11.01

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um ein Lieferkettengesetz, dessen Inhalt wir im Detail noch gar nicht so genau kennen. Wir haben aber schon im Vorfeld von der linken Seite die Kritik gehört, dass an allem Unglück dieser Welt ausschließlich die Wirtschaft schuld sein soll. Und wir haben von der rechten Seite, die frontal vor mir sitzt, gehört, es sei die böse Europäische Union. Ich frage mich, wenn ich Ihren Reden zuhöre, woher Sie diese Gewissheit haben.

Wir sehen, dass Österreich drei große Säulen hat, die den Wohlstand ermöglichen, den wir heute haben, und der uns auch erst in die Lage versetzt, dass wir durch ein Lieferkettengesetz in eine Vorbildwirkung gehen können. Wir haben die Globalisierung, die unseren Wohlstand befördert, wir haben den Freihandel, der unseren Wohlstand befördert, und wir haben die Europäische Union, die unseren Wohlstand befördert. (Abg. Koza: Sozialstaat gar nicht? Sozialstaat wird nicht bewertet?) All das ist tatsächlich das Fundament unseres Wohlstands und unserer wirtschaftlichen Kraft. Diese wollen wir einsetzen – und darum geht es jetzt auch in dieser Debatte –, um tatsächlich auch jenen Problemen entgegenzuwirken, die uns auf der Erde beschäftigen. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Koza.) – Die grünen Kollegen schreien recht laut herein – man hört es, glaube ich, nicht in der Übertragung –, allerdings scheint dort das wirtschaftliche Fundament weniger wichtig zu sein als in anderen Parteien.

Ganz grundsätzlich – und das ist, glaube ich, auch ganz wichtig –: Wo stehen wir in Österreich? Das ist dann auch zentral bei der Frage, was das Lieferkettengesetz be­deutet. Österreichs Wohlstand basiert nicht darauf, dass wir massiv Rohstoffe haben, wie wir gerade wieder vorgezeigt bekommen, sondern auf Kooperation und auf Handel. Genau da greift jetzt auch das Lieferkettengesetz ein.

Wir sind ganz grundsätzlich der Meinung, dass die Unternehmen eine wesentliche Auf­gabe haben, nämlich erfolgreich zu wirtschaften, und dass die Politik die Aufgabe hat, den richtigen Rahmen vorzugeben. Bei dem Rahmen, den wir jetzt sehen, gibt es viel Positives. Das Wesentlichste ist, dass es, wenn wir eine europäische Einigung haben, keinen Fleckerlteppich gibt. Wir haben gerade gehört, in Frankreich soll es ein Liefer­kettengesetz geben, Wien hat eines beschlossen, in Deutschland soll es 2023 in Kraft treten. Für die Zulieferindustrie, die wir in Österreich haben, ist es natürlich ein Fiasko, wenn wir für jedes Land, in das wir liefern, andere Spielregeln haben, wenn wir eine andere Bürokratie haben, auf die wir treffen. Daher begrüßen wir eine europäische Regelung sehr.

Wir würden uns aber auch – das ist auch ganz klar und in Wirklichkeit auch durchaus der aktuellen Zeit geschuldet – eine Diskussion darüber wünschen, wie wir eine noch breitere Allianz als jene der Europäischen Union aufstellen können, nämlich auch mit jenen Wirtschaftsmächten, mit denen wir gemeinsame Werte teilen – beispielsweise den Wert einer liberalen Demokratie, den Wert einer ökosozialen Marktwirtschaft und auch den Wert, dass man gemeinsam den Frieden hochhält.

Dafür bieten sich viele Staaten auf der Welt an, mit denen wir als Europäische Union so kooperieren können, dass es in der Lieferkette von Vorteil ist, dass es damit in Zukunft in noch viel mehr Teilen dieser Welt nicht mehr durch die Wirtschaft oder durch die Pro­duktion zu Menschenrechtsverletzungen kommt, dass es nicht mehr zur Umweltzer­störung und zur Befeuerung des Klimawandels kommt. All das unterstützen wir. Das heißt: Kommt eine konkrete Vorlage, werden wir NEOS dieser grundsätzlich positiv gegenübertreten.

Worauf wir achten – das geben wir Ihnen auch heute schon durchaus mit, Frau Minis­terin –, ist, dass es praktikabel sein muss. Wir kennen derzeit nur den Rahmen, dass Unternehmen ab 250 Mitarbeitern eingeschränkt und ab 500 Mitarbeitern in vollem Um­fang vom Lieferkettengesetz umfasst sein sollen. Wir brauchen eine Regelung, die es ermöglicht, ohne dass neue Abteilungen aufgemacht werden, dass wir tatsächlich rasch diese Werte hochhalten können, die auch für uns Liberale sehr wichtig sind, nämlich eine Transparenz in der Produktion, in der Lieferkette und für den Konsumenten, eine Ver­antwortung im Unternehmertum, aber auch in der Politik und bei den Konsumenten, und – und das ist ganz zentral – natürlich auch eine unternehmerische Sorgfalt.

Es ist eine gute Idee. Es liegt nicht nur an der Europäischen Union, sondern es liegt an uns hier im Nationalrat, dass wir etwas Gutes daraus machen. Wir sollten – und das ist in diesen Tagen, glaube ich, noch viel wichtiger als sonst – unsere Marktmacht dafür nutzen, die Grundsätze einer liberalen Demokratie auf der Welt zu verbreiten und nicht still stehen bleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

11.06

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Niss. – Bitte sehr.