12.40

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich möchte trotzdem noch kurz etwas einwerfen: Herr Hauser, ich habe Sie kurz gegoogelt, weil ich mir gedacht habe, es gibt da eine Expertise Ihrerseits. Jetzt habe ich gesehen: Sie sind eigentlich Lehrer/Touristiker, hatten eine Après-Ski-Bar und haben neulich noch versucht, uns von der Wirksamkeit der Wurmmittel zu überzeugen. Also ich hoffe doch, dass sich die Herrschaften da draußen ihr eigenes Bild machen und den Experten vertrauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Vielleicht auch bezüglich leichter Verläufe: Herzlich willkommen – unser Klubobmann Gust Wöginger ist wieder da! Er kann, glaube ich, ein Lied davon singen, was ein leichter Verlauf ist. Auch ein leichter Verlauf ist kein leichter Verlauf, sondern nimmt einen ganz schön mit. – Gust, schön, dass du wieder da bist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen. – Abg. Kickl – in Richtung Abg. Wöginger –: Ah doch! Ah doch!)

Nun zu etwas Positivem: dem Volksbegehren Kauf regional. Für mich ist meine Rede heute eine Ode an die Innenstädte und persönlich eine Liebeserklärung an Baden bei Wien: Florierende Ortszentren, lebendige Fußgängerzonen, diese Orte der mensch­lichen Begegnung, das ist für uns ein ganz großes Stück Lebensqualität. Glückwunsch den Initiatoren: 150 000 Menschen, das ist ein starkes Zeichen. Der lokale Handel und die Gastronomie schaffen natürlich Arbeitsplätze, sie beleben die Innenstädte und sie sorgen für die regionale Versorgung. Auch darüber hinaus, nicht zuletzt auch in Bezug auf den Klimaschutz, sind diese regionalen Wertschöpfungsketten ein ganz wichtiger Aspekt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Danke schön.

Der Fokus des Volksbegehrens ist es, den Wettbewerbsnachteil des stationären Han­dels auszugleichen. Da gibt es für mich zwei Zielsetzungen, die zu begrüßen sind, jedoch sind die vorgeschlagenen Maßnahmen in keiner Form treffsicher. Zum einen haben wir eben das Europarechtliche, die mehrwertsteuerrechtliche Komponente: Da wird nicht differenziert, wo die Ware verkauft wird. Es gibt Mehrwertsteuersätze für Warengruppen, aber es wird nicht differenziert, wo die Ware verkauft wird. Außerdem würde diese temporäre Regionaltransferabgabe von Onlinehändlern, ein Betrag zur Aufrechterhaltung, der da gefordert wird, auch die regionalen Anbieter treffen. Das heißt, jeder, der einen kleinen Webshop hat, jedes EPU wäre davon betroffen.

Ich glaube, wir müssen zwei Ebenen anschauen. Zum einen: Was kann die Politik tun?, und zum anderen: Was können die Händler und ihre Netzwerke selbst tun?

Zur Politik haben wir bereits einen Lösungsweg. Das hat sich, glaube ich, mit Ihrem Volksbegehren – es waren ja FPÖler, die das initiiert haben – überschnitten, denn es gibt ja jetzt von der OECD einen Zweisäulenplan zur Reform der internationalen Steuer­regeln. Die Gewinne werden künftig auch dort versteuert, zumindest zum Teil dort versteuert, wo der entsprechende Umsatz gemacht wird. Sprich: Hierzu gibt es diesen EU-Richtlinienvorschlag. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir Gewinne nicht mehr in Niedrigsteuerländer oder Nichtsteuerländer verschieben können. Das betrifft aber viel, viel mehr als den regionalen Handel, das betrifft eben die Onlineriesen.

Das Zweite: Ja, Regionalität gehört unterstützt, nur können wir die Digitalisierung nicht aufhalten. Wir müssen schauen, dass wir mit ihr arbeiten, schauen, dass wir unsere Unternehmerinnen, Unternehmer fit dafür machen.

Nun kommen wir zum Punkt: Was kann der einzelne Händler tun? Ich habe sehr, sehr gute Beispiele aus Baden: zwei Händlerinnen, eine aus dem Modebereich, eine aus dem Interiordesignbereich, die sich beide während des Lockdowns unglaublich tolle Web­shops aufgebaut haben, die mittlerweile so viel Umsatz machen, dass es wie eine weitere Filiale zählt. Es ist natürlich viel Arbeit, einen Webshop zu betreiben, jeden Tag zu posten, Instagram-Storys, das ist wahnsinnig viel Arbeit, aber auch die haben das geschafft. Ich glaube, man sollte sich solche Beispiele auch zum Vorbild nehmen.

Man sollte sich zusammentun – ich kann jetzt als Stadtmarketingobfrau sprechen. Ich durfte jetzt viele Jahre das Stadtmarketing in Baden leiten. Da sind natürlich Unter­neh­merinitiativen ganz wichtig, Gemeinschaftsevents. Wir haben die Baden-Gutscheinkarte ins Leben gerufen, statt der Amazon-Karte, statt der Bipa-Karte, dass das wirklich regio­nal funktioniert, Kundenbindungsprogramme, es gibt „Baden Passion“, das ist ein Life­stylemagazin mit eigenen Modestrecken – also unglaublich viel Arbeit, die da hineinfließt, auch viel von Ehrenamtlichen, damit das alles möglich ist. Das funktioniert aber nur, wenn die Leute zusammenhelfen.

Da auch der Appell an die Händlerinnen und Händler: Wir haben einen Nachteil gegen­über den Einkaufszentren. Die können Werbekostenzuschüsse verlangen, die können Öffnungszeiten festlegen. Das ist natürlich ein massiver Vorteil am Markt, wenn man das hat. Insofern geht es wirklich um einen Schulterschluss, darum, sich zusammenzutun. Es funktioniert dann, wenn viele mitmachen.

Was kann das Land, was kann der Bund tun? – In Niederösterreich haben wir da sehr viel: Es gibt die Nafes-Förderung zum Beispiel, die  „Nah, sicher!“-Aktion, also da wird sehr, sehr vieles gemacht, das auch über das Land gefördert wird. Zusätzlich leistet ja auch die Wirtschaftskammer Österreich sehr viel. Es gibt ein massiv tolles Angebot, KMU digital zum Beispiel: Wie werde ich fit für meinen eigenen Onlineshop? Wie kann ich Social-Media-Kompetenz aufbauen, einen Webshop aufbauen, mir quasi selber meine eigenen Kanäle, zusätzliche Verkaufskanäle suchen? Auch das muss man einfach nutzen, da wird viel getan.

Ich stelle mir immer die Frage: Was braucht der Handel heute? – Wir können Produkte überall kaufen, wir können aufs Knöpfchen drücken, morgen ist es zu Hause. Was ist der große Unterschied? Warum wollen wir noch einkaufen gehen? – Es geht um Impulse, es geht um Inspiration, es geht um dieses Bummeln, um das Erlebnis und den menschlichen Kontakt, das Plaudern, das Service und auch darum, dass man draußen vielleicht ein paar Leute trifft. Ich kaufe zum Beispiel in Baden meine Bücher. Die kosten vielleicht ein paar Euro mehr als im Webshop und es dauert ein paar Tage länger, bis sie da sind. Am Weg dorthin treffe ich aber Menschen, habe diese mondäne Atmosphäre, habe dieses Ambiente, das eigentlich für uns das Lebenswerte ist.

Wir sind jetzt Unesco-Weltkulturerbe. Ich glaube, das sind wir nicht nur deshalb, weil es tolle Bäder gibt, weil es Theatereinrichtungen gibt, Kultureinrichtungen, sondern des­halb, weil die Menschen immer genau dieses Ambiente, dieses Flair genossen haben: verweilen in einem Kaffeehaus, diese belebten Stadtkerne. Das ist das, worum es eigentlich geht, darum Danke an die Unternehmerinnen und die Unternehmer, die sich dort auch heute noch so engagieren, die sich das in ganz Österreich antun – einen großen Applaus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Unsere Tochter war jetzt ein paar Monate im Ausland. Als sie zurückgekommen ist, habe ich sie gefragt: Was hat dir am meisten gefehlt? – Sie hat gesagt, das Schwarzbrot, also das gute Brot, und dieses Mit-Freundinnen-in-der-Fußgängerzone-Sitzen, dieses Draußen­sein, das Zusammensein, denn das ist in der Mall nicht dasselbe. Das ist etwas ganz anderes, das gibt es nur bei uns. Ich glaube, wir müssen uns genau das zum Vorbild nehmen: alle lokal handeln, lokal kaufen.

Ich bedanke mich bei den Initiatoren dafür, dass dieses Thema wieder einmal ins Schein­werferlicht gerückt ist, dass wir uns darüber unterhalten können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.46

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christoph Matznetter. – Bitte.