21.01

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Politische Agitation und ideologische Geiselhaft stehen nicht über dem Gesetz. Genau deswegen, weil das Gesetz hier im Haus beschlossen wird und weil die Exekutive dazu da ist, das Gesetz zu vollziehen, das hier beschlossen worden ist, gibt es die Maßnahme einer Ministeranklage und genau deswegen haben wir diese Ministeranklage heute ins Treffen geführt. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, worum geht es eigentlich? – Es geht darum, dass die Frau Bundesministerin zu meiner Linken sich über drei Nationalratsbeschlüsse und in weiterer Folge auch über einen Spruch des Verwaltungsgerichtshofes hinweg­ge­setzt hat. Es geht darum, dass sie für sich selbst entschieden hat, wesentliche Infrastruk­turprojekte, Straßenbauten in unserem Land einfach mutwillig zu stoppen, und es geht darum, dass sie Versprechen gebrochen hat, die hier im Parlament eigentlich der Bevöl­kerung gegenüber gemacht worden sind. Frau Bundesminister, genau das ist der Grund, warum wir hier heute über die Ministeranklage gegen Sie diskutieren und debattieren.

Was Sie mit dem Stoppen dieser wesentlichen Infrastrukturausbaumaßnahmen ge­macht haben, hat mehrere Dinge zur Folge. Zum einen erklären Sie vor allem die Bürger im ländlichen Raum zu Bürgern zweiter Klasse. Frau Bundesminister, es bleibt nicht überall die Straßenbahn stehen, und auch die Menschen im ländlichen Raum sind Steuerzahler, die so viel an Steuern zu bezahlen haben wie alle anderen auch, außer vielleicht, man gehört zur ÖVP, dann ist es oft ein bisschen weniger. Nichtsdestotrotz: Diese Bürger zahlen Steuern und haben natürlich ein Recht, dafür auch eine ordentliche Infrastruktur zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Das Zweite, Frau Bundesminister – und da appelliere ich an Sie; auch Sie haben eine Familie –: Sie rauben den Pendlern Zeit. Sie rauben den Pendlern dadurch Zeit, dass Sie ihnen keine adäquaten Straßenverkehrsmöglichkeiten und keine adäquaten Mög­lich­keiten dort bieten, wo der öffentliche Verkehr nicht so funktioniert, wie er funktionieren soll, dort, wo es ihn vielleicht auch nicht gibt, wie in Niederösterreich, wo man 26 Neben­bahnen einfach weggeräumt hat. Diesen Pendlern könnte man Zeit schenken, wenn sie schnelle Verbindungen zu den Arbeitsplätzen und wieder nach Hause bekämen. Diese Zeit, Frau Bundesminister, rauben Sie ihnen.

Jetzt kommt ein weiterer Vorwurf: Sie verbrennen mit Ihrem Vorgehen zig Millionen Euro an Steuergeldern. Diese Projekte, über die wir diskutieren, sind seit Jahrzehnten geplant worden. Im Fall der S 34 waren es sogar fast 50 Jahre. Es hat dazu UVP-Verfahren, Planungskosten ohne Ende gegeben. Das alles wischen Sie mit einem Federstrich vom Tisch, und das, Frau Bundesminister, sind die Folgeschäden, die Sie anrichten: Die Kosten, die bereits von der Steuern zahlenden Bevölkerung getragen wurden, sind das eine. Das andere sind aber die Folgeschäden, die Sie insofern anrichten, als Sie verhindern, dass wir eine adäquate Infrastruktur bekommen.

Jetzt gebe ich Ihnen eine Nuss zum Nachdenken, Frau Bundesminister, eine sprich­wörtliche „Kopfnuss“ – unter Anführungszeichen –: Auch die Teslas müssen irgendwo fahren, auch Ihre grünen Elektroautos müssen irgendwo fahren, und wenn die keine ordentlichen Straßen haben, wird sich auch der grüne Bobo aus dem siebten Bezirk nicht mehr aufs Land hinausbewegen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das mutwillige Stoppen dieser Straßenbau­projekte und das offene Erklären der Autofahrer in diesem Land zu einem Feindbild durch die Bundesregierung sind etwas, das wir als Freiheitliche Partei nicht zulassen werden.

Auch die Versprechen, die Sie oder wir den Bürgern gemacht haben und Sie jetzt gebrochen haben, sollte man noch einmal in Erinnerung rufen. Es geht da einmal um den Lobautunnel. Auf der einen Seite wäre das eine Entlastung für den Verkehr ins Weinviertel gewesen, auf der anderen Seite auch eine Entlastung für die Stadt Wien. Das haben Sie vom Tisch gewischt, und das, obwohl dieses Projekt eigentlich in der Umsetzungsphase gewesen wäre.

Das zweite Projekt ist die Marchfeldschnellstraße, die S 8. Damit ist die Hoffnung von sehr, sehr vielen Pendlern verbunden, dass sie schnell vom Arbeitsplatz wieder nach Hause zu ihren Familien kommen. Das wischen Sie vom Tisch, ohne eine entsprechende Alternative zu haben.

Das dritte Projekt ist die S 34, die auch meinen Wahlkreis an den Zentralraum anbinden würde, die dem Bezirk Lilienfeld Hoffnung gegeben hätte, einen wirtschaftlichen Impuls zu setzen, vor allem auch einen Impuls gegen die Abwanderung, die dort vorherrscht.

Ein weiteres Projekt ist natürlich die Klagenfurter Schnellstraße, die S 37. Auch die haben Sie einfach gestoppt.

Frau Bundesminister, was ich Ihnen vorwerfe, ist der Umstand, dass Sie auch den Verkehrsausschuss angeflunkert haben, als wir zuletzt darüber gesprochen haben. Kurz bevor Sie die Pressekonferenz gegeben haben, in der Sie verkündet haben, dass Sie die Straßenbauprojekte alle stoppen, haben Sie uns gesagt – das war einen Tag davor –, dass die Evaluierung noch nicht abgeschlossen sei. Am nächsten Tag treten Sie vor die Presse und sagen: Es werden alle Projekte gestoppt. Da stelle ich mir schon die Frage, Frau Bundesminister: Was halten Sie von diesem Parlament, von einem Parlament, das die Gesetze beschließt, die Sie nicht zu sabotieren haben, sondern die Sie auszuführen haben? Das ist der Grund, warum wir diese scharfe Waffe der Ministeranklage gegen Sie erheben.

Sollten meine Argumente für Sie noch nicht ausreichen, dann möchte ich noch auf ein Gutachten des Bundeslandes Kärnten verweisen, in dem ganz klar und dezidiert festgestellt worden ist, wie sich das mit Ihrer Evaluierung, mit Ihrer Überprüfung zugetragen hat, in dem ganz klar steht, dass Sie es nicht einmal der Mühe wert gefunden haben, zuerst mit den Kärntnern zu sprechen, sondern dass Sie erst dann, zwei Monate nachdem Sie ohne Einbindung des Landes Kärnten zu evaluieren begonnen haben, den Verkehrsreferenten zu sich geholt und eine Meinung aus Kärnten eingeholt haben.

In diesem Gutachten steht auch ganz klar drinnen, dass natürlich die Beschlüsse hier im Parlament, die Sie umzusetzen haben, Frau Bundesminister, eine normative Kraft entfaltet haben. Noch einmal: Sie haben diese umzusetzen, nicht zu sabotieren, auch wenn Sie einen noch so großen Hass gegen die Autofahrer in diesem Land hegen. Es steht Ihnen einfach nicht zu, das Parlament auf diese Art und Weise zu overrulen und eigentlich auch zu hintergehen.

Frau Bundesminister, Sie sind für den Vollzug von Beschlüssen zuständig. Würden Sie diese Beschlüsse wirklich solide vollziehen, dann hätten Sie das Recht dazu, sich jetzt über die Umsetzung des Koralmtunnels zu freuen, sich über eine Verkehrspolitik zu freuen, die in die Zukunft schaut. Ich möchte Ihnen eines sagen: Ihr Lieblingsprojekt, mit dem Sie sich jetzt ständig ablichten lassen, der Koralmtunnel, war ein freiheitliches Vor­zeigeprojekt, das damals noch von den Grünen verhindert und sabotiert worden ist – nur, damit das auch einmal hier in diesem Haus gesagt wurde. Frau Bundesminister, Sie schmücken sich da mit fremden Federn und machen halt das, was irgendwie gerade passt und gerade opportun ist. Ich habe Ihnen ehrlich gesagt mehr Verstand und mehr Verlässlichkeit zugetraut, als sich nur nach dem Wind zu bewegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil es im Verkehrsausschuss schon diskutiert worden ist: Vor allem die SPÖ hat mich da leider enttäuscht, weil sie zuletzt gesagt hat, na ja, sie kann sich dieser Ministeranklage nicht anschließen, weil man die Ministerin nicht vorverurteilen möchte. Ich möchte Ihnen von der SPÖ in Erinnerung rufen, was eine Ministeranklage ist: Eine Ministeranklage ist natürlich eine Möglichkeit des Parla­ments, zu zeigen, dass die Gesetze hier im Haus gemacht werden und dass die Exe­kutive die Gesetze zu vollziehen hat. Nicht wir sprechen jetzt Recht über die Frau Bun­desminister, sondern wir ermöglichen dem Verfassungsgerichtshof einfach nur, zu über­prüfen, ob die Frau Bundesminister da eine Vorgangsweise gewählt hat, die sich mit den Beschlüssen hier im Haus nicht deckt, ob die Frau Bundesminister Amtsmissbrauch begangen hat und ob die Frau Bundesminister nicht zuletzt einen großen Teil der österreichischen Bevölkerung, knapp die Hälfte, zu Bürgern zweiter Klasse erklärt hat. (Beifall bei der FPÖ.)

21.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weratschnig. – Bitte sehr.