Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Guten Morgen, Frau Bundesmi­nisterin! Wir haben es jetzt gerade gesehen: Es gibt massive Anwürfe, massive Vorwürfe gegen die Justiz als solche, gegen die Vorgehensweisen, gegen die Unabhängigkeit. Immer wieder wird durch unhaltbare Vorwürfe die Unabhängigkeit der Justiz infrage ge­stellt, und wir hören immer wieder, dass man es sich leicht macht, indem man einfach pauschale Anschuldigungen erhebt, teilweise ohne Nennung von Namen irgendwelche pauschale Vorwürfe in den Raum stellt und damit die Justiz insgesamt, in ihrer Ge­samtheit, auch in ihrer Unabhängigkeit und in ihrem Ansehen innerhalb der Republik, schädigt. Sie als Justizministerin stehen diesem gesamten Justizbereich vor, und es ist daher Ihre Aufgabe, diese Unabhängigkeit der Justiz abzusichern.

Daher meine Frage: Welche konkreten Maßnahmen zur strukturellen Absicherung der Unabhängigkeit der Justiz in Österreich haben Sie gesetzt und werden Sie setzen?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 142/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen zur strukturellen Absicherung der Unabhängigkeit der Justiz ha­ben Sie als Justizministerin getroffen?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte schön, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Unabhängigkeit der Justiz ist mir ein großes Anliegen. Ich habe von Beginn an immer gesagt, dass ich die Unab­hängigkeit der Justiz auch strukturell absichern möchte. Daher war ein wesentlicher Schritt, den ich gesetzt habe, die große Strafrechtssektion im Justizministerium aufzu­teilen, nämlich in eine Sektion für Straflegistik und in eine Sektion, die nur für Einzel­strafsachen zuständig ist.

Das bedeutet, dass die Sektion, die für die Straflegistik zuständig ist, selbstverständlich immer wieder Gespräche in Arbeitsgruppen, mit Abgeordneten, mit Stakeholdern, führen muss, um die Gesetze zu entwerfen und zu schreiben. Daneben gibt es eine eigene Sektion, die eben nur nach innen und nicht nach außen arbeitet, und das ist die Sektion, die für die Staatsanwaltschaften zuständig ist. Da ist es mir einfach besonders wichtig, dass da nach innen und nicht nach außen gearbeitet wird.

Der zweite wesentliche Aspekt, der zur Absicherung der Unabhängigkeit der Justiz bei­trägt, ist natürlich ihre finanzielle Absicherung. Ressourcen im Justizbereich sind enorm wichtig, daher war es uns Grünen einfach von Vornherein ein Anliegen, das Budget zu erhöhen. Das haben wir in den letzten Jahren auch gemacht, wir haben das Justizbudget konsequent erhöht.

Nicht alle Themen, nicht alle Probleme lassen sich von heute auf morgen aufarbeiten und beheben, insbesondere wenn man sich anschaut, dass die Justiz in den letzten zehn Jahren – das muss man leider sagen – chronisch unterfinanziert war. Daher haben wir schrittweise einzelne Planstellen dazubekommen. Bei der Staatsanwaltschaft haben wir eine Aufstockung um 10 Prozent erreicht, was mich, insbesondere wenn es um die un­abhängige Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft geht, besonders freut, dass uns das gelungen ist.

Es gibt aber viele, viele andere Bereiche, in denen wir aufgestockt haben und auch auf­stocken werden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Prammer?

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Danke.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Gerstl, bitte.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! In den vergangenen Monaten haben viele in der Öffentlichkeit den Eindruck gewonnen, dass in der Justiz nicht immer unabhängig vorgegangen wird. Ich habe mir jetzt die Strafprozeßordnung angesehen, und in der Strafprozeßordnung heißt es ganz konkret, dass die Staatsanwälte „die zur Belastung und die zur Verteidigung des Be­schuldigten dienenden Umstände mit der gleichen Sorgfalt zu ermitteln“ haben. In § 21 der Strafprozeßordnung heißt es, dass die Oberstaatsanwaltschaften für die Aufsicht der Staatsanwaltschaften zuständig sind, damit dieser Rechtsgrundsatz eingehalten wird.

Frau Bundesminister, was haben Sie in den vergangenen zwei Jahren getan, damit die­se Aufsicht auch in Zukunft sichergestellt werden kann, damit in der Justiz alle nach dem Gesetz vorgehen und alle entlastenden und belastenden Argumente gleichmäßig unter­sucht werden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie sprechen einen sehr, sehr wichtigen Punkt an. Die Staatsanwaltschaft ist gesetzlich dazu verpflichtet und ange­halten, quasi die Wahrheit zu erforschen. Das bedeutet, dass alle belastenden und ent­lastenden Beweise mitaufzunehmen sind. Das ist ein wichtiger Aspekt, den ich immer wieder betone, und daher bin ich dankbar, dass Sie das heute auch tun.

Die Fachaufsicht ist eine sehr wichtige Sache in der Ermittlungsarbeit der Staatsanwalt­schaft, weil so auch sichergestellt werden kann, dass, wenn es einmal zur Anklage kommt, die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Verurteilung kommt, etwas höher ist. Deswegen gibt es de facto einen Drei- bis Vierinstanzenzug – wenn man das so plas­tisch sagen möchte – in der Staatsanwaltschaft, also im Justizministerium, im Justizbe­reich. All das, was die Staatsanwaltschaft macht, geht an die Oberstaatsanwaltschaft, daraufhin geht es ins Ministerium, in die dafür zuständige Sektion für Einzelstrafsachen, und dann an den Weisungsrat, und erst dann landet es auf meinem Tisch.

Das heißt, ich glaube, dass unser Rechtsstaat – und Sie sprechen auch die Strafpro­zeßordnung an – sehr wohl dafür gesorgt hat, dass jedes Handeln des Staates, insbe­sondere wenn es um den Eingriff in Persönlichkeitsrechte geht, überprüft wird.

Ich habe die Planstellen bei der Staatsanwaltschaft aufgestockt, ich habe auch mit der Oberstaatsanwaltschaft immer wieder klärende und gute Gespräche geführt, und mit der Sektionsteilung ist es uns auch gelungen, endlich Ruhe in die Fachaufsicht zu bringen. Und wie Sie an dem fehlenden medialen Aufschrei in den letzten Wochen, Monaten se­hen können, funktioniert die Arbeit der Staatsanwaltschaft sehr gut und in Ruhe.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Marg­reiter. – Bitte.