16.59
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Zuerst einmal, weil es keine tatsächliche Berichtigung einer tatsächlichen Berichtigung gibt: Herr Kollege Matznetter hat gesagt, dass Herr Koza gesagt haben soll, dass am 1.1. die Auszahlung vom Klimabonus erfolgen wird. – Das hat er nicht gesagt. Er hat gesagt, dass er ab 1.1. gilt. Wenn man eine tatsächliche Berichtigung macht, dann sollte sie tatsächlich stimmen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich glaube, Herr Kollege Koza hat eindringlich erklärt, was wir alles an Maßnahmen aufgestellt haben. Es ist aber vollkommen klar, dass neben den kurzfristigen Maßnahmen auch die strukturellen Defizite angegangen werden müssen. Ziel ist, die Anzahl der Betroffenen von Armut, vor allem Kinderarmut, zu halbieren. Das Thema haben Sie ja schon angesprochen, liebe Kollegen und Kolleginnen von der Sozialdemokratie. Natürlich können Sie jetzt schimpfen, dass alles zu wenig ist und zu langsam geht, und anführen, was überhaupt alles gemacht werden muss. Aber ganz ehrlich: Was wir jetzt angehen, diese Maßnahmen, die über das Teuerungspaket hinausreichen und wirklich langfristig wirksam bleiben, wie beispielsweise die Schließung der Unterhaltslücke, haben Sie selbst zu setzen nicht geschafft. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Etwas zu fordern, das man davor selber nicht geschafft hat, ist halt auch nicht ganz fair. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Bei aller Liebe, aber ganz ehrlich: Mir wäre es auch lieber, wir müssten uns mit diesen Thematiken nicht mehr belasten und uns mit diesen Dingen nicht mehr auseinandersetzen, wir müssen es aber leider tun, weil in diesem Bereich davor einfach nichts beziehungsweise leider viel zu wenig passiert ist. (Beifall bei den Grünen.)
Was ist passiert und was passiert gerade in diesem Bereich? – Wir haben die EU-Kindergarantie. Diese soll in Österreich umgesetzt werden. Dafür haben wir einen Kinderchancenkoordinator eingesetzt. Ein partizipativer Prozess startet, bei dem alle Gemeinden dabei sind, bei dem die Länder dabei sind, bei dem auch große Organisationen dabei sind, damit wir eben die EU-Kindergarantie auf nationaler Ebene umsetzen können, damit wir das Leben von Kindern in Österreich verbessern können.
Was noch? – Im Dezember haben wir im Sozialausschuss die gesetzliche Grundlage beschlossen, damit wir vom Sozialministerium weitere 10 Millionen Euro zur Bekämpfung von pandemiebedingter Armut mit dem Fokus auf Kinder und junge Menschen bekommen. Es geht zudem nicht darum, dass wir das Rad neu erfinden, sondern dass wir die bestehenden Strukturen stärken. Das haben wir mit dem COVID‑19-Gesetz-Armut getan. Damit haben wir sowohl die großen als auch die kleinen Organisationen, die beispielsweise existenzsichernde Sofortmaßnahmen an bestimmte Zielgruppen ausschütten, gestärkt, ausgebaut und gefördert. Wir haben kleine Vereine unterstützt, die kleine Dinge wie Hygieneartikel für junge Mädchen gratis austeilen. Wir bieten Kriseninterventionen und Monitoringprogramme für verschiedene Zielgruppen an und so weiter. Ich könnte eine ganze Liste aufzählen, aber dafür reicht die Zeit jetzt nicht. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Eine große Sache, über die ich mich sehr freue: Nach sagenhaften 57 Jahren haben wir endlich eine neue Kinderkostenstudie, die uns wirklich eine Zahlengrundlage bietet und genau aufzeigt, wo die Defizite im System liegen und wohin wir es weiterentwickeln müssen. Wohin müssen wir? – Im Endeffekt braucht es eine Kindergrundsicherung, damit wir nicht nur einen Fleckerlteppich an Maßnahmen haben und Leistungen nicht wie Almosen daherkommen. In erster Linie müssen wir diejenigen stärken, die am wenigsten haben, bei denen die Kluft zwischen dem, was tatsächlich gebraucht wird, und dem, was an Leistungen zufließt, am größten ist. Das sind in erster Linie Alleinerziehende, Haushalte mit niedrigem Einkommen. Wenn wir Kinderarmut reduzieren wollen, dann müssen wir genau da ansetzen. (Beifall bei den Grünen.)
Wir müssen dringend die größten Ungerechtigkeiten angehen. Das heißt, wir müssen natürlich das Ziel verfolgen, die Unterhaltslücke zu schließen, denn wir wissen, dass für 36 Prozent aller Kinder keine Leistung oder Ersatzleistung für den Unterhalt gezahlt wird. Seit 2008 wird die Schließung der Unterhaltslücke gefordert, seit 2008 steht das im Regierungsübereinkommen. Seit 2008 ist aber leider auch nichts passiert. Daran werden wir jetzt mit Hochdruck arbeiten, denn diese Regierung hat sich darauf geeinigt, die Zahl der von Kinderarmut Betroffenen zu halbieren. Wenn wir das ernst nehmen, dann werden wir natürlich die Unterhaltslücke schließen müssen.
In Österreich werden Kinder im Prinzip bestraft, wenn sie in ärmere Familien hineingeboren werden, weil der Staat bislang zu wenig Ausgleich geschaffen hat. Für uns ist klar, dass in einem reichen Land wie Österreich kein Kind dieses Schicksal erfahren darf, weil finanziell schlechter gestellt zu sein nicht einfach nur heißt, dass man weniger Geld hat, sondern es heißt, dass man sozial ausgegrenzt ist. Nicht dazuzugehören ist nicht nur ein unschönes Gefühl, sondern wirkt sich auch gravierend negativ auf die Gesundheit unserer Kinder in Österreich aus. Dass wir trotz Pandemiebekämpfung mit Hochdruck daran arbeiten, ist enorm wichtig und gut, denn Kinderarmut dürfen wir nicht akzeptieren. (Beifall bei den Grünen.)
Noch einen schnellen Nachtrag zum Schluss, weil behauptet wurde, wir hätten die Studierenden vergessen. Das ist natürlich nicht so! Die Studierenden erhalten mit dem Teuerungs- und Energiekostenausgleich 300 plus 150 Euro, also insgesamt 450 Euro. Keine Sorge, wir arbeiten nicht nach dem Gießkannenprinzip und fahren nicht einfach nur drüber, sondern wir machen es zielgerichtet und vergessen natürlich keine Personengruppe! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.05
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte.