10.08

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, die Zahl der Erwerbsarbeitslosen ist nicht nur rückläufig, sie ist auch unter Vorkrisenniveau. Das sind zwei sehr gute Nachrichten, und natürlich sind das zwei gute Nachrichten, die auf jenen Maßnahmen basieren, die wir im Arbeitsmarkt und auch in der Konjunktur gesetzt haben – worauf denn sonst, wie soll denn das sonst zustande gekommen sein? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kollegin Heinisch-Hosek, Sie haben gesagt, die Bundesregierung hätte geschlafen oder verschlafen. Ich glaube, die Einzigen, die geschlafen haben, wart ihr als Regierungs­partei, als Kanzlerpartei in den vergangenen Jahrzehnten (Zwischenruf bei der SPÖ), denn all die strukturellen Versäumnisse, die ihr hier immer zu Recht beklagt, habt ihr maßgeblich mitzuverantworten. So schaut es aus. (Beifall bei den Grünen. – Zwischen­ruf bei der SPÖ.)

Zum Beispiel: Arbeitslosengeld – die Kürzung ist nicht vom Himmel gefallen. Daran wart ihr, glaube ich, historisch gesehen, nicht ganz unbeteiligt. Und auch das sei hier ein für alle Mal klargestellt, weil es von den Oppositionsparteien immer in den Raum gestellt wird: Mit uns Grünen wird es beim Arbeitslosengeld keine Kürzungen geben. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn wir jetzt einen Blick in die Zukunft richten, wenn wir uns die kommenden Heraus­forderungen am Arbeitsmarkt anschauen, dann müssen wir uns auch in einem beson­deren Ausmaß – und es freut mich, dass die FPÖ das mittlerweile auch sieht – mit den strukturellen Hemmnissen, die Frauen haben, mit den Benachteiligungen von Frauen beschäftigen. Dass da eine Vielzahl an Maßnahmen notwendig sein wird, hat uns die Krise vor Augen geführt. Herr Bundesminister, da werden wir gemeinsam rasch an Lösungen arbeiten müssen. Es gibt eine Reihe an Vorschlägen, die hier auch von uns schon auf den Tisch gelegt worden sind.

Wie sehr diese strukturellen Hindernisse, wie sehr diese strukturellen Diskriminierungen Frauen nicht erst ab dem Jahr 2022 betreffen, sondern noch immer im Jahr 2022 betreffen, hat uns auch in der Vorwoche der Equal-Pay-Day wieder sehr drastisch vor Augen geführt. 46 Tage arbeiten Frauen in diesem Land gratis. Wieso? – Weil wir ihre Arbeit systemisch abwerten und somit schlechter bezahlen. Und auch das hat uns Corona gezeigt: Die klassischen Frauenberufe, die klassischen Frauenbranchen, die sogenannten systemrelevanten Berufe, sind besonders schlecht bezahlt. Da müssen wir gemeinsam – Bund, Länder, Städte, SozialpartnerInnen, Wirtschaft – an einem Strang ziehen, um das endlich zu ändern, denn es ist wirklich beschämend. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Besonderer Handlungsbedarf besteht auch im Gesundheits- und im Pflegebereich. 90 Prozent der Personen, die dort tätig sind, sind Frauen. Wir haben alle gemeinsam geklatscht, wir haben uns bedankt, wir haben von Balkonen Applaus gespendet – aber vom Applaus können sie sich nichts kaufen. Sie können ihre Miete nicht bezahlen, sie können keine Kleidung für ihre Kinder kaufen. Lobpreisungen in monetäre Aufwertung umzubilden wäre beispielsweise eine gute Aufgabe für die Bundesländer. Sie tun es aber nicht. Wieso tun sie das nicht? Das wäre eine super Vorreiterrolle, die die Bundesländer, unter anderem auch die SPÖ-geführten Bundesländer, da einnehmen könnten, aber sie machen es nicht. Sie putzen sich stattdessen am Bund ab. Das kann man machen, muss man aber nicht.

Ein weiterer Punkt, den wir uns genauer anschauen müssen, eine weitere Situation, die wir uns genauso anschauen müssen, ist, dass Frauen sehr viel unbezahlte Arbeit leisten. 32 Stunden in der Woche arbeiten Frauen im Durchschnitt unbezahlt, bei Männern sind es nur 16 Stunden.

Herr Bundesminister, es hilft den Frauen in Österreich nicht, zu sagen: Wenn jede Frau etwas mehr arbeiten würde, dann hätten wir kein Arbeitskräfteproblem mehr!, denn ob Frauen in Teilzeit arbeiten oder nicht, ist selten eine persönliche Entscheidung – das ist eine gesellschaftliche, eine wirtschaftliche Entscheidung. Das heißt, wenn wir mehr Frauen in Vollzeitarbeitsstellen bringen wollen, dann müssen wir die Rahmenbedin­gun­gen dafür schaffen, zum Beispiel mit einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. Diese langjährige grüne Forderung forcieren wir auch in der Bundesregierung, weil wir wollen, dass daraus endlich gelebte Realität wird. Das wollen mittlerweile übrigens auch die SPÖ, die NEOS und auch die Wirtschaftskammer, sodass ich sehr zuversichtlich bin, dass wir im Rahmen der 15a-Vereinbarungen, die ja gerade neu verhandelt werden, da auch wichtige und große Schritte werden gehen können. (Beifall bei den Grünen.)

Einen wichtigen Schritt in Richtung zukünftiger evidenzbasierter Gleichstellungsmaß­nahmen setzen wir auch mit der Zeitverwendungsstudie. Diese ist von ÖVP und FPÖ seinerzeit abgelehnt worden, mit uns Grünen in der Bundesregierung ist sie jetzt umgesetzt worden. Die Ergebnisse dieser Zeitverwendungsstudie werden es uns möglich machen, wirklich punktgenaue Maßnahmen für mehr Gleichstellung zu setzen, auch am Arbeitsmarkt. Für mehr Gleichstellung am Arbeitsmarkt tragen wir auch Sorge, indem wir einen weiteren Fehler von Türkis-Blau korrigiert haben und dafür sorgen, dass wieder 50 Prozent der AMS-Mittel für Frauen aufgewendet werden.

Auch die mit 700 Millionen Euro dotierte Arbeitsstiftung hat einen sehr klar frauen­spe­zifischen Schwerpunkt. Damit machen wir Neuqualifizierung, Umorientierung und Um­schulung von Frauen in allen Bundesländern möglich. – Kollege Wimmer, Sie haben vorhin gefragt: Wo sind denn die Mittel der Arbeitsstiftung? – Wien hat diese Mittel schon entdeckt. Die Wiener Stadtregierung hat – ich glaube, im Vorjahr war es – sehr medien­wirksam die Wiener Pflegestiftung, dotiert mit 77 Millionen Euro, präsentiert. 55 Millionen Euro davon kommen aus den Bundesmitteln. Das habt ihr nicht erwähnt, aber macht nichts. Wir freuen uns ja, wenn die Gelder sinnvoll eingesetzt werden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Ich habe das jetzt kursorisch skizziert. Einiges ist schon passiert. Vieles haben wir noch zu tun, wie undurchsichtige Gehaltsstrukturen, die unfaire Verteilung von unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern und vieles mehr. Herr Bundesminister, Sie wissen, es gibt hier sehr viele Vorschläge, die wir Grünen in der Koalition schon vorgelegt haben, von verpflichtender Lohntransparenz über Elternteilzeitmodelle bis hin zu vielem anderen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (fortsetzend): Ich bin sicher, dass wir hier gemeinsam wichtige, schnelle Schritte gehen werden und freue mich auf die Zusammenarbeit. – In diesem Sinne: Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Seidl. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.