Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Im aktuellen Regierungsprogramm haben wir uns in einem eigenen Kapitel, „Haft in der Heimat weiter forcieren“, darauf geeinigt, ausländische Insassen im Strafvollzug zur Verbüßung ihrer Haftstrafe unter Einhaltung der rechtsstaatlichen Standards in deren Heimatstaaten zu überstellen.
Jetzt ist es dazu wohl auch notwendig, Überstellungsabkommen – sei es auf bilateraler oder auf multilateraler Ebene – zu forcieren, und außerdem sollten im Rahmen einer Initiative auf europäischer Ebene die rechtsstaatlichen Standards in Drittstaaten gefördert werden.
„Welche Schritte zur Umsetzung der gemeinsam im Regierungsprogramm beschlossenen Maßnahme ‚Haft in der Heimat forcieren‘ haben Sie bislang gesetzt?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie sprechen ein paar wichtige Punkte an. Wir haben uns das im Regierungsprogramm so ausgemacht. Das ist etwas, was – nach vielen Gesprächen mit dem Generaldirektor des Strafvollzugs – sehr wichtig ist. Die Maßnahmen, die gesetzt werden, sind natürlich auch die Forcierung bilateraler und multilateraler Übereinkommen, da wir Übereinkommen brauchen, um die Menschen, die ausländischen Insassen, quasi in ihre Heimatländer zu schicken, wenn es um die Verbüßung der Haftstrafe geht.
Probleme bringen insbesondere jene Länder mit Haftbedingungen, die nicht den EMRK-Standards entsprechen. Daher setze ich mich auch auf europäischer Ebene dafür ein, dass wir dafür sorgen, dass gerade in den Regionen rund um die Europäische Union die Haftbedingungen verbessert werden, denn wenn das der Fall ist und die EMRK-Standards eingehalten werden, kann man die Personen zur Verbüßung der Haftstrafen natürlich auch dorthin schicken.
Ich möchte Ihnen dazu aktuelle Zahlen nennen; Sie wissen es ja aus dem Justizausschuss, gerade im Jahr der Pandemie waren die Zahlen doch relativ niedrig. Wenn man sich diese im Vergleich anschaut, dann sieht man: Im Jahr 2019 wurden 190 internationale Überstellungen zur Übernahme der Strafvollstreckung durchgeführt, im Jahr 2020, dem Pandemiejahr, 123 und im Jahr 2021 wieder 191 internationale Überstellungen.
Aktuell findet auf europäischer Ebene die Evaluierung des Rahmenbeschlusses Freiheitsstrafen im Zuge der laufenden Evaluierungsrunde statt, also der neunten Evaluierungsrunde. Da geht es auch um die Stärkung des gegenseitigen Vertrauens als Grundvoraussetzung des Funktionierens der Instrumente der gegenseitigen Anerkennung. Ich denke, dass das auch eine wichtige Evaluierung ist, um in diesem Zusammenhang weiterzukommen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): In den österreichischen Haftanstalten sehen wir auch vermehrt das Problem der Radikalisierung, vor allem von Häftlingen muslimischen Glaubens. Österreich steht mit diesem Problem in Europa nicht alleine da. Es hat sich bereits 2019 der Rat der Europäischen Union damit beschäftigt und Empfehlungen dazu erarbeitet.
Welche Maßnahmen werden Sie in Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union setzen, um diesem Problem der zunehmenden islamistischen Radikalisierung in Justizanstalten entgegenzuwirken?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das war auch Thema bei den Verhandlungen zur Antiterrorgesetzgebung, die mit Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, und ich habe mich sehr stark gemacht dafür, dass wir im Strafvollzug eine eigene Koordinationsstelle dafür schaffen. Wir beobachten diesen Trend ja auch in Österreich, und daher ist es wichtig, diesem rasch Schritte entgegenzusetzen. Daher haben wir eben diese Koordinationsstelle für Extremismusprävention und Deradikalisierung im Straf- und Maßnahmenvollzug etabliert, und das schafft eines: nämlich eine Zentralisierung und Beobachtung aller Justizanstalten in diesem Zusammenhang und ein rasches Eingreifen, wenn man sieht, dass sich da Dinge in eine andere Richtung entwickeln. Daher gibt es diese zentrale Anlaufstelle.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: 1 Minute!
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielleicht noch ein Punkt, der mir ganz wichtig ist: Vor einer bedingten Entlassung wird es jetzt auch verstärkt Fallkonferenzen geben, bei denen verpflichtend der Strafvollzug mit den Nachrichtendiensten zusammenarbeitet. Das ist insofern wichtig, als man da auch den Informationsfluss verbessern muss.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Drobits. – Bitte.