12.46

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Kollegin Mag. Jeitler-Cincelli hat ja schon ausgeführt: Das Volksbegehren trägt zwar sehr die Handschrift der FPÖ, hat aber dem Grunde nach eine vernünftige Stoßrichtung. (Abg. Kickl: Ah, hahahaha!) Was wir sehen, leider durch die pandemiebedingte Krise verstärkt: dass der strukturelle Wandel im Bereich des Handels immer weiter fortschreitet und wir das, was in der Pandemie die Jeff Bezos dieser Welt mit Amazon gewonnen haben, in vielen Teilen des stationären Handels wahrscheinlich nicht mehr zurückbekommen.

Es ist Aufgabe der Politik, in ganz entschiedenem Ausmaß dafür zu sorgen, dem Handel den Rücken zu stärken. Auch ich habe kritische Anmerkungen – wie meine Vorred­nerin – zu der Frage, ob die Mehrwertsteuersenkung alleine die richtige Maßnahme ist. Mir würde ja schon genügen, wenn wir faire Wettbewerbsverhältnisse hätten, denn wenn heute der Onlinegroßhändler, der möglicherweise in Luxemburg oder woanders sitzt, eine De-facto-Steuerlast hat, die ein Bruchteil dessen ist, was die Steuerlast im Lande für den Händler oder die Händlerin hier bedeutet, dann ist das so, wie wenn die einen Sack­hüp­fen müssten und die anderen laufen dürften und es trotzdem der gleiche Wettbewerb ist.

So kann und darf es nicht bleiben! Wir brauchen eine effektive Besteuerung der Groß­konzerne. Das betrifft ja nicht nur den Warenhandel. Es ist in vielen Bereichen schon so, dass in Wahrheit Onlinegiganten – die meisten davon in den USA angesiedelt – jedes kleinste Schlupfloch ausnützen, um zu verhindern, Steuern zu zahlen.

Leider muss ich Folgendes anmerken – jetzt muss ich doch ein bisschen etwas ins Stammbuch der Regierungspartei ÖVP hineinschreiben –: Wir hatten ja einmal ganz gute Ansätze. Da hat Hans Jörg Schelling schon einmal gesagt, wir bräuchten eigentlich eine Onlinebesteuerung. Es war nur immer halbherzig. In Wahrheit hätte sich ganz Österreich, als Joe Biden mit der Mindeststeuer gekommen ist, mit Feuer und Flamme dafür einsetzen müssen, vor allem unsere Regierung, dass das rasch und umfassend eingeführt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Von 15 Prozent Steuern können unsere Händler und Händlerinnen hier nur träumen. Wir stehen vor der Situation – jetzt bleibe ich gleich beim europäischen Beispiel –, dass wir immer noch Steueroasen in der Europäischen Union haben. Wir haben die Situation, dass die EU-Kommission den Apple-Konzern wegen unerlaubter Beihilfe im Zuge seiner Steuerkonstruktion in Irland an die Kandare nehmen wollte. Dasselbe Irland, das nach der Finanzkrise ohne Scham das Milliardenpaket des europäischen Steuerzahlers genommen hat, stellt sich nicht auf die Seite der Kommission, sondern stellt sich auf die Seite des Großkonzerns, der genau null Steuern in Europa gezahlt hat.

Vom Preis jedes I-Phones ist die Hälfte Gewinn – und was bleibt davon in den Staats­kassen der 27 EU-Länder? – Null; nein, es waren 0,9 Prozent oder so. Ehrlich gesagt, das geht nicht, Kolleginnen und Kollegen, und ich mahne ein, dass wir auch in der Behandlung dieses Volksbegehrens in aller Schärfe die Gleichmäßigkeit der Besteue­rung auch gegen die internationalen Interessen durchsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie können gleich mitmachen: Wir haben eine Reihe von Anträgen, einer betrifft zum Beispiel die Krisengewinner. Jetzt haben wir in Österreich bedingt durch die Perfor­mance dieser Regierung leider Förderungen gehabt, bei denen Großelektronikkonzerne, die zwar kurze Zeit geschlossen hatten, aber 2020 mehr Gewinn, mehr Umsatz als im Vorkrisenjahr 2019 hatten, die Hand aufgehalten und Förderungen kassiert haben. Wir wollen, dass das mit einer Sonderabgabe abgeschöpft wird! Krisengewinner, die vom Steuerzahler so viel Geld bekommen haben, dass sie mehr hatten als vor der Krise, müssen zahlen. – Ja, Sie hätten das gleich einbauen können, andere Länder haben das auch geschafft. Hätten Sie im Epidemiegesetz nicht den Verdienstentgang abgeschafft, wäre er mit dem Schaden begrenzt gewesen, aber nein, in der Sitzung im März 2020 hier wurde als Erstes § 32 Epidemiegesetz gestrichen.

Leider – und da schaue ich die Grünen an – bedarf es hier noch mehr Rückgrats, um Nein zu sagen, wenn die ÖVP mit solchen Vorschlägen kommt. (Beifall bei der SPÖ.) Das erwarte und wünsche ich mir für die Zukunft. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

12.51

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz ist als nächster Red­ner zu Wort gemeldet. – Bitte.