10.46

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich gestehe, wenn ich mir das Eingangsstatement des Herrn Abgeordneten Michel Reimon oder das Statement meines Vorredners, des Abgeordneten Schmuckenschlager und auch Ihre (in Richtung Bundesministerin Zadić) Ansagen anhöre, muss ich mich ehrlich gesagt schon wundern, was die Regierungsparteien mit entschlossenes Handeln gegen Menschenrechtsverletzungen meinen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Also das Lieferkettengesetz, so wie es vorhin auch ein bisschen angesprochen wurde, bedeutet nicht zwangsläufig, dass hier vor Ort Produkte teurer werden müssen. Wir müssen im Zusammenhang mit der Thematik schon auch erörtern, was denn mit der Gewinnmaximierung und Profitgier der Großen und Groß­konzerne gemeint ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Hörl: Hallo, hallo!) Wie fair könnten wir das denn behandeln? Warum muss denn das alles auf die Konsu­men­tinnen und Konsumenten abgewälzt werden?

Ich gestehe: Wir diskutieren hier heute über ein Lieferkettengesetz und einige – wahr­scheinlich gar nicht so wenige – Zuseherinnen und Zuseher werden sich nicht viel unter diesem Begriff vorstellen können, sie werden nicht viel damit anfangen können. Warum setzen wir uns als SPÖ auf europäischer Ebene, aber auch in Österreich für eine ge­setzliche Regelung, also für legistische Fortschritte ein? – Weil es um nicht weniger als um die Ausbeutung von Kindern, Frauen und Männern, um das Ignorieren von sozialen und ökologischen Mindeststandards – verstärkt natürlich außerhalb der EU und global – geht. Es geht um nicht weniger als um Gewinnmaximierung und Profitgier, ausgetragen auf dem Rücken der Schwachen, der Schwächsten. (Beifall bei der SPÖ.)

Wieso wähle ich so drastische Worte? – Sehr geehrte Damen und Herren, es darf nicht sein, dass vor allem die großen und größten Konzerne ihre Produktion in Länder mit fehlenden oder nur sehr geringen sozialen und ökologischen Standards auslagern, dort unter Ausnützung der Not der Bevölkerung ohne Rücksicht auf die Umwelt billigst pro­duzieren, die erzeugten Waren über Tausende Kilometer in Staaten mit größerem Wohlstand transportieren und dort teuer verkaufen. Es geht also um Menschenrechte, um Menschenwürde und um unsere Umwelt – und das alles dafür, dass ein paar wenige noch einige Millionen mehr am Konto haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Denken wir aber einen Schritt weiter: Was passiert, wenn die Produktion von Waren immer mehr aus Ländern mit hohen sozialen und ökologischen Standards wegverlagert wird, weil in anderen Staaten billiger und einfacher zu produzieren ist? – Es gehen Arbeitsplätze verloren, das soziale Gleichgewicht geht verloren, die Umwelt leidet. Wir wissen, dass die Umweltzerstörung nicht an Ländergrenzen Halt macht. Freiwillig wird man nichts ändern, deswegen, Frau Ministerin, war ich über Ihre Ansage, dass Sie so entschlossen handeln, etwas verwundert. Entschlossenes Handeln, Frau Ministerin, sieht anders aus. Ihre Partei – die Grünen – hat zuletzt Vorschläge der SPÖ im Justiz­ausschuss einfach vertagt und ausgesetzt.

Es gäbe ja schon länger Vorschläge, daher wundere ich mich, wenn Sie sagen, dass Sie sich schon so lange mit diesem Thema auseinandersetzen. Sie bedanken sich für den Mut und den Einsatz der Zivilgesellschaft. Darf ich mir etwas mehr Mut von Ihnen (Beifall bei der SPÖ), mehr Mut von den Grünen und auch mehr Mut von der ÖVP wünschen? (Zwischenruf des Abg. Koza.) Darf ich Sie dazu einladen, dass Sie die hiesigen, die österreichischen Klein- und Mittelunternehmen, die ja unseren Sozialstaat aufrecht­erhalten, unterstützen, indem Sie endlich nicht nur auf europäischer Ebene gegen diese globalen Missstände kämpfen, sondern auch hier in Österreich?

Wozu diese schönen Worte? Schauen Sie, die beiden Länder Deutschland und Frank­reich haben bereits Lieferkettengesetze. Warum können Sie das nicht auch hier ent­schlossen angehen? Ich bitte Sie sehr darum, dass Sie hier nicht nur schöne Sonntags­reden halten, sondern auch wirklich effektive Gesetze in die Wege leiten. Vorschläge gibt es, bitte nehmen Sie sich der Gesetzesanträge, die meine KollegInnen von der sozialdemokratischen Fraktion in mehreren Ausschüssen bereits zur Debatte gestellt haben, an, und vertagen und versenken Sie sie nicht! Handeln Sie entschlossen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke für die Punktlandung.

Als Nächster zu Wort gelangt Abgeordneter Kassegger. – Bitte sehr.