstens diese Welle vollkommen unabhängig von der Durchimpfungsrate der jeweiligen Bevöl­kerung innerhalb von sechs Wochen rauf und wieder runtergeht, und zweitens, dass die Hospitalisierungsraten bei maximal einem Viertel jener zu Deltazeiten liegen. Wir wissen, dass der intensivmedizinische Belag bei maximal einem Fünftel jenes zu Deltazeiten liegt. Ja, wo ist denn da die Notwendigkeit, dass Sie genau jetzt zusätzliche Ein­schrän­kungen von Grund- und Freiheitsrechten und einen unmittelbaren Impfzwang veran­kern? Das ist ja überhaupt nicht argumentierbar, Herr Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte aber jetzt gar nicht weiter auf die rechtlichen Unzulänglichkeiten dieses geplanten COVID-19-Impfpflichtgesetzes eingehen. Ich möchte nur ganz pragmatisch eine Frage in den Raum stellen: Wie wollen Sie dieses Gesetz denn tatsächlich vollzie­hen? Sie wollen es demnächst in Kraft treten lassen, und Sie haben die Ausnahme­bestimmungen so stark eingeschränkt, dass jeder Ungeimpfte in Österreich, der in Sorge um seine Gesundheit ein Ausnahmeattest haben möchte, zum Amtsarzt oder Epi­demiearzt gehen muss, abgesehen von ein paar Krebskranken, die sich in Spitals­behandlung befinden. Herr Bundesminister, wie soll das denn überhaupt praktisch durchführbar sein, für über 1,3 Millionen Österreicher – oder lassen Sie es die Hälfte sein, wenn nur die Hälfte davon entsprechende gesundheitliche Gründe geltend macht –, innerhalb der nächsten zwei Monate einen Termin beim Amtsarzt zu bekommen? (Zwi­schenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Wie sollen diese überhaupt als Nichtgeimpfte und vielleicht auch Nichtgenesene bei der Bezirkshauptmannschaft eingelassen werden? Dort gilt nämlich in den meisten Fällen auch ein 2G-Regime! Wie sollen diese Menschen denn überhaupt zu ihrem Befreiungs­attest kommen? Sie legen eine Ausnahmemöglichkeit fest, die für den Großteil der Bevölkerung gar nicht erreichbar ist, weil die Menschen ja nicht einmal zum Amtsarzt und zu einem Termin hinkommen, um ihre gesundheitlichen Beschwerden vorbringen zu können. Das ist ja gar nicht praktikabel! (Abg. Steinacker: Wenn man ein Gesetz nicht verstehen will!)

Das ist also eine Pseudoausnahme, die Sie da schaffen, gleichzeitig gibt es ab 15. März aber mit der sogenannten Phase zwei die Strafandrohung. Sie nennen das Ganze, die Phase zwei, die Kontrollphase. Die Polizei und die Polizeigewerkschaft haben sich da schon klar geäußert: Sie wollen diese Kontrollen in Ihrem Auftrag nicht durchführen, weil sie für die Schikane der Bevölkerung nicht zuständig sind, sondern das ist eine Aufgabe der Gesundheitsbehörde.

Ich nenne es eine Willkürphase, denn Sie werden in dieser Phase willkürlich genau die­jenigen strafen, die Ihnen unangenehm sind; die werden Sie im Rahmen von Kontrollen dann zusätzlich noch nach dem COVID-19-Impfpflichtgesetz bestrafen. Eine gerechte, gleichwertige und nicht diskriminierende Bestrafung wird es in dieser Phase gar nicht geben.

Und dann steht ja noch die ominöse Phase drei im Raum: die Phase drei, in der Sie dann die Rasterfahndung einsetzen wollen, in der Sie die automatisierte Bestrafung der Be­völkerung einführen wollen und in der dann – und das wissen Sie aus dem Begut­ach­tungsverfahren und den Stellungnahmen der Verwaltungsrichter – eine absolute Über­lastung der Behörden und der Verwaltungsgerichte drohen wird, sodass Sie diese Phase de facto gar nie werden umsetzen können. (Abg. Deimek: Dann ist DDR 2.0! ... Kom­munisten in der Regierung!)

Herr Bundesminister, ich habe es vorhin schon einmal gesagt: Gehen Sie in sich! Es gibt so viele gute Gründe, warum wir dieses Gesetz jetzt nicht brauchen. Es gibt so viele Maßnahmen, die Sie in der Vergangenheit noch nicht umgesetzt haben: den Ausbau der Kapazitäten, das Schaffen frühzeitiger Behandlungsoptionen auch im niedergelassenen Bereich, die Sicherstellung, dass jeder, der krank zu Hause ist, auch tatsächlich unmit­telbar hausärztlich betreut wird, damit Sie die Hospitalisierungsraten so in den Griff bekommen und es zu keiner Überlastung kommt.

Das alles haben Sie vernachlässigt und noch immer nicht getan – jetzt haben Sie die Chance dazu: Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf zurück! Verstärken Sie die alternativen Maßnahmen, dann brauchen wir gar keine Impfung mehr! Sorgen Sie auch dafür, dass überhaupt einmal die Gesamtimmunität in der Bevölkerung tatsächlich erhoben wird, denn wenn Sie als Ziel eine 90-prozentige Durchimpfungsquote angeben, müssen Sie zuerst feststellen, wie hoch die Grundimmunität in der Bevölkerung überhaupt schon ist, bevor Sie mit gesetzlichem Zwang daherkommen und die Leute zwangsimmunisieren wollen! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.53

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Alois Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung.