14.43

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Wir verhandeln jetzt den Punkt Investitionsschutzabkommen und wir werden wie im Ausschuss dieser Auflösung zustimmen. Ich möchte aber die Gelegenheit nützen, ein paar Worte zum Grundsatzprinzip zu verlieren.

Ich erinnere das Hohe Haus daran, dass wir eine sehr intensive Diskussion rund um das Ceta-Abkommen hatten. Es war damals so, dass viele NGOs, aber auch viele politisch Interessierte größte Bedenken hatten, dass durch ein Abkommen Großkonzerne die Möglichkeit bekommen, Nationalstaaten daran zu hindern, nämlich Demokratien daran zu hindern, ihre nationale Gesetzgebung nach den Erfordernissen der dort lebenden Menschen auszuüben, und zwar dadurch, dass internationale Konzerne dann die Mög­lichkeit bekommen, bei privaten Schiedsgerichten eine Verurteilung zu erwirken und damit so viel Druck auszuüben, dass in Wahrheit die Gesetzgebung eines demokra­tischen Rechtsstaates teilweise ausgehebelt ist.

Es war zwei Ländern zu verdanken, dass es zu einer Art Nachverhandlung gekommen ist: Das eine war Belgien durch die Klage der beiden Regionen, vor allem durch Wallonien, und das zweite war Österreich unter dem damaligen Bundeskanzler Christian Kern, der in den Verhandlungen erreicht hat, dass wir kein privates Gericht, sondern einen entsprechenden Gerichtshof – wenn auch einen, der in der Sache selbst ent­scheidet – anstelle der privaten Schiedsgerichtsbarkeit bekommen.

Und es gab eine weitere Klausel, nämlich bis zur endgültigen Ratifizierung durch die nationalen Parlamente – das EU-Parlament konnte ja aufgrund der Kompetenz nur eine vorläufige Ratifizierung der Handelsverträge vornehmen – einen Ausbau dieser Idee der Gerichtsbarkeit in einem vernünftigen Ausmaß zu betreiben.

Warum ist Österreich ausgestiegen? – Ganz einfach: weil die FPÖ in dem Sideletter zwischen Strache und Kurz ihr völliges Umfallen in der Ceta-Frage erklärt hat und sofort nach Bildung der türkis-blauen Regierung ratifiziert wurde, mit Ihrer Mehrheit hier im Haus, ohne das Projekt zu Ende zu bringen.

Ich kann Sie nur ermuntern – auch Sie, Frau Bundesministerin –, den Weg weiter­zu­gehen. Eine Lösung betreffend den Investitionsschutz muss sich letztlich an dem orien­tieren, wie wir es in der Europäischen Union haben, nämlich dass wir ein Gericht haben, das Streitigkeiten entscheidet, das aber nur von den Streitparteien, sprich den Staaten, direkt angerufen werden kann, während der zivile Rechtsunterworfene den nor­malen Gerichtsweg gehen muss. Das ist ja beim EuGH auch so: Wenn eine Firma sich schlecht behandelt fühlt, dann muss sie in die nationale Gerichtsbarkeit gehen und kann dort beantragen – in letzter Instanz verbindlich –, im sogenannten Vorabentschei­dungs­ver­fahren den EuGH um eine Auslegung zu ersuchen, aber die Entscheidung bleibt beim nationalen Gericht. Und genau so muss es beim Investitionsschutz auch sein.

Daher brauchen wir in Wahrheit einen internationalen Gerichtshof, der nicht direkt ange­rufen werden kann – das Beispiel dafür ist der Efta-Gerichtshof im Europäischen Wirt­schaftsraum, dieser funktioniert einwandfrei. Auch ein norwegisches Unternehmen kann jederzeit bei seinem Gericht etwas beantragen, es kommt zu einer Auslegung und dann entscheidet das nationale Gericht.

Ich würde Sie dringend ersuchen, diesen Weg weiterzugehen – die heutige Entschei­dung ist ein Stück dieses Weges, da wir innerhalb der Europäischen Union keine extra Investitionsschutzabkommen brauchen –, und zwar auch international weiterzugehen.

Die Sideletter mit inhaltlichen Bestimmungen sollte man überhaupt lassen – die Grünen wissen, wovon ich rede. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Michel Reimon zu Wort. – Bitte.